Ein Spannungsmessgerät und diverse Sicherungen.© K. Rethmeier
Typische Messkurven von Bauteilen des Überspannungsschutzes

260 Kilometer für den Blitzschutz

von viel.-Redaktion

Kooperationsveranstaltung von VDI und FH Kiel zum Thema Blitzschutz lockt Interessierte aus ganz Schleswig-Holstein

Gastbeitrag von Prof. Dr.-Ing. Kay Rethmeier (Laborleiter Hochspannungstechnik und Direktor des Institutes für Elektrische Energietechnik an der FH Kiel)

Am Donnerstag, 15. Oktober 2015, lud der Verein Deutscher Ingenieure zu einem Experimentalvortrag zum Thema „Blitzschutz“ an die Fachhochschule in Kiel. „Ich danke Ihnen, dass Sie sich nach einem anstrengenden Arbeitstag trotzdem noch für diese Fortbildung hier bei uns an der Fachhochschule in Kiel entscheiden konnten statt den Feierabend geruhsam zu genießen, denn es wird gleich laut, grell und Blitz-gefährlich“, begrüßte Heinz-Dieter Hartwig, Leiter des VDI-Arbeitskreises Technik und Umwelt, die mehr als 30 interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Handwerk, Industrie und Ministerien mit einem Augenzwinkern. Das Thema der Veranstaltung, der Blitzschutz von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien, war im Vorfeld sorgfältig ausgewählt worden, betrifft doch die Gefährdung durch Gewitter nicht nur die Betreiber von Windrädern und PV-Anlagen, sondern letztlich alle Stromkundinnen und -kunden, die im Falle eines Blitzeinschlages nicht im Dunkeln stehen wollen.

„Die Verfügbarkeit von elektrischer Energie kann nur durch geeignete Blitzschutzmaßnahmen garantiert werden“, so Prof. Kay Rethmeier, Leiter der Blitzlabore an der FH Kiel, der in seinem Einführungsvortrag auf das Thema einstimmte. Eine Vielzahl von Schadensfällen in der Vergangenheit zeigt, dass Gefahren durch Blitzschlag eine herausragende Bedeutung für Brandursachen bei Windkraftanlagen haben. Das besondere Blitzeinschlagsrisiko ergibt sich insbesondere aus exponierten Standorten und der Art und Höhe der Baukörper und erhöht sich bei nicht fachgerecht ausgeführten Blitzschutzsystemen. Geeignete Mess- und Beurteilungsverfahren sowie Blitzschutzsysteme für Gondel, Rotorblätter sowie elektrische Kabel und Systeme sind jedoch verfügbar. Auch Photovoltaikanlagen und ihre Komponenten können durch direkten Blitzschlag oder indirekt durch galvanische Kopplungen sowie elektrische und magnetische Feldkopplungen gefährdet sein.

Im Fokus des Abends standen jedoch nicht Reden und Vorträge, sondern praktische Vorführungen in den technisch hervorragend ausgestatteten Laboren der FH Kiel. So wurden die Gäste in Kleingruppen durch die Räumlichkeiten geführt, wo sie an drei Praxisstationen die elektrischen Prüfungen von Blitzschutzkomponenten live miterleben konnten. Angefangen bei den kleinsten Bauteilen, wie sie in nahezu allen Elektronikbaugruppen, so zum Beispiel auch im Handy-Netzteil, zum Schutz vor Überspannungen vorkommen, bis hin zu Blitzableitsystemen von tonnenschweren Rotorblättern, die eine riesige Windkraftanlage vor Zerstörung schützen, wird all das in den Kieler Laboren geprüft und technisch bewertet. Dies geschieht im Regelbetrieb der Fachhochschule, nicht nur im Rahmen der Ausbildung von Studierenden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch viele Industriebetriebe und Hersteller dieser Schutzkomponenten des Öfteren Gast an der FH sind, um ihre Produkte mit den leistungsstarken Blitzsimulatoren auf Herz und Nieren prüfen zu lassen.

Die Kooperationsveranstaltung bot viele neue Erkenntnisse mit praktischem Mehrwert. Neben Besucherinnen und Besuchern aus dem Großraum Kiel kamen die Interessierten unter anderem auch aus Lübeck, Itzehoe und Heide. Rekordhalter in Sachen Anreise war ein Herr aus Süderlügum an der deutsch-dänischen Grenze. Er nahm 130 Kilometer in Kauf, „… die waren es mir aber auf jeden Fall wert!“.

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