Joshua und vier andere Stipendiat*innen nebeneinander. © J. Engels

„Alles ist einfach größer“ - Uni auf amerikanisch

von Kristina Langhof

Über 100.000 Zuschauer beim Uni-Sport, ein echter Tiger und überall die Farben Lila und Gelb - im Februar vergangenen Jahres, kurz bevor das gesellschaftliche Leben weitestgehend zum Stillstand kam, hatte der FH-Student Joshua Engels die Möglichkeit, drei Wochen an der Louisiana State University zu studieren, und erlebte neben dem Unialltag den ein oder anderen Kulturschock.

An der FH Kiel studiert Joshua Internationales Vertriebs- und Einkaufsingenieurswesen. Durch den Newsletter des Verbands Deutscher Wirtschaftsingenieure erfuhr er von der Fulbright-Kommission, die jedes Jahr verschiedene Stipendien an deutsche Studierende vergibt. Diese ermöglichen die Teilnahme an fachspezifischen Programmen an einer amerikanischen Universität. Joshua bewarb sich für das Programm „Leaders in Entrepreneurship“, das sich speziell an Studierende aus dem naturwissenschaftlichen Bereich richtet und die Unternehmensgründung fokussiert. Für die Bewerbung musste er unter anderem seinen Notenschnitt und ein Empfehlungsschreiben einreichen. Gute Noten waren jedoch nicht das einzige Kriterium: „Es wurde auch auf Soft Skills und soziales Engagement geachtet“, erklärt Joshua.

Knapp zwei Monate bevor es los ging, trafen sich die insgesamt 30 Stipendiat*innen, von denen 50 Prozent weiblich und 50 Prozent männlich waren, in Berlin zu einem Vorbereitungstreffen. „Das war, um das Organisatorische zu klären, und sich innerhalb der Gruppe kennenzulernen. Und das war auch total gut, so kannten wir uns dann alle schon“, erzählt Joshua. Im Februar war es dann so weit, und obwohl das Coronavirus bereits zu dieser Zeit begann, sich auszubreiten, merkte man davon in Louisiana noch nichts. „Uns wurde noch die ganze Zeit gesagt ‚Corona gibt es hier nicht‘. Letztendlich sind wir dann eine Woche früher nach Hause geflogen als eigentlich geplant, aber davor hat noch alles ganz normal in Präsenz geklappt an der Uni“, so der Student.

Da es sich bei dem Programm um ein Vollstipendium handelt, wurden quasi alle Kosten übernommen - von den Flügen, über die Unterkunft, bis hin zur Verpflegung: „Man ist da wirklich komplett ohne eigenes Geld ausgekommen, das war nicht schlecht“, sagt Joshua. Untergekommen sind die 30 Austauschstudierenden in einem Hotel für Gastdozent*innen mitten auf dem Campus: „Dementsprechend konnte man da richtig am Campusleben teilnehmen. Das ist in den USA ja auch ein bisschen anders. Das, was da den Campus umschließt, ist gefühlt eine halbe Stadt.“ Bei insgesamt 32.000 Studierenden, von denen die meisten auf dem Campus wohnen, kann man sich das gut vorstellen.

Jeden Tag besuchten die Studierenden rund drei bis vier Stunden Seminare und Workshops, danach wurden ab und zu Ausflüge zu Unternehmen unternommen. In den Kursen sollten sie vor allem lernen, wie man sein eigenes Unternehmen gründet, vorzugsweise im naturwissenschaftlichen Bereich. Hierbei beeindruckte Joshua vor allem die Mentalität und Einstellung der Amerikaner*innen: „Als Deutscher ist man ja doch sehr unsicherheitsabweisend, und das ist bei denen extrem anders. Also in was für Lebenssituationen die teilweise ein Unternehmen gegründet haben, ist für uns verrückt.“ Die Wochenenden nutzten er und seine Mitstudierenden für Ausflüge in die Umgebung.

Was den Studenten außerdem sehr faszinierte, war das Ausmaß des Uni-Sports: „Die LSU ist richtig gut im Sportsektor aufgestellt, und da haben wir uns auch einige Spiele angeguckt.“ Ob beim Basketball, Baseball oder in der Gymnastik, das Niveau der studentischen Sportler*innen sei sehr hoch: „Das ist enorm, was die da auf die Beine stellen. Das ist wirklich Profisport.“ So sind unter den Turner*innen beispielsweise Olympiakandidat*innen dabei.

Auch merkte er, dass der Patriotismus gegenüber der Uni bei allen stark ausgeprägt ist. Unter anderem wurde das bemerkbar an den Farben der Uni, die überall zu sehen waren: „Auf diesem Campus trägt jeder Gelb und Lila, also es tragen echt viele den Merchandise der Uni. Und auch die Busse, die da rumfahren, sind entsprechend gefärbt, die Laternen sind alle in lila und auch die Sportgeräte, auf denen die trainieren“, so Joshua. „Und dann haben sie ihr Uni-Maskottchen, Mike den Tiger.“ Und bei Mike handelt es sich tatsächlich um einen echten Tiger. Was für die deutschen Studierenden absurd erschien, ist an der Louisiana State University völlig normal. „Der Tiger lebt da einfach auf dem Campus“, erzählt der Student.

In Amerika ist eben alles ein bisschen anders. Was für den Studenten ebenfalls ein Kulturschock war, war die Selbstverständlichkeit vieler Amerikaner*innen, eine Waffe bei sich zu tragen. Und die Dimensionen: „Alles ist einfach größer. Essen, Getränke, Autos. Und in das Football-Stadion passen 105.000 Leute rein und das ist ein Uni-Stadion.“

Für einen kurzen Zeitraum in den USA zu leben fand Joshua sehr spannend. Permanent in den Staaten zu leben, kann er sich allerdings nicht vorstellen: „Das war ziemlich interessant und schön, aber teilweise auch einfach verrückt. Aber es war eine coole Erfahrung, und noch dazu, dass es komplett durchfinanziert war, das war echt super.“
Infos zu der Fulbright-Stiftung und den unterschiedlichen Stipendien gibt es hier.

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