Vier Personen sitzen an einem Tisch und durchforsten diverse Magazine.© J. Königs

#medieningenieur: Neue Ideen finden im Labor fürs Gehirn

von viel.-Redaktion

Fachhochschule Kiel richtet Labor für interaktives Arbeiten ein

Wie sieht kreatives Arbeiten der Zukunft aus? Wie generieren wir Ideen, wie kommen wir zu neuen Impulsen, die aktuelle Problemstellungen lösen können? Kommen wir nur allein auf gute Ideen oder brauchen wir eine Gruppe, die uns zu ganz neuen Denkvarianten einlädt? Die Fachbereiche Medien und Informatik und Elektrotechnik haben gemeinsam ein modernes und zukunftsorientiertes Fachlabor eingerichtet, um einen neuen Ideenfindungsprozess zu etablieren und Antworten auf diese Fragen zu finden. Die viel. war zu Besuch im MindLab.

Arbeiten im MindLab

In Gebäude 12 im Raum 2.71 im zweiten Stock rauchen die Köpfe. Das MindLab ist heute früh in vollem Gange. Die Studierenden des Wahlpflichtmoduls Visuelle Kommunikation diskutieren darüber, wie die Zukunft des Publikumsmagazins aussehen könnte. Zwischen Whiteboards, Beamern, Stehtischen, Präsentationstafeln und abgeteilten Räumhälften arbeiten sie in Gruppen daran, ihre Vorstellungen zu visualisieren. Zunächst geht es darum, den anderen Gruppenmitgliedern klarzumachen, was man unter dem Begriff Zeitschrift eigentlich versteht. Mit Post-It Notes, Markern und gedruckten Zeitschriften wird ausprobiert, beobachtet, besprochen, verworfen, neu formuliert und konzipiert. Zum Schluss steht ein Prototyp eines Konsumenten fest, dessen Bedürfnisse durch die verschiedenen Zeitschriftenideen befriedigt werden können.

Moderner Co-Working-Raum mit Potenzial 

Professorin Heidi Kjär und Petra Langmaack aus dem Fachbereich Medien haben das Modul Visuelle Kommunikation konzipiert, das im MindLab stattfindet und ein Beispiel dafür ist, wie in diesem Raum gearbeitet werden kann. „Der Raum ist vor rund eineinhalb Jahren entstanden, um die statischen Räume mit den geraden Tischreihen, in denen man sich kaum neue Lehrmethoden überlegen kann, zu ergänzen“, erklärt Heidi Kjär, die am Fachbereich Medien für Mediendesign und Bildkommunikation zuständig ist. Im Fokus des Raums steht das flexible Mobiliar, das an einen Coworking Space oder das Büro eines Start Ups erinnert. „Deswegen heißt der Raum auch MindLab“, sagt Kjär. „Man braucht keine tatsächlichen Geräte wie in technischen Laboren. Hier haben wir das Labor für das Gehirn.“

Design Thinking im MindLab

Im Design Thinking heißt ein solcher Raum Open Brain. „Der Prozess Design Thinking besagt, dass Probleme ideal gelöst werden können, wenn unterschiedliche Menschen in einem Umfeld zusammenkommen, das die Kreativität fördert und flexibel ist wie das echte Leben. Viele verschiedene Köpfe bringen Genialität hervor“, erklärt Kjär. „Man kann es sich so vorstellen: Das, was ich im Kopf habe, sehen die anderen nicht. Ich kann auch nicht davon ausgehen, dass das, was ich im Kopf habe, dem entspricht, was der andere denkt. Wenn man sich also darüber unterhält, was eine Zeitschrift ist, hat jeder seine eigene Vorstellung.“ Hier kommt das MindLab ins Spiel: Der Raum ermöglicht es den Studierenden, die eigenen Vorstellungen mit Hilfe der Einrichtung sichtbar zu machen und mit anderen zu teilen. „Da hilft es schon, wenn man die Stühle wegnimmt und alle stehen. In der Schule ist sitzen bleiben ja ein Synonym für Ich komme nicht weiter. Das soll hier aufgehoben werden“, sagt Kjär.

Ziele des MindLabs 

Das MindLab steht für Innovationsentwicklung. Innovative Impulse lassen etwas Neues entstehen, dass das Altvertraute und Alltägliche ablöst. Je heterogener eine Gruppe Denkender im MindLab zusammenkommt, desto größere Ideenfunken entstehen. Mit einem anschaulichen Beispiel macht Kjär deutlich, wie eine MindLab-Problemlösung aussehen kann:

„Wir haben einen Notfallpatienten im Krankenhaus. Er ist verletzt und hat Angst. Im Krankenhaus denkt man sich: Streichen wir die Wände hellgelb, hängen hübsche Bilder auf und lassen die Kittel weg, dann nehmen wir den Patienten die Angst. Die reale Situation sieht aber anders aus: Der Patient liegt auf der Trage, wird durch die Flure gerollt und sieht nichts von gelben Wänden, sondern nur Decken voller Rohre, Schilder und grellen Lichtern. Das macht Angst. Und hier setzen die Ideenfindung an: Man versetzt sich in die Situation hinein, probiert aus, wie es ist, auf der Trage zu liegen und beobachtet das eigene Verhalten und Denken. So entstanden die Ideen, den Patienten spezielle Schutzhauben mit beruhigender Musik aufzuziehen oder ihnen einen Monitor zur Verfügung zu stellen, auf dem sie ihre Lieblingsserie schauen können.“

Medieningenieurinnen und Medieningenieure im MindLab

Die Studierenden, die heute im MindLab an der Zukunft der Zeitschrift arbeiten, kommen aus dem Studiengang Multimedia Production und studieren in den höheren Semestern. Sie nutzen das MindLab, um das Studienangebot im Bereich Gestaltung, Layout, Fotografie und Editorial Design auszuweiten und ihre Denkweise zu bereichern. Doch nicht nur der Fachbereich Medien profitiert vom neuen MindLab. „Der Raum ist im Vorgriff auf unseren neuen Studiengang Medieningenieur entstanden“, erzählt Heidi Kjär. „Der Fachbereich IuE bekommt so die Möglichkeit, noch mehr interessierte Studierende zu gewinnen.“ Die Verknüpfung zum Design Thinking und damit zur offenen Herangehensweise durch das MindLab mache den Studiengang Medieningenieur/-in auch besonders für Frauen attraktiv. „Der Fachbereich IuE kann Leute erwischen, die sagen, dass sie nicht der klassische Nerd sind, der vollkommen in der Technik aufgeht, sondern Menschen, die auch andere Interessen haben.“ Es brauche Menschen, die nicht nur Algorithmen entwickeln und tolle Maschinen bauen können, sondern auch solche, die erklären können, worum es bei der digitalen Zukunft konkret geht, sagt Kjär.

Welche Projekte im MindLab entstehen können 

„Beispielsweise brauchen die selbstfahrenden Autos ein Kommunikationsmedium, schließlich sollen wir als Fahrer verstehen, was die Wagen mitteilen. Wie tun die Autos das denn? Medieningenieure können hier im MindLab zusammenkommen und entwickeln, wie das autonome Auto kommunizieren könnte“, erklärt die Professorin. „Ein reiner Techniker hat andere Interessen als die Mutter dreier Kinder, die dann mit dem autonomen Auto einkaufen fährt. Deswegen sollen die Sichtweisen möglichst vieler Personengruppen in die Entwicklung einfließen. An dieser Schnittstelle sehen wir die Medieningenieure, die beide Sprachen sprechen und im MindLab anwenden können.“

Wissen austauschen, interagieren, visualisieren, entwerfen, beoabchten und erforschen: Die ungewöhnliche Denk- und Arbeitsweise im MindLab ist eindeutig ein Prozess, der den Raum für neue Möglichkeiten öffnet.

Julia Königs

© Fachhochschule Kiel