Studierende und Kursverantwortliche vorm Gemeindehaus "Grünes Herz". Foto: Leon Gehde© L. Gehde

Grünes-Herz-: IDW-Kurs entwickelt mit Bewohner*innen Zukunftsvisionen

von Leon Gehde

Das „Grüne Herz“ ist ein sogenannter Heimat-Siedlungsbau in Gaarden-Süd zwischen der Hamburger Chaussee und der B404. Gegründet wurde das aus Kriegstrümmern gebaute Quartier 1949 als gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft. Nun haben sich zwölf Studierende eines IDW-Kurses der Fachhochschule Kiel unter der Federführung von Prof. Dr. Brigitte Wotha und Anne-Lena Cordts gemeinsam mit den Bewohner*innen Gedanken um die zukünftige Gestaltung der Siedlung gemacht. „Ganz wunderbar“, findet Anwohner Bernd Vesper (67). „Am Samstag, den 13.11.2021 um 11 Uhr dürfen wir die Ergebnisse in der Filialkirche Liebfrauen am Krusenrotter Weg vorstellen“, kündigt Wotha sichtlich stolz an.

Eine der Ideen kommt von zwei gebürtigen Niedersachsen, die an der FH Kiel Landwirtschaft im ersten Semester studieren. „Wir wollen die Wege und Gemeinschaftspunkte der Siedlung neu gestalten, um die Bewohner*innen stärker zu verbinden“, sagt Hannes Schnelle (20). Gemeinsam mit Florian Schatthauer (21) hat er sich angeschaut, wo neue Begegnungsräume entstehen können. Dazu schlagen die beiden Landwirtschaftsstudenten ein neues Fußwegenetz zwischen den Straßen der Siedlung vor. „So trifft man seinen Nachbarn oder seine Nachbarin zum Beispiel auch mal hinten am Garten“, so Schnelle. „Dazu sollen an diesen Wegen Bänke und überdachte Sitzgruppen platziert werden, um zum gemeinsamen Aufenthalt einzuladen – bisher gibt es in der ganzen Siedlung keine Sitzbänke, was einige Anwohnerinnen beklagt haben“, führt er fort. „Trampelpfad der Begegnung“, fasst Schatthauer die Idee schmunzelnd zusammen.

„Besonders eine Grünfläche, genannt ‚das Tal‘, haben wir im Auge. Da gibt es eine Menge Platz für eine Begegnungsstätte, man müsste eigentlich nur mal aufräumen, den Rasen mähen und ein paar Sitzgelegenheiten schaffen“, sagt Schatthauer. Eine andere Gruppe plant für ‚das Tal‘ zusätzlich einen Spielplatz. „Das werden wir nochmal ein paar Vorständen und Anwohner*innen des Grünen Herzes vorstellen und uns Feedback abholen – das Endergebnis präsentieren wir am Samstag in der Liebfrauenkirche“, so Schnelle.

Auf die Idee gekommen, Studierende für die Schaffung von Zukunftsplänen für die Siedlung einzubinden, ist Prof. Dr. Heidi Kjär. Die 62-Jährige ist gleichzeitig Studiengangsleitung des interdisziplinären Bachelorstudiengangs Medieningenieur-/in und sowohl Anwohnerin als auch Aufsichtsrätin der Wohnungsbaugenossenschaft „Grünes Herz“. „Die Idee einer Genossenschaft wurde früher anders gelebt. Wir hatten in der Siedlung einen eigenen Schlachter, einen Milchladen, einen Bäcker, einen Friseur, einen Blumen- und einen Eisladen und damit Begegnungsstätten. Das gibt es alles nicht mehr. Heute empfinden sich die meisten schlicht als Mieter und nicht mehr als Teil einer Gemeinschaft“, so Kjär. Das würde sie gerne ändern und sieht in dem IDW-Kooperationsprojekt einen Startschuss, die Siedlung entsprechend zu gestalten. „Eine Art Kiezcharakter“ könnte sie sich gut vorstellen. Auch auf die Klimakrise sollen laut Kjär mithilfe der jungen Menschen Antworten gefunden werden: „Eine Gruppe Studierender hat einen Bürgerbus vorgeschlagen, der vor allem ältere Bewohner*innen in die Stadt bringt. Es wäre super, wenn nicht jeder Haushalt mehrere Autos vor der Tür stehen hat.“

Anwohner Bernd Vesper freut sich über den frischen Wind und will weiter anpacken: „Ich finde das Projekt toll! Sicherlich wird nicht alles eins zu eins umgesetzt – es braucht einen Reifungsprozess. Wichtig ist, dass man die guten Ideen jetzt vertieft und verfeinert. Dann haben wir eine gute Grundlage, um weiterzumachen und zu gestalten.“

Für die Kursverantwortliche Prof. Wotha ist das Projekt schon jetzt ein interdisziplinärer Erfolg: „Wir hatten vor allem Landwirt*innen im Kurs. Die haben oft noch eine lebendige Vorstellung, was Gemeinschaft bedeutet. Und sie konnten sogar noch etwas über ihr eigenes Fach lernen.“ Da kann Landwirtschaftsstudent Falk Mushardt (21) nur zustimmen: „Bei der Planung einer Blühwiese für die Siedlung haben wir herausgefunden, dass es etwa 571 heimische Wildbienenarten gibt. Diese Wildbienen haben eine höhere Bestäubungsrate als Zuchtbienen. Wissen, das für die Arbeit als Landwirt natürlich wichtig ist.“ Wotha: „Ihr seid `ne tolle Gruppe, das macht echt Spaß.“

Am Samstag, 13. November, findet die Präsentation aller Ideen und Ergebnisse in der Filialkirche Liebfrauen, Krusenrotter Weg 35, Kiel zwischen 11 und 13 Uhr statt.

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