Ein Mann in schwarzem Jackett und weißem Hemd, steht im Halbschatten und schaut freundlich in die Kamera.© FH Kiel

Mathe macht Spaß

von Jana Tresp

Dr. Björn Christensen liebt es, mit Zahlen zu „jonglieren“ – am liebsten mit großen Datenmengen. Die hat er bisher sogar genutzt, um den „Brötchenhunger“ von Menschen vorherzusagen. Nun möchte er aber erst einmal die Studierenden der Fachhochschule Kiel (FH Kiel) für Mathematik und Statistik begeistern. Vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2018 ist er Professor für „Statistik und Mathematik“ am Fachbereich Wirtschaft.

Jana Tresp (JT): Woher kommt Ihre Begeisterung für Statistiken?

Björn Christensen (BC): Da bin ich vermutlich stark familiär „vorbelastet“, vieles werde ich wohl von meinem Vater geerbt haben. Er war Lehrer und hat sich u.a. intensiv mit statistischen Fragen und Phänomenen beschäftigt. Mein Bruder habilitiert im Bereich Stochastik, sprich Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. Von daher scheint das Faible für Zahlen in der Familie zu liegen.

JT: Wie erklären Sie sich, dass Mathe für Viele ein rotes Tuch ist?

BC: Es ist wichtig, in der Mathematik permanent einen Bezug zur Lebenswelt herzustellen. Nur so lernen die Schülerinnen und Schüler, dass sie das Fach wirklich brauchen und dass es sie weiterbringt. Dieser Bezug wird in der Schule zum Teil zu wenig hergestellt, wodurch die Schülerinnen und Schüler schnell die Lust verlieren. Zudem baut in der Mathematik Vieles von Jahr zu Jahr aufeinander auf. Wenn die Jugendlichen einmal den Anschluss verloren haben, wird es schwer für sie. Davon ist sicher ein Großteil betroffen. Dann noch Freude und Motivation für Mathematik aufzubringen, ist eher unwahrscheinlich.

Durch ein Studium kann die Mathematik eine neue Chance bekommen, weil im Grundlagenkurs alles wiederholt wird. Dadurch können die Studierenden noch einmal von vorne beginnen und so vielleicht wieder Freude an der Mathematik entwickeln. Statistiken beispielsweise tauchen fast jeden Tag in den Nachrichten auf. Damit ist sofort ein Bezug zur Realität hergestellt. So könnte aus dem einstigen Pflichtfach vielleicht wieder etwas Sinnvolles, weil Anwendungsbezogenes werden.

JT: Sie haben sich in den vergangenen acht Jahren mit zwei Unternehmen selbstständig gemacht. Bei beiden geht es ebenfalls um Statistiken – können Sie das kurz genauer erklären?

BC: Beide Unternehmen beschäftigen sich mit statistischer Analyse und Prognose. Die analytix GmbH erstellt in sehr vielen unterschiedlichen Branchen statistische Analysen auf Basis großer Datensätze oder setzt Prognosesysteme für Unternehmen auf. Zum Teil werden auch Gutachten für Ministerien geschrieben. Die Firma ist überall dort tätig, wo große Datensätze anfallen. Die meteolyx GmbH habe ich zusammen mit Meeno Schrader gegründet. Hier umfasst das Aufgabengebiet die Erstellung wetterabhängiger Absatzprognosen. Wir haben zum Beispiel für Bäckereien ein Tool entwickelt, das voraussagt, welche Ware am nächsten Tag vermutlich abgenommen wird. So kann die Bäckerei gezielter produzieren und muss nicht so viele übriggebliebene Produkte wegwerfen. Ich beschäftige mich also schon eine ganze Weile gern und viel mit der Bearbeitung großer Datenmengen. Ich freue mich, mein Wissen nun weiterzugeben und auch den Praxisbezug vermitteln zu können.

JT: Wie sind Sie an die FH Kiel gekommen?

BC: Die Vorstellung, an einer Fachhochschule zu unterrichten, hatte ich schon vor ungefähr zehn Jahren. Damals habe ich mich gegen die klassische Universitätslaufbahn entschieden, weil sie mir zu theoretisch und praxisfern erschien. Deshalb habe ich mich zunächst selbstständig gemacht. Parallel dazu hatte ich immer wieder Lehraufträge an Hochschulen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich konnte mir gut vorstellen, das zu intensivieren.

JT: Wie sieht Ihr Aufgabengebiet an der FH aus?

BC: Der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung der Grundlagen von Mathematik und Statistik in den Wirtschaftswissenschaften. Das sind die Vorlesungen, von denen die meisten Studierenden sagen: ‚Oh Gott! Da habe ich keine Lust zu. Ich bin froh, dass ich Mathe mit der Schule hinter mir lassen konnte‘. Fakt ist aber: Mathematik ist für die Wirtschaftswissenschaften unumgänglich.

Ich wäre glücklich, wenn ich die Vorbehalte der Studierenden gegen Mathe und Statistik abbauen und ihnen zeigen könnte, dass Mathe Spaß machen kann. Wenn sie sich nur ein bisschen damit beschäftigen, ist es gar nicht so kompliziert.

JT: Was verbinden Sie mit Kiel?

BC: Meine Heimat. Ich komme zwar nicht direkt aus Kiel, aber aus der Umgebung. Ich bin in einem kleinen Ort in der Probstei aufgewachsen und wohne auch heute mit meiner Familie in einem kleinen Ort im Kieler Umland. Meine Kindheit und Jugend waren völlig unbeschwert. Deshalb wollte ich nie von hier weg. Das war beruflich vielleicht manchmal eine Herausforderung. Eine Firma in Kiel zu gründen, ist schon schwerer als in Berlin, Frankfurt oder München. Daher bin ich sehr froh, dass ich jetzt an der Fachhochschule Kiel bin und so meiner Heimat treu bleiben kann.

Lebenslauf

 

Seit August 2013 Professor für Statistik und Mathematik an der FH Kiel

Seit 2009 Gründer und Geschäftsführer der meteolytix GmbH

Seit 2005 Gründer und Geschäftsführer der analytix GmbH

2004 Promotion zum Dr. sc. pol. bei Prof. Dr. Dr. h.c. Horst Siebert, ehemaliger Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und Wirtschaftsweiser

2000-2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kieler Institut für Weltwirtschaft, Schwerpunkte im Bereich der statistischen Analyse von Individualdaten

1995-2000 Studium der Volkswirtschaft mit quantitativem Schwerpunkt an der CAU zu Kiel, Abschluss Diplom

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