Das Leben eines Online-Studierenden: ein Blick hinter die Kulissen

Christopher Nietzel hat vor nicht allzu langer Zeit sein Online-Studium in Betriebswirtschaftslehre an der FH Kiel abgeschlossen und erzählt, welche Erfahrungen er gemacht und wie er das Ganze gemeistert hat.

Du hast das Online-Studium Betriebswirtschaftslehre Bachelor erfolgreich in der Regelstudienzeit abgeschlossen – herzlichen Glückwunsch erst einmal dazu. Was hat Dich dazu bewegt, online zu studieren?

Vielen Dank! Vor meinem Studium habe ich bereits eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton gemacht. Mit diesen Kenntnissen habe ich einige Jahre als Kameramann und Bildtechniker in der Außenübertragung beim Fernsehen gearbeitet. Nach knapp sechs Jahren wollte ich mich beruflich verändern und in den Vertrieb wechseln. Durch mein technisches Fachwissen fiel es mir relativ leicht, die Anforderungen des Kunden zu verstehen und lösungsorientiert zu haben. Dennoch merkte ich, dass mir die betriebswirtschaftlichen Grundlagen fehlen, um den Kunden bei seinen Investitionsentscheidungen besser unterstützen zu können. Ein berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaftslehre erschien mir daher perfekt um die nötigen Kenntnisse zu erlangen.

Was machst Du beruflich?

Ich arbeite als Sales Manager für professionelle Fernseh- und Videotechnik bei der Studio Hamburg MCI GmbH. Zu unseren Kunden zählen alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wie auch die privaten Fernsehsender und Produktionsfirmen, aber auch Freelancer und Start-Ups. Zu meinen Aufgaben gehört es, Investitionsvorhaben möglichst früh zu erkennen und den Kunden dann über die gesamte Laufzeit eines Projektes bis zum Abschluss zu begleiten. Das kann zum Beispiel ein einfaches Vorhaben wie die Beschaffung von neuen Kameras sein, aber auch die Planung und Realisierung von Neu- oder Umbauten der Fernsehstudios und Übertragungswagen.
Außerdem bin ich verantwortlich für unseren Webshop, in dem wir beratungsarme Produkte schnell und unkompliziert vertreiben können. Den Relaunch dieses Webshops habe ich übrigens zum Thema meiner Thesis gemacht und zwischenzeitlich auch erfolgreich in die Praxis umgesetzt.

Warum hast Du Dich ausgerechnet für ein BWL-Studium an der FH Kiel entschieden?

Am Markt gibt es tatsächlich sehr viele Angebote im In- und Ausland, die ich auch genauer unter die Lupe genommen habe. An der FH Kiel gefiel mir besonders gut, dass man trotz des Fernstudiums einen guten Draht zu seinen Kommilitonen und Dozenten aufbauen konnte, da es zwar wenige Präsenzveranstaltungen in Kiel gab, aber dafür regelmäßige Videokonferenzen, an denen ich gerne teilgenommen habe, egal ob ich gerade Zuhause in Hamburg oder auf Dienstreise war. Die FH Kiel hat außerdem auch über die Region hinaus den Ruf, eine gute Hochschule zu sein. Dabei ging es mir nicht nur darum, auf der Urkunde ein solches Qualitätsmerkmal zu haben, sondern es war mir auch wichtig, während des Studiums optimal und zielgerichtet betreut zu werden, damit ich später nicht nur einen Titel habe, sondern auch in der Praxis etwas damit anfangen kann.

Wie war es für Dich, Beruf und Studium miteinander zu verbinden? Ich kann mir vorstellen, dass das ein gewisses Engagement und auch eine hohe Selbstdisziplin voraussetzt.

In der Tat muss ich gestehen, dass das Studium kein Selbstläufer bei mir war. Es gibt einfach Kurse, da sitzt man jeden Abend nach der Arbeit noch etliche Stunden und wartet darauf, dass es endlich den berühmtem “Klick” im Kopf gibt. Und ja, es gehört dann eine Menge an Selbstdisziplin dazu, sich nach einem anstrengenden Arbeitstag noch weitere Stunden an den Schreibtisch zu setzen, egal ob draußen die Sonne scheint oder ob es Wochenende ist. Glücklicherweise kann ich in meinem Job sehr eigenverantwortlich arbeiten. Es war mir daher möglich, meine Arbeitszeiten entsprechend so zu optimieren, dass ich nicht allzu spät wieder Zuhause oder im Hotel war, um mich dann noch in die Skripte zu vertiefen oder an einer Videokonferenz teilzunehmen.

Wie ist so ein Online-Studium aufgebaut und konntest Du Unterschiede zu beispielsweise einem Vollzeit-Präsenzstudium feststellen? 

Im Online-Studium sieht es so aus, dass der Plan für die ersten fünf Semester zahlreiche Module vorsieht. Die ersten drei Semester sind dabei augenscheinlich am Schwersten. Hier lernt man die Basics aber eben auch das Handwerkszeug eines jeden Betriebswirtes. Investition, Volkswirtschaftslehre und Steuerlehre sind zum Beispiel solche Essentials. Zugegeben sind diese Module nicht ganz leicht zu verstehen, aber sie sind ungemein hilfreich und auch interessant. Wie oft erfährt man in den Medien beispielsweise etwas über unliebsame Präsidenten, deren Exportpolitik weitreichende Veränderungen bedeuten können? Und mitdiskutieren kann man eigentlich nur, wenn man weiß, wie die Weltwirtschaft funktioniert. Das erfährt man zum Beispiel in Volkswirtschaftslehre. Und jeder, der schon mal seine Steuererklärung gemacht hat, weiß, dass Wissen über die Steuerrichtlinien bares Geld bedeuten kann. Im fünften Semester geht es dann an die Wahlmodule, welche auch aus dem Präsenzstudiengang sein können. Im sechsten Semester kommt dann der Showdown mit Praktikum, Thesis und Kolloquium. Das Praktikum ist kürzer als bei den Präsenzstudierenden und kann oftmals auch im eigenen Betrieb absolviert werden. Die Thesis habe ich in den Sommerferien geschrieben, da ich im sechsten Semester noch einige Kurse belegt hatte.
Gelernt wird mit Online-Skripten, welche auch Videos und Animationen enthalten. Die Skripte kann man sich aber auch ausdrucken, wenn man doch noch klassisch unterwegs ist und hin und wieder zum Textmarker greifen möchte. Einige Dozenten bieten auch Einsendeaufgaben an, was für regelmäßiges Feedback sorgt und einen somit gut auf die Klausur vorbereitet. Pro Modul gibt es dann noch eine Präsenz, für die man nach Kiel kommen kann. Das ist meist freitagnachmittags oder samstags und dauert vier Stunden. Der Unterschied zum Präsenzstudium ist insbesondere der erhöhte Anteil an Selbstlernphasen. Während ein Studierender normalerweise regelmäßig auf dem Campus unterwegs ist, um Vorlesungen und Tutorien wahrzunehmen, ist man als Online-Studierender auf die Online-Inhalte und die Video-Konferenzen angewiesen. Letzteres findet je nach Modul alle sieben bis 14 Tage statt und dauert meist zwischen 45 und 120 Minuten. Außerdem ist man beim Kommunizieren auf Mails, Foren oder das Telefon angewiesen. Inhaltlich gibt es nur wenig Unterschiede, einige Klausuren sind sogar identisch und werden mit den Präsenzstudierenden zusammen geschrieben.

Welche Module hast Du belegt?

Die Wahl zwischen verschiedenen Modulen hat man im Online-Studiengang nur im fünften Semester bei den Wahlpflichtmodulen. Ich habe mich hier für IT-Recht und IT-Sicherheit entschieden. Darüber hinaus habe ich, um bereits weitere Credits für den Master zu erlangen, auch Qualitätsmanagement und Einkauf belegt.
Wie gesagt - ich hätte auch die Chance gehabt, Module aus dem Präsenzstudiengang zu belegen. Das hätte aber weitere Anwesenheitstage in Kiel bedeutet, da diese Kurse online bisher nicht aufbereitet sind.

Wie laufen die Prüfungen ab?

Es gibt verschiedene Prüfungsformen. Das kann mal ganz modern eine Präsentation sein, welche man online von Zuhause aus abhalten muss, aber auch klassische Hausarbeiten oder Klausuren werden verlangt. Die ersten Klausuren sind noch sehr aufregend. Man ist dann seit langer Zeit wieder dem Prüfungsstress ausgesetzt. Es werden Ausweise kontrolliert und die Regularien zu Hilfsmitteln und Täuschungsversuchen erläutert, bevor man dann meist zwei Stunden lang schriftlich unter Beweis stellen muss, was man das Semester über gelernt hat.

Kannst Du diese Art des Studiums empfehlen? Inwieweit hat es Dich sowohl beruflich als auch privat weitergebracht?

Die Art des Studiums kann ich ganz klar empfehlen. Meiner Meinung nach werden die Online-Studien in Zukunft auch deutlich an Beliebtheit gewinnen. Nicht jeder kann oder möchte sich ein Präsenzstudium leisten. Man entwickelt sich während eines Studiums fachlich wie auch persönlich sehr weiter. Ich bin immer noch in der gleichen Position wie vor dem Studium, jedoch verstehe ich die Betriebsabläufe von der Buchhaltung über den Einkäufer bis hin zum Geschäftsführer nun deutlich besser und kann somit viel leistungsorientierter agieren. Darüber hinaus habe ich mein Ziel erreicht, den Kunden nicht nur technisch gut beraten zu können, sondern ihn auch bei seiner finanziellen Entscheidung optimal zur Seite stehen zu können. Privat verändert man sich auch. Man wird deutlich strukturierter und ordentlicher in seinem Selbstmanagement. Dadurch leistet man mehr und geht allgemein motivierter an Dinge ran.

Wirst Du an der FH Kiel auch Deinen Master machen?

Ich werde meinen Master in Marketing and Sales Management machen. Auch das wieder Online und neben dem Beruf. Leider gibt es diesen Studiengang nicht an der FH Kiel, weshalb ich mich für eine private Fachhochschule in Hamburg entschieden habe.

Abschließend: Hast Du Tipps, die Du sowohl zukünftigen als auch aktuellen Studierenden geben kannst, z.B. um das Studium in der Regelstudienzeit abzuschließen?

Eine Dozentin von mir sagte schon von Anfang an: “Machen Sie es! Da müssen Sie jetzt einfach durch!” Sie lag mit ihrem Appell natürlich goldrichtig. Der Kardinalsfehler im Studium ist es, von Anfang an Module zu schieben. Wer nach einigen Jahren noch Kurse aus den ersten Semestern vor sich hin schiebt, der ist entweder schlecht organisiert oder hat den falschen Studiengang gewählt. Die ersten drei Semester sind meiner Meinung nach die Semester mit den inhaltlich schwierigsten Modulen. Ab dem vierten Semester wird es einfacher, doch die eigene Motivation und das Durchhaltevermögen lassen mit der Zeit nach, weshalb es wichtig ist, die schwierigeren Module direkt zu Beginn zu absolvieren.
Außerdem sollte man Kontakt zu Kommilitonen und Dozenten halten. Es hilft ungemein zu wissen, dass man nicht alleine mit seinen Problemen ist. Und es ist sehr vorteilhaft, wenn man mal für andere mitschreibt, da sie sich sicherlich auch revanchieren werden. 
Man sollte auch niemals das Ziel vor Augen verlieren, warum man sich damals eigentlich eingeschrieben hat. Mag der innere Schweinehund noch so stark sein, ist der Grund für das Studium am Ende doch vielleicht stärker!

Vielen Dank für das Interview!

Text: Janna Lynn Schröder
Foto: Pixabay
(veröffentlicht: 03.05.2019)