Ein Mann© FH Kiel

Heute in der Reihe „Wie wird man eigentlich Dozent*in?“: Henning Strauß

von Julia Königs

Prof. Dr.-Ing. Henning Strauß ist seit 2014 an der FH Kiel am Fachbereich Maschinenwesen tätig. Seine Schwerpunkte: Arbeitsvorbereitung, Arbeitsplanung und PPS Systeme, Werkzeugmaschinen und digitale Fabriktechnik. Gleichzeitig betreut er das Formula Student Team Raceyard. Im Interview mit Julia Königs aus der viel.-Redaktion berichtet der FH-Professor von seinem Werdegang und seiner Lehr- und Lebensphilosophie. 

Herr Strauß, wie sind Sie als Professor an die FH Kiel gekommen?

Nach meinem Abitur an der Kieler Max Planck Schule, leistete ich meinen Dienst bei der Bundeswehr ab, ehe ich eine Ausbildung zum Bau- und Möbeltischler absolvierte. Den Werkstoff Holz fand ich sofort interessant, ich konnte mir aber nicht vorstellen, mein komplettes Leben Handwerker zu bleiben. Um beim Werkstoff Holz und der damit verbundenen Maschinentechnik zu bleiben, habe ich dann an der TU Dresden Verarbeitungs- und Verfahrenstechnik mit der Fachrichtung Holz- und Maschinenbau studiert. 

Meine Promotion erfolgte dann 2012 an der TU Braunschweig in der Fertigungstechnik mit dem Thema „Systemunabhängiges Ummanteln mit einem automatisierten externen Rüstplatz“. 

Es zog mich zurück in den Norden, und zwar etwas unerwartet zu Schienenfahrzeugen: Bei der DB Fahrzeuginstandhaltung habe ich als Abteilungsleiter in der Produktionsvorbereitung und Planung gearbeitet. Nach eineinhalb Jahren übertrug man mir mehr Verantwortung für weitere Werke, sodass mein Arbeitsbereich sich über Neumünster, Frankfurt am Main, Nürnberg, Krefeld, Wittenberg und Kassel verteilte. Ich war daher sehr viel mit der Bahn unterwegs und kenne eine Vielzahl an Bahn-Erlebnissen, die man so haben kann, aus erster Hand…. 

Mit der Work-Life-Balance sah es also nicht mehr so optimal aus, gerade wenn man eine Familie hat und wenig zu Hause ist. Die Ausschreibung der FH Kiel kam da also gerade richtig. Seit Oktober 2014 bin ich also berufener Professor am Institut für Produktionstechnik, und seit zwei Jahren auch Geschäftsführender Direktor am Institut CIM Technologietransfer des Fachbereichs Maschinenwesen. Nebenbei befasse ich mich seit über zehn Jahren mit der Ausbildung von Industriemeistern in der Fertigungstechnik. Ich habe sehr viel Spaß an der Lehre, aber auch an den Projekten drum herum, deshalb bin ich auch einer der „Raceyard-Begleiter“ an der FH.

Meine Familie fühlt sich hier im Norden sehr wohl, außerdem ist die FH eine hervorragende Hochschule im Maschinenbau, und die Möglichkeiten in der Produktionstechnik sind ebenfalls sehr gut. Dieses noch zu verbessern, daran möchte ich mitarbeiten, will die Ärmel hochkrempeln und etwas bewegen — vielleicht gehen wir kleinere Schritte als die Universitäten, aber wir machen das, was wir tun, sehr gut. 

Was begeistert Sie denn so an Ihrem Fachgebiet? 

Es ist das, was aktuell alle umtreibt. Wir beschäftigen uns hier mit Digitaler Fabriktechnik, Datenerfassung aus Maschinen und Industrie 4.0. Am Ende stehen reale Produkte, also etwas, was man wirklich nutzen kann, wie der Rennwagen, den man auch fahren kann. Das macht den Kick für mich aus.

An solchen Endprodukten arbeiten viele Menschen aus diversen Fachbereichen mit ihren Qualifikationen. Nur, wenn alle zusammenarbeiten und das gleiche Ziel verfolgen, kann sowas gelingen. Man kann noch so ein Experte sein im eigenen Fach: Wenn man diese Expertise nicht vermitteln oder einbringen kann, dann wird es nichts. 

Auch der Praxisbezug ist mir wichtig. Ein Teil unserer Studierenden stammt aus der Praxis, das heißt, einige haben schon eine Lehre absolviert. Das ermöglicht angenehmes Arbeiten mit greifbaren Beispielen. Diejenigen, die direkt nach der Schule an die Hochschule kommen, werden dadurch häufig mitgerissen, Beispiele werden greifbarer, wenn wir sie gemeinsam im Auditorium diskutieren können.

Wie sieht ihr typischer Arbeitsalltag als Professor am Fachbereich Maschinenwesen aus?

Das Semester ist immer gefüllt mit Lehrveranstaltungen, Vorbereitungen, Nachbereitungen, Veranstaltungen von Raceyard und mehr. Meine Bürotür ist eigentlich immer offen, das Rennteam kommt häufig mit Fragen auf mich zu, ich betreue Mitarbeitende unseres Kompetenzzentrums, engagiere mich im Konvent, wir haben Sitzungen im Kollegium des Fachbereichs oder mit dem Team am Institut. Neue Lehrveranstaltungen müssen auch konzipiert beziehungsweise alte Lehrveranstaltungen verbessert werden. Wir wollen ja weiterhin am Ball bleiben und vorne mitspielen, die Digitale Fabrik weiter vorantreiben. Meine Übungen leite ich selber, denke mich also immer wieder in neue Software hinein. Dieser Job ist kein typischer 9-to-5-Tag. Freitags lehre ich bis kurz vor 18 Uhr, danach mache ich noch eine Runde im Büro, komme erst um 19 Uhr aus dem Haus. Zwar habe ich als Professor viel Freiheit zur Gestaltung meiner Zeit, aber ich arbeite definitiv nicht weniger als damals in der Industrie. 

Halten Sie es für wichtig, neben der regulären Lehre auch Projekte außerhalb des Curriculums aufzubauen?

Das ist ein gewisser Aspekt der Selbstverwirklichung. Projekte wie Raceyard machen mir viel Spaß, das hat also seinen Reiz für mich. Ich möchte Menschen bewegen und ihnen etwas mitgeben. Das geht nur, wenn ich mich für meine Hochschule engagiere. Raceyard bringt uns auch als Hochschule voran. Letztes Jahr saß der Ministerpräsident in unserem Rennwagen: Einerseits eine tolle Außenwirkung für die FH, andererseits Anerkennung für unsere Arbeit. Ich meine, wenn man solche Projekte nicht macht, dann verpasst man gegebenenfalls auch Studierende, die Begeisterung für eine Sache mitbringen und sich engagieren wollen. Das muss nicht immer ein Rennwagen sein, wir haben auch andere interessante Projekte an unserer Hochschule, die ihren Reiz haben. Natürlich muss man aber auch an den Selbstschutz denken und mal Nein sagen. Das ist schwer für mich, und ich bin froh, dass meine Familie meine Entscheidungen so mitträgt. 

Wie empfinden Sie denn überhaupt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

In der Theorie ist das sicher einfacher als in der Realität, aber es hängt von jedem Menschen ab, was funktioniert und was man an Unterstützung annimmt. Ja, als Professor verfügt man recht gut über die eigene Zeit neben den festen Lehrveranstaltungen. Wenn man sich aber viel engagiert, dann stellt man schnell fest, dass der Tag doch nur 24 Stunden hat. Man muss daher vorsichtig sein und das Verständnis von anderen Menschen in Gesprächen klar einfordern. 

Was ist für Sie das Beste an Ihrer Arbeit?

Wenn man in der Forschung vorne mitspielt, kann man das auch in die Lehre einbringen. Wir bilden die Ingenieurinnen und Ingenieure von morgen aus. Mir gefällt es, junge Menschen zu motivieren, ihnen aufzuzeigen, was ihnen Spaß machen kann und warum dieser Beruf so vielfältig und herausfordernd ist. Auch das Querdenken durch die Projekte ist da ideal, da es auch in der Praxis so gelebt wird. Teamfähigkeit fördere ich stark. Außerdem möchte ich den Studierenden mit auf den Weg geben, Erfahrung zu sammeln, aber auch zu dem zu stehen, was man macht. 

Meine Tür steht auch immer offen. Das macht unsere FH und auch unser Institut aus. Wir sind da, wir hören zu, wir sind Professorinnen und Professoren zum Anfassen, sind also greifbar und nicht irgendwo im Elfenbeinturm verschwunden: Wir wollen uns kritischen Diskussionen stellen und diskutieren. Dabei würde ich mir manchmal ein wenig kritischere Studierende wünschen. Sie sollten die Chance nutzen, kritisch zu sein, zu diskutieren und auch mal dagegen zu argumentieren, besonders, wenn sie sich im Master befinden. Gute Vorlesungen leben von Diskussionen, die uns fachlich auf Augenhöhe bringen. Ich will Menschen begeistern für das, was ich mache, weil ich selber begeistert bin von dem, was ich mache. 

Ob man nun Autos, Flugzeuge oder Staubsauger baut, Kleidung oder Tische produziert: Hauptsache, die Begeisterung ist da. Wenn ich also etwas tue, dann richtig, und dann auch mit ganzem Herzen. Das setzen wir auch hier an der FH um. 

Haben Sie Ratschläge für Studierende, die ebenfalls Dozent*in oder Professor*in werden wollen?

Man darf sich nicht verstellen, sollte natürlich bleiben und selbst vor großem Publikum niemals die Authentizität verlieren. Aufregung ist normal. Die ersten beiden Folien sollte man aber immer einwandfrei beherrschen, der Rest entwickelt sich dann von selbst. Es ist eine Frage dessen, ob man etwas locker oder verbissen angeht. Man sollte niemals versuchen, jemand zu sein, der man nicht ist und das, was man macht, mit Begeisterung tun. 

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