Karin Hilbers

„Was man sieht Gestalt verleihen“

DR. KARIN HILBERS im Gespräch mit Lyssa Plothe

Karin Hilbers „geht an die Decke“: Kaum hat sie ihre Besucher hineingebeten, werden diverse Stufen ins Dachgeschoss überwunden. Dort oben, am höchsten Punkt ihres Hauses mit Ausblick über Jasdorfer Felder und Knickbewuchs hat die Künstlerin ihr Atelier. Nach einem prüfenden Blick auf die familieneigenen Schafe, elf an der Zahl, klärt Karin Hilbers auf, woher ihre Inspiration kommt: „Dinge, die mich ärgern, über die ich mich echauffieren kann“, sind es, die sie also auch im übertragenen Sinne an die Decke gehen und schließlich unter dem Dachfirst ihres Hauses Kunst entstehen lassen.

Karin Hilbers, geboren 1950 in Nordenham, ist ein echtes Nordlicht. Große gesellschaftliche Themen hat die promovierte Biologin und Kunstschaffende seit ihrem Studium 1969 nicht gescheut: „Die Meereskunde politisierte sich damals“, erinnert sie sich. „Da war an der Uni überall was los.“ Hilbers macht Kunst entlang gesellschaftliche Kontroverse, häufig versehen mit einem trockenen ironischen Kommentar – und verleitet damit Besucher von der Ostsee bis in den Ruhrpott zu einem Lächeln inmitten künstlerischer Gesellschaftsdebatte. Militarisierung und Atom-Abkommen greift Hilbers dabei ebenso auf wie das Frauen- und Männerbild unserer Tage: „Immer noch aktuell, denn Frauen sind bis heute in diversen Bereichen gesellschaftlichen Lebens benachteiligt.

Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Prägungen und Normen verpackt Hilbers in ihren Druckgrafiken und Holzschnitten oft in Symbolen mit klarer Formensprache. Der doppelte Werdegang als Naturwissenschaftlerin und Künstlerin scheint aber immer wieder auch in Diagrammen, kartografischen Draufsichten und versierten technischen Darstellungen durch. Dabei soll laut Hilbers der Moment der Leichtigkeit erhalten bleiben, den Kunst in der Entstehung trotz der oftmals ernsten Anlässe hat: „Es macht Spaß – und ich will keine Lehre vermitteln, sondern den Blick schärfen“, sagt die Frau, die auch deshalb zum nochmaligen Hinsehen animiert: Immer wenn der Betrachter sicher sei, eine Seite verstanden zu haben, fände sich - etwa auf den bedruckten Kitteln - eine andere Seite, auf der die Thematik oftmals in eine Leichtigkeit hinein aufgebrochen wird.

Spaß an der Vermittlung – das ist etwas, das Karin Hilbers eigen ist: Für das Projekt Kunstflecken stellte die Künstlerin in der Neumünsteraner Faldera-Schule Werke aus und arbeitete mit den Schülern zur Methodik der Druckgrafik. „Spannend fand ich, dass die Motivwahl der Jugendlichen beim Themenschwerpunkt ,Landschaft‘ in zwei Richtungen ging. Zum einen die martialische Darstellung kriegszerstörter Städte, zum anderen die maritime Heile-Welt-Abbildung: intakte Hafenansichten, die an Kiel erinnern“, berichtet Karin Hilbers. Kunst ist für sie immer auch ein Spiegel der Gesellschaft, sie sei aber gleichzeitig „Reibefläche für die Wahrheit des Betrachters“.

Dass sich derweil die Kunst sehr produktiv auch mit ganz anderen Lebensbereichen reiben kann, hat die Künstlerin in ihrem Berufsleben immer wieder gezeigt und erfahren. Trotz des Diploms an der Muthesius Kunsthochschule Mitte der 1990er arbeitete Hilbers bis zur Rente mit Herzblut als Lehrerin in Biologie und Chemie. Dabei brachte sie den Schüler*innen zum Beispiel die Elektrolyse mittels Experimenten mit Eisenplatten und Salzbecken nahe, sodass „am Ende jeder sein eigenes Objekt mit nach Hause nahm“. Karin Hilbers ist denn auch bis heute eine Verfechterin von Kunst und Wissenschaft in Fusion – auch Forschung ist für sie ein kreativer und ur-offener Prozess.

Dass sich derweil die Kunst sehr produktiv auch mit ganz anderen Lebensbereichen reiben kann, hat die Künstlerin in ihrem Berufsleben immer wieder gezeigt und erfahren. Trotz des Diploms an der Muthesius Kunsthochschule Mitte der 1990er arbeitete Hilbers bis zur Rente mit Herzblut als Lehrerin in Biologie und Chemie. Dabei brachte sie den Schüler*innen zum Beispiel die Elektrolyse mittels Experimenten mit Eisenplatten und Salzbecken nahe, sodass „am Ende jeder sein eigenes Objekt mit nach Hause nahm“. Karin Hilbers ist denn auch bis heute eine Verfechterin von Kunst und Wissenschaft in Fusion – auch Forschung ist für sie ein kreativer und ur-offener Prozess.

Es wird dunkel im Atelier. Zeit für die großen Scheinwerfer. Karin Hilbers schaltet sie ein, und nach einigen Sekunden gleißt das Licht durch den kleinen Raum und beleuchtet Holzdrucke, Schablonen, Arbeitstische und Leinwände. Die Künstlerin schaut noch einmal nach draußen zu ihren zu ihren Schafen, allesamt Skudden, eine alte Rasse. „Ich gehe durch die Welt und habe stets gleich Bilder im Kopf“, sagt sie. „Insofern ist es gut, dass hier nicht so viel außenrum ist“. Die Welt reicht trotzdem bis in ihr Dachatelier: Fernseher und Radio tragen sie herein und bieten oftmals einen Ausgangspunkt für das Schaffen der Künstlerin.

Ihre Arbeitsweise konzentrierte Karin Hilbers nach Studienabschluss bald auf die Druckgrafik: „Die Malerei bot mir zu wenig Widerstand“, offenbart sie. Im Laufe der Jahre entwickelte die Künstlerin mit der Technik des Weißdruckverfahrens und der Übermalung ihre eigene Interpretation der alten Drucktechniken. „Das eine ist, die Welt kennenzulernen“, sagt sie: „Aber zum anderen muss man dem, was man sieht, eine Gestalt verleihen.“

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