Ein Mann mit Elektroschaltkreis vor sich© L. Worobic

Heute in der Reihe „Wie wird man eigentlich Professor*in?“: Christoph Weber

von Lennard Worobic

Professor Dr.-Ing. Christoph Weber kennt sich an der Fachhochschule Kiel bestens aus:  Er lehrt nun schon seit mehr als elf Jahren an der FH, wurde 2012 Studiengangsleiter für Mechatronik und 2014 schließlich Dekan im Fachbereich Informatik und Elektrotechnik. Nach den Stationen Ruhr-Universität Bochum, Technische Universität Hamburg-Harburg, und Jungheinrich AG landete Christoph Weber letztendlich in Kiel. Über seinen Werdegang und seine Tätigkeit an der Fachhochschule Kiel sprach er mit Lennard Worobic.

Herr Weber, wie kamen Sie dazu, nach Ihrer Schulzeit Elektrotechnik zu studieren?

Das ist eine sehr gute Frage, das erzähle ich häufig den Studierenden, weil ich glaube, bei den meisten ist es nicht von Beginn an die Maßgabe, unbedingt Elektrotechnik studieren zu wollen. In der Mittelstufe hatte ich im Gegensatz zu anderen Fächern in Mathematik und Latein sehr gute Noten. Obwohl ich damals in Physik in der Oberstufe eine 5 geschrieben habe, hat mir das Fach immer Spaß gemacht. Daher entschied ich mich trotzdem für den Physik-Leistungskurs, danach waren meine Ergebnisse immer gut, und ich ging in den Naturwissenschaften auf. Meine Eltern haben bei meinen Geschwistern und mir immer wieder den Blick auf Naturwissenschaften gelegt, aber Mathematik zu studieren, wie dies mein Vater gemacht hatte, war mir einfach zu theoretisch. Ein Ingenieurs-Studium war für mich dagegen interessant. Vor dem Studium habe ich mir mehrere Studiengänge angeguckt und einige Vorlesungen angehört, Elektrotechnik gefiel mir davon am besten. Schaltungen entwickeln und Programmieren fand ich immer sehr spannend, und ich wollte etwas tun, was letztendlich wertschöpfend für die Volkswirtschaft ist. Mit dem Ziel, durch technische Innovationen auch dazu beizutragen, dass Menschen ein komfortables Leben führen können.

Wie sind Sie nach Ihrem Studium, Ihrer Promotion und Ihrer Tätigkeit bei der Jungheinrich AG an die Fachhochschule Kiel gekommen? Und was genau hat Sie zu diesem Schritt bewegt?

Bei Jungheinrich habe ich in einer Abteilung als Gruppenleiter für zukünftige Entwicklungsthemen gearbeitet. Da wurden Prototypen gebaut, die später in Gabelstaplern in Serie gingen. Da die Abteilung relativ klein war, haben wir immer mit Studierenden aus Hamburg und Kiel zusammengearbeitet. Schon während meiner Promotion habe ich Studierende betreut und gemerkt, dass mir das Spaß macht. Also hatte ich Glück, das in der Firma in ähnlicher Weise weitermachen zu können und mir mit Studierenden spannende Themen auszudenken und zu entwickeln. Für mich ist es ein Glücksgefühl, wenn andere Menschen etwas lernen und ich dazu etwas beitragen kann. Gemeinschaftliche Ziele haben, Leute begeistern und zum Erfolg führen – das ist eben genau das, was an der Fachhochschule gemacht wird.

Ihren Dr.-Ing. haben Sie in Messtechnik und EMV absolviert. Könnten Sie genauer beschreiben, worum es sich in Ihrer Ausarbeitung handelte?

Das ist leider eher akademischer Natur, hat aber tatsächlich auch einen praktischen Bezug. Messtechnik ist ein sehr grundlegender Begriff in der Elektrotechnik. Alles, was man physikalisch sensieren kann, wird elektronisch verarbeitet gemessen. EMV steht für Elektromagnetische Verträglichkeit – alle technische Geräte senden elektromagnetische Wellen aus, für die es Schwellenwerte gibt. Diese dürfen aufgrund der Strahlungsintensität nicht überschritten werden, darum kümmert sich die EMV. In meiner Promotion ging es darum zu erkennen, ob bei Kabelschirmen Fehlstellen in der Produktion auftreten. Dafür habe ich ein Messverfahren entwickelt, das kleinste Fehlstellen sensieren kann. Daraus ist auch ein Patent entstanden. Generell hat mir das Praktische daran mehr Spaß gemacht, aber obwohl es ein echter Kraftakt sein kann, ist es natürlich auch notwendig das Ganze in wissenschaftliche Worte zu fassen.

Parallel zu Ihrer Professur an der Fachhochschule Kiel haben Sie einige Projekte und Veröffentlichungen verwirklicht. Gibt es ein Projekt, welches Sie besonders begeistert hat?

Schon seit Jahren beschäftigen wir uns mit der Entwicklung von Batterie-Systemen, man kriegt jetzt in den auch Medien mit, dass die Lithium-Ion-Technologie für die Automobil-Industrie immer wichtiger wird. Wir entwickeln Diagnose-Systeme, die erkennen, dass eine Batterie an einer Zelle zu stark gealtert ist. Für Speicher, die sehr groß sind und vor allem für die Energie-Versorgung eingesetzt werden sollen, ist das wichtig. Dafür hängen an jeder einzelnen Zelle einer Batterie Messstrippen wie in einer Kette. Mit Methoden der künstlichen Intelligenz versuchen wir jetzt zu erforschen, ob Muster erkennbar sind, die den Ausfall einer Zelle andeuten. Das ist ein sehr spannendes Thema, weil es nicht nur Mess- und Schaltungstechnik beinhaltet, sondern auch Querschnitts-Disziplinen aus anderen Bereichen dort eindringen, vor allem aus der Informatik. Das ist das Schöne hier an der Fachhochschule Kiel: man sieht, was andere machen, und bekommt Dinge mit, die einem vielleicht weiterhelfen können. Das Kollegium an der FH Kiel arbeitet aber auch interdisziplinär. Zum Beispiel arbeiten wir zusammen mit dem Fachbereich Soziale Arbeit an dem Projekt „Social Robotics“, in dem es um den Einsatz und Umgang von Robotern in der Pflege geht.

Was gefällt Ihnen an ihrem Job als Dekan des Fachbereichs Informatik und Elektrotechnik am besten?

Viele haben grundsätzlich erst einmal Respekt vor diesem Amt, weil man sehr viel reden und überzeugen muss. Ich sehe das als Herausforderung, da man die Möglichkeit hat, etwas zu gestalten. Beispielsweise haben wir den Medieningineur als neuen Studiengang generiert, wofür ich mich mit anderen begeisterten Kolleginnen und Kollegen aus unserem und dem Fachbereich Medien eingesetzt habe – das war ein großer Erfolg. Es freut mich, dass wir so etwas hingekriegt haben, das ist nicht selbstverständlich. Als Dekan lernt man die Hochschule von oben bis unten kennen. Ich glaube das Wichtigste ist, dass man engagiert ist und authentisch bleibt, während das große Ziel sein sollte, die Hochschule mit dem eigenen Engagement nach vorne zu bringen.

Wie lauten Ihre persönlichen Ziele für die Zukunft an der Fachhochschule Kiel?

Dieses Jahr ist mein sechstes im Dekanat, der Job ist ja bekanntlich ein Amt auf Zeit. Das finde ich auch gut, damit nach gewisser Zeit auch mal wieder jemand anderes Ideen verwirklichen kann. Ich sehe nach wie vor meine Zukunft darin, gute Lehre zu machen, sowie angewandte Forschung zu betreiben, denn Forschung mit Lehre zu verbinden, muss der Fokus an der Fachhochschule sein. Vor allem die Energiewende wird uns in den nächsten Jahren hier stark beschäftigen, da habe ich richtig Lust drauf. Ich denke, das Thema wird in naher Zukunft eine ganze Menge an Lerneffekten bedeuten. Wenn die Menschen bei regenerativer Energie mitmachen, wäre das eine tolle Zukunftsvision, für die vor allem Techniker gefragt sind. Wir haben das Glück, dass in diesem Bereich gerade ein Aufschwung stattfindet, der die ingenieurswissenschaftlichen Studiengänge vielleicht für manche attraktiver macht.

Im Laufe Ihres Werdegangs haben Sie mit Sicherheit einige wertvolle Erfahrungen sammeln können. Was würden Sie Erstsemester-Studierenden der Ingenieurswissenschaften oder Studieninteressierten mit auf den Weg geben?

Ich will es nicht verheimlichen, dass das Studium in gewisser Weise schwer ist und man etwas tun muss. Manchmal braucht es einfach ein bisschen Zeit, aber wenn grundsätzlich Interesse besteht, ist es machbar – man muss es eben auch wollen! Studierende müssen lernen, gewisse Sachverhalte zu verstehen und sie auf neue Situationen anwenden zu können. Manchmal steht man etwas hilflos da, doch das ist etwas, was Ingenieurinnen und Ingenieure akzeptieren müssen, keiner sagt einem: „Das ist die Lösung!“. Ich sage unseren Studierenden am Anfang immer, dass sie sich manchmal fragen werden: „Warum mache ich das jetzt hier?“. Es ist aber einfach notwendig, zunächst die „Rezepte“, also Grundlagen, beizubringen. Wenn man die ersten beiden Semester absolviert hat, beginnt dann auch schon die fachdisziplinäre Arbeit. Ich empfehle, dass Studierende sich mehr in Gruppen organisieren, nicht als Einzelkämpfer. Gemeinsam kommt man zum Ziel! Nach dem Studium winkt ein kreatives Umfeld, es ist also absolut kein dröger Job. 

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