Vorderseite der MS Schwentine© H. Schramm
Vorderseite der MS Schwentine. Gut zu sehen sind Sensorik und eine silberne Box für die Verarbeitungs-Hardware.

CAPTN Initiative: FH Kiel beteiligt an der Entwicklung selbstfahrender Fähren

von Leon Gehde

Wer mit der MS Schwentine über die Förde fährt, wundert sich vielleicht über die vielen technischen Installationen an der Vorderseite der Personenfähre. Dahinter steckt das, was die Fachhochschule Kiel aktuell an Forschungsarbeit zu selbstfahrenden Fähren im Rahmen der CAPTN Initiative beiträgt. Mithilfe der angebrachten Kameras und Sensoren lernt ein Computerprogramm, die Umgebung zu erfassen. Später soll eine Fähre im autonomen Betrieb auf Basis dieser Informationen sicher navigieren und dabei potentielle Gefahrenquellen erkennen können.

Versuchsträger WAVELAB©S. Ortmüller / V. Steinhart-Besser / Initiative CAPTN
So soll der Versuchsträger ‚WAVELAB‘ aussehen.

„Die autonomen Fähren sollen im ausgereiften Zustand sicherer fahren, als mit menschlicher Steuerung“, ist sich Prof. Dr. rer. nat. Hauke Schramm seiner Aufgabe bewusst. Der FH-Professor leitet eine etwa zehnköpfige Arbeitsgruppe für maschinelles Lernen am Institut für Informatik der FH Kiel – einer der Partner der CAPTN Initiative. Das Team wertet Daten aus, die die an der MS Schwentine seit März 2021 angebrachte Sensorik bei ihren Linienfahrten sammelt. „Wir trainieren damit Algorithmen zur Bilderkennung, die auf neuronalen Netzen basieren“, erklärt Schramm.

Das ‚Abtasten‘ der Umgebung erfolgt dabei durch eine kombinierte und zeitlich synchrone Auswertung von Kamera- und LiDAR-Daten. LiDAR steht für Light Detection and Ranging und bezeichnet ein Prinzip, bei dem die Umgebung mittels Laserpunktmessungen dreidimensional abgebildet wird.

Die Umgebung aus Sicht der LiDAR-Sensorik©H. Schramm
Die Umgebung aus Sicht der LiDAR-Sensorik.

Eine autonome Fähre muss korrekt erfassen können, wo und in welcher Richtung andere Verkehrsteilnehmer unterwegs sind und wo Kaimauern und sonstige Hindernisse anzutreffen sind. Dies funktioniere schon sehr gut, die Erfassung sei bei gutem Wetter und normalen Verkehrssituationen weitgehend lückenlos. „Doch auch bei Sturm und Wellengang muss das System lernen, selbst unscheinbarste Gefahrenquellen, wie den Kopf eines Schwimmers ausnahmslos zu erkennen“, so Schramm.

Voraussichtlich im März 2023 soll ein erster Versuchsträger für die experimentelle Erprobung fertiggestellt sein. Mit diesem Boot sollen Testfahrten zunächst im geschlossenen Hafenbecken des Marinearsenals Kiel vorgenommen werden. Schramm ist zuversichtlich: „Damit bekommen wir eine hervorragende Plattform, auf der wir unsere Verfahren unter sicheren Bedingungen testen können.“

Wann genau autonome Fähren schlussendlich auf der Förde unterwegs sein werden, möchte Schramm lieber nicht voraussagen: „Zunächst hoffen wir auf eine Folgefinanzierung durch das Bundesverkehrsministerium, um den Betrieb des Versuchsträgers und die weiteren Forschungsarbeiten in 2023 und 2024 finanzieren zu können“.

Die CAPTN Initiative, initiiert 2018 durch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, ist ein Zusammenschluss von Partnern aus Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung. Ziel ist eine intelligent vernetzte Mobilitätskette aus sauberen, selbstfahrenden Fahrzeugen zu Land und eben auch zu Wasser.

Die Finanzierung von CAPTN erfolgt aus Eigenmitteln der Partner und Fördermitteln des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Partner neben sind neben der CAU und der F&E GmbH der Fachhochschule Kiel, die Raytheon Anschütz GmbH, die ADDIX GmbH und die Wissenschaftszentrum Kiel GmbH.

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