Frau mit Stift in der Hand© Baxmann

Und plötzlich „9 to 5“ - Arbeitsalltag für eine Studentin

von Juliane Baxmann

Als ich vor ein paar Wochen mein Praktikum im Bereich PR und Marketing antrat, hatte ich Bauchschmerzen. Was, wenn ein normaler Arbeitsalltag nichts für mich ist? Den ganzen Tag nur im Büro sitzen? Geht das überhaupt, halte ich das aus? All das waren Fragen, die ich mir in der Nacht vor Beginn meines dreimonatigen Praktikums stellte.

Studierende haben bekanntlich einen eher gemütlichen und bedachten Lebensstil. Ich starte nie vor 9 Uhr in den Tag, wenn ich nicht muss. Vor 11 Uhr wird das Haus in der Regel nicht verlassen – vor allem nicht ohne einen Kaffee in der Hand. Dann wird bis in die tiefen Nachtstunden in meiner geliebten WG-Küche bei Rotwein oder Bier und veganer Pizza vom Lieblingslieferdienst um die Ecke geredet und gelacht. Die Tage sind kurz, die Nächte lang, aber irgendwie kriegt man die Abgaben und Klausuren doch noch rechtzeitig unter einen Hut. Doch irgendwann, ist ja selbst das leichteste Studentenleben (optimaler Weise) vorbei, und man wird auf die Arbeitswelt losgelassen.

7 Uhr – der Wecker klingelt. 8 Uhr – das Toastbrot mit (natürlich Bio-) Schokocreme und der Kaffee werden auf dem Weg durch die Tür verschlungen, und es geht auf in den achtstündigen Job-Alltag. Plötzlich ist der gemeinsame Mittagsspaziergang mit den Arbeitskollegen und dem Büro-Hund das Highlight und der Lichtblick des Tages. Gegessen wird nicht mehr in der allseits beliebten Mensa für 3,50 €, sondern plötzlich beim Italiener um die Ecke – oder es gibt ein Brötchen vom Bäcker in der Nachbarschaft. 17.30 Uhr, – der Bildschirm wird ausgestellt – Feierabend. Um 18 Und dann endlich zuhause, im Flur steht immer noch der Müll von gestern, die Wäsche muss auch mal wieder gemacht werden, und wer kauft bitte noch für mich ein?

Pure Überforderung? Bei mir ist es zum Glück nicht ganz so dramatisch abgelaufen. Ich war schon immer ein Freund von Routinen, stehe sowieso immer früh auf und habe kein Problem damit, auch als Erste im Büro zu sein. Doch auch für mich war es eine Umstellung. Plötzlich hat man so einen täglichen, sich nie verändernden Ablauf. Das Leben ist durchgeplant, und um 18 Uhr sitze ich dann, meistens leicht übermüdet und bereit fürs Bett, auf meinem Sofa und lasse mich von den uns allen bekannten Streamingdiensten berieseln. Der Lichtblick einer jeden Woche: Das Wochenende. Noch nie habe ich diese zwei Tage so wertgeschätzt wie in der letzten Zeit. Plötzlich wird mir klar, warum so viele Menschen dem Freitagnachmittag entgegenfiebern und dann auch das ganze Wochenende in vollen Zügen genießen. Auch ich habe das zu schätzen gelernt. Keine Abgaben, keine Deadlines. Plötzlich hatte ich einfach...frei.

Trotz allem denke ich immer noch: „Ein ,9-to-5'-Job? Kann ich mir nicht vorstellen!“ Das Bewusstsein wächst, dass es höchstwahrscheinlich aber so kommen wird. Nur die wenigsten Berufe haben das Privileg, sich die Zeit frei einteilen zu können, viel in Bewegung und an der frischen Luft zu sein. Und mir ist klar geworden, dass man lernen muss, zu lieben was man tut, um es auch auf Dauer jeden Tag aufs Neue auszuüben können.

Zu guter Letzt noch meine drei Top-Tipps für einen strukturierteren Alltag im Praktikum:

  1. Der frühe Vogel fängt den Wurm! Umso früher man anfängt, desto früher ist man auch fertig, und meistens schafft man in den Morgenstunden auch viel mehr als nach dem Mittagstief. Gleitzeit wird mittlerweile von vielen Arbeitgebern gern gesehen, weil so jeder Mitarbeiter seine Arbeitszeiten anpassen kann.
  2. Vorbereitung ist das A und O! Mealprep – also das Essen für den nächsten Tag gleich vorbereiten, Sachen rauslegen, Tasche packen - all das sind Dinge, die mehr Struktur in den Alltag bringen. Es muss nicht immer gleich das vorgekochte Essen für eine ganze Woche sein, oder ein vollkommen durchstrukturierter Kleiderschrank. Mir hilft es oft schon, einfach meinen Kaffeefilter und den frisch gemahlenen Kaffee inklusive Tasse und Müslischale am Abend rauszustellen, oder schon mal ein Paar Socken und Unterwäsche rauszulegen. Die kleinen Dinge machen hier den Unterschied!
  3. Der Lichtblick! Auch nach Feierabend sollte man sich noch nette Dinge vornehmen. Sei es ein Spaziergang mit einer guten Freundin (bei dem man nicht über die Arbeit redet) oder ein Sportkursus können helfen, abzuschalten und den Kopf frei zu bekommen. Aber – nicht übertreiben. Wenn man sich zu viel vornimmt, artet auch die Freizeit schnell in Stress und Verpflichtungen aus.
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