Eine junge Frau in rotem Blazer steht vor dem Gebäude des Fachbereichs Medien.© Meise

Studentin konzipiert Modul zu Diversity

von Lena Kuhn

Stefanie Pavlik studierte Medienkonzeption im Master. Im Zuge ihrer Masterarbeit entwickelte sie das Modul „Diversity im medialen Kontext“.

Stefanie, was kann man sich unter deiner Masterarbeit vorstellen?

Ich habe im Zuge meiner Masterarbeit ein Lehrmodul konzipiert, das sich mit Diversity im medialen Kontext befasst. Es könnte z. B. in den Fachbereich Medien eingebunden werden und hat zum Ziel, Studierende für Diversity zu sensibilisieren und Awareness zu schaffen. Dafür, was Diversity eigentlich ist, und was es bedeutet, wenn beispielsweise in Medieninhalten ein Mann, eine Frau oder eine diverse Person zu sehen ist, wer mit wem redet, wie die Personen dargestellt werden. Ich habe in meiner Arbeit dafür sechs Diversitykategorien betrachtet, nämlich Geschlecht, Sexualität, Beeinträchtigung, People of Color (POC), Klasse und Alter. Und dann würde im Laufe eines Semesters betrachtet wie die Menschen in diesen Kategorien medial, also z. B. in Filmen, Videospielen oder der Werbung, dargestellt werden. Damit Studierende später wissen, was das eigentlich bedeutet, wenn sie statt eines weißen Mannes, der in medialen Inhalten immer noch die Norm bildet, z. B. eine Protagonistin in ihren 50ern einsetzen. Nach dem Studium sind sie ja die Medienschaffenden der Zukunft. Da finde ich es wichtig, dass sie wissen, was das bedeutet, was sie tun, welche Tragweite ihre Entscheidungen haben können. Denn wie soll sich die Medienlandschaft und die Repräsentation in Medieninhalten verändern, wenn wir den Nachwuchs nicht entsprechend sensibilisieren und ausbilden?

Wie bist du darauf gekommen, dass du dafür ein Modul konzipieren möchtest?

Ein Grund war wirklich, dass diese Inhalte am Fachbereich meiner Meinung nach kaum bis gar nicht thematisiert werden und mir so ein Modul im Studium schlichtweg fehlte. Ich habe mich bereits in meiner Bachelorarbeit mit dem Thema Geschlecht beschäftigt. Die Lehre von medialer Repräsentation und die Folgen für vermeintliche Minderheiten, die fehlt einfach. Ich finde aber, die Auseinandersetzung mit dem Thema ist heutzutage einfach notwendig. Irgendwo muss man ja mal anfangen, die Medienlandschaft zu verändern. Wenn wir das nicht schon den Studierenden beibringen, die damit später arbeiten, wo dann anfangen? Wenn man Studis das gleich mitgäbe, dann könnten sie langfristig die Medienlandschaft verändern, diversere Medieninhalte und diversere Menschen in den Medieninhalten abbilden.

Hast du für Menschen, die sich jetzt für die Materie interessieren und sich einlesen möchten, ein paar Tipps? Oder Empfehlungen, was man sich angucken sollte?

An Serienempfehlungen kann ich leider sagen: Alles vor 2015 ist tatsächlich überwiegend schwierig und bedient sich vieler negativer Darstellungen der Diversitykategorien. Eine Ausnahme ist z. B. die Serie „Orange Is The New Black“. Die beliebte Serie „Gossip Girl“ etwa ist richtig schlimm, auf unterschiedlichen Ebenen. Vermeintlich hat die Serie z. B. viel weibliche Repräsentation, aber es wird beispielsweise keine wahre Freundschaft unter Frauen gezeigt, unter den Frauen besteht kein Zusammenhalt. Den gibt es aber bei meiner Serienempfehlung „The Bold Type“ auf Amazon Prime. So eine Serie hätte ich mir persönlich in meiner Jugend gewünscht. Dort sieht man Frauen, die wirklich zusammenhalten. Allerdings kritisieren manche, dass die Serie White Feminism spiegelt. Das macht deutlich, dass es schwierig ist, etwas zu finden, dass uneingeschränkt zu empfehlen ist. Diversity ist ein sich stetig wandelnder Diskurs und ein sehr komplexes Thema.

Ist das deine einzige Serienempfehlung?

Ich kann auch „Dispatches From Elsewhere“, auch eine neue Serie auf Amazon Prime, empfehlen. Da gibt es als Hauptcharaktere unter anderem eine ältere Frau, eine trans* Person und eine Black Person of Color (BPOC). Daran, finde ich, sieht man, dass sich so langsam was in den Medieninhalten wandelt. Es gibt diversere Inhalte, beispielsweise auch hier und da mal queere Personen, aber wir sind leider noch lange nicht am Ziel. Gerade in dem Kontext gibt es auch das Phänomen des Queerbaiting. Dabei wird angedeutet, dass zwei Charaktere queer sein könnten, aber im Endeffekt findet keine Darstellung davon statt. Dadurch lockt man die queere Community, und am Ende ist es enttäuschend. Es gibt also noch viel zu tun.

Hast du auch eine Buchempfehlung für Leser*innen?

Da kann ich das Buch „Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado-Perez empfehlen. Das fand ich krass. Das hat mich auch noch mal dazu angeregt, vieles zu hinterfragen. Besonders in Bezug auf das Thema Androzentrismus und dass der Mann die Norm ist. Im Feminismus dagegen sind eben alle wichtig. Das fand ich sehr erstaunlich, vor Augen geführt zu bekommen, wie androzentristisch die Welt wirklich ist. Ich würde sagen, das ist ein guter Grund-Einblick. Ich habe mich ja auch mit Videospielen befasst, deswegen kann ich auch die Youtube-Videos von Anita Sarkeesian empfehlen. In ihrer Youtube-Serie „Tropes vs. Women“ hat sie unter anderem Videospiele analysiert, da geht es viel um negative Tropes, die finden sich ja auch in Filminhalten wieder.

Wenn man Medieninhalte diverser gestalten möchte, wo fängt man da an? Das Feld wirkt so riesig und unübersichtlich.

Am besten bezieht man Menschen, die bereits Ahnung haben oder sich selbst entsprechend identifizieren, mit in den Schaffungsprozess mit ein. Ich finde es super, dass man Medien diverser gestalten möchte. Deswegen würde ich immer die mit einbeziehen, die es real betrifft und den Personen auch zuhören: Mit Frauen über Sexismus sprechen, beeinträchtigte Personen fragen, wie sie manches wahrnehmen. Für verschiedene Medieninhalte gibt es außerdem Tests, die man anwenden kann, um herauszufinden, wie eine Personengruppe abgebildet wird. Am Ende sollte man einfach offen sein und Feedback annehmen. Oft sind diese Personen sehr hilfsbereit, wenn sie angefragt werden, weil es ihrer Sache ja auch hilft.

Wie würde das von dir konzipierte Modul ablaufen?

Nach einer Einführungsveranstaltung über Medienrealität und Input zu Stereotypen, Tropes und Medienrepräsentation und dem Thema Identität würden sich die Veranstaltungen an den Diversitykategorien orientieren. Drei Veranstaltungen würden sich mit dem Thema Geschlecht befassen, das betrifft mit Abstand die meisten. Allein wenn von einem binären Geschlechtersystem ausgegangen wird, welches wir nicht haben, machen Frauen über die Hälfte der Gesellschaft aus. Es ist also davon auszugehen, dass alle einen Bezug zu dem Thema haben. Zu Sexualität, Alter, POC, Beeinträchtigung und Klasse gäbe es jeweils eine Veranstaltung. Abschließend würde ich in einer Veranstaltung über Algorithmen sprechen. Die arbeiten ja mit den Daten, die ihnen vorliegen, und diskriminieren deshalb auch. Signifikant stärker als Menschen sogar, weil die vorhandenen Daten ja bereits die Realität verzerren. Gerade MMPler*innen arbeiten vielleicht mal mit Algorithmen und eigentlich kommen wir alle im Alltag mit Algorithmen in Berührung z. B. im eigenen Social-Media-Feed, deswegen würden sie in einer Veranstaltung aufgegriffen.

Was wäre am Ende die Prüfungsleistung?

Da wäre die Forderung, ein Märchen zu diversifizieren. Märchen sind ziemlich bekannt oder, wenn man sie nicht kennt, leicht verfügbar. Und je nach Märchen haben sie viele Charaktere, die man, wenn man sie entsprechend anpasst oder verändert, gut divers gestalten kann. Die Umsetzung könnte sehr kreativ sein, die Studierenden könnten auch ein Video drehen, das Ganze als Instagram-Story aufziehen oder eine Kurzgeschichte schreiben. Für die Diversifizierung können die Teilnehmenden dann die Tools anwenden, die im Modul behandelt wurden.

Wo im Lehrplan des Fachbereichs würdest du das Modul ansiedeln?

Am liebsten im dritten Semester, dann als Pflichtmodul für beide Medien-Bachelor-Studiengänge zusammen. Auch, damit man ein diverseres Publikum hat und Gruppen studiengangübergreifend zusammenarbeiten können. Das empfand ich im Master Medienkonzeption als sehr bereichernd, weil alle unterschiedliche Kompetenzen mitbringen und daraus richtig tolle Sachen entstehen können. Außerdem können die Studierenden das Wissen dann in kommenden Semestern anwenden und große Projekte in den höheren Semestern direkt diverser gestalten.

© Fachhochschule Kiel