Eine Frau© N. Grenningloh

Heute in der Reihe „Wie wird man eigentlich Dozent*in?“: Monika John

von Aenne Boye

Die Dozentin Monika John ist das beste Beispiel, dass es nie zu spät dafür ist, sich beruflich zu verändern. Die Hamburgerin unterrichtet seit dem Wintersemester 2018/19 mit Schwerpunkt Kommunikationsmanagement am Fachbereich Medien. Aenne Boye sprach mit ihr über ihre Entwicklung vom Arbeiterkind, das es von der Bibliotheksassistentin zur Abteilungsleiterin in der news aktuell GmbH schaffte und nun an der FH Kiel lehrt.

Frau John, Sie bezeichnen sich selbst als typisches Arbeiterkind aus einer Familie, in der es nicht vorgesehen war, Abitur zu machen. Wieso sind Sie doch weiter zur Schule gegangen?

Nach meiner mittleren Reife, habe ich eine Erzieherausbildung begonnen. Allerdings war das schwierig für mich, weil ich politisch im linken Spektrum aktiv war. Das waren die 70er – eine politische Zeit, gerade was Kindererziehung und Kindergärten anging. In Krippen kamen teilweise 25 Kinder auf eine Kinderpflegerin. Das war nicht meins. Also brach ich die Ausbildung ab und fing eine Ausbildung zur Bibliotheksassistentin am Hamburger Weltwirtschaftsarchiv an. Dort habe ich gelernt, in Daten zu denken, das hat mir in meinem späteren Berufsleben unglaublich viel genützt. Ich muss generell sagen, dass mir alles, was ich je gemacht habe, beruflich auf irgendeine Art und Weise genützt hat. Nach Abschluss der Ausbildung war mir klar, dass ich keine Lust auf Assistentenstellen hatte. Deshalb beschloss ich, mein Abitur nachzumachen.

Das haben Sie am Hansa-Kolleg in Hamburg getan.

Genau, mir war zu dem Zeitpunkt gar nicht bewusst, dass es so schwierig ist, in diese Bildungsanstalt hereinzukommen

Wie meinen Sie das?

Das Hansa-Kolleg bietet den zweiten Bildungsweg nur für junge Menschen mit Berufs- und Lebenserfahrung an. Dort musste ich an einem aufwändigen Auswahlverfahren teilnehmen. Unter anderem habe ich einen Tag lang ein Assessment-Center durchlaufen. Auf das Verfahren habe ich mich nicht großartig vorbereitet. Das ist eines meiner Motti im Leben: ‚Ich gehe da mal hin und guck mir das an.’. Ich bereite mich selten auf Dinge vor, weil ich denke, entweder kann ich es oder eben nicht. Am Hansa-Kolleg habe ich unglaublich viel gelernt. Der Unterricht ging von 8.00 bis 18.00 Uhr, und meine Mitschüler*innen waren alle zielstrebig. Wie ich wollten sie ihr Leben drehen, weil ihnen das, was sie vorher gemacht haben, nicht zugesagt hat.

Wie ging es dann nach dem Abitur für Sie weiter?

Zu Beginn meiner Zeit am Hansa-Kolleg hatte ich das Ziel, etwas Naturwissenschaftliches zu studieren. Nach den drei Jahren hatte ich in meinen Leistungskursen Geschichte, Kunst und Deutsch eine eins und in Mathematik eine fünf. Also entschied ich mich doch für die Geisteswissenschaften und schrieb mich an der Universität Hamburg für Germanistik, Linguistik, Ethnologie und Kunstgeschichte ein.

Bei Abschluss des Studiums waren Sie 30 Jahre alt und Mutter eines einjährigen Kindes. Wie ging es weiter für Sie?

Zunächst habe ich mich freiberuflich durchgehangelt und ein paar Praktika gemacht. Anschließend war ich, bis meine Tochter zur Schule ging, halbtags beim Presseservice Hamburg angestellt. Nachdem ich mich auf volle Stellen beworben hatte, hatte ich zwei Zusagen, einmal von der Bauer Media Group und von der news aktuell GmbH, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Aus einer Bauchentscheidung heraus entschied ich mich für news aktuell. Dort blieb ich 18 Jahre, davon 16 als Abteilungsleiterin.

Als Sie 2017 kündigten, waren Sie 59 Jahre alt. Wie war das für Sie, sechs Jahre vor der Rente wieder auf Jobsuche gehen zu müssen?

Ich gebe zu, dass ich auch existenzielle Ängste hatte und mich um meine Rente sorgte, aber ich fühlte mich auch sehr frei. Das war schön. Ich bin immer noch der Meinung, dass das definitiv die richtige Entscheidung gewesen ist. In dem Arbeitsumfeld hatten sich die Strukturen verändert und ich bin nicht mehr gerne zur Arbeit gegangen. Neben meiner Arbeit bei news aktuell hatte ich mir ein zweites Standbein in der Lehre aufgebaut und an der Hochschule Macromedia in Hamburg gelehrt. Daneben habe ich mich in vielen Projekten engagiert und wieder freiberuflich gearbeitet. Über eines dieser Projekte hatte ich beruflich in Kiel zu tun und hörte von der freien Stelle an der Fachhochschule.

Und die haben Sie offensichtlich bekommen.

Ja, als der Anruf von der Studiengangsleiterin Elke Kronewald kam und sie mich zum Gespräch einlud, war ich total überrascht. Noch während ich im Zug zurück nach Hamburg saß, hatte ich die Zusage. Dieser Job hier war ein echter Glücksfall. Ich finde es am besten, wenn ich Aha-Momente bei den Studierenden auslöse. Also wenn ich etwas erzähle und in den Augen der Studierenden sehe, dass es leuchtet.

© Fachhochschule Kiel