Ein Whatsapp-Chat, in dem steht: "Text me when you get home".© Instagram/ Lucy Mountain

„Schreib mir, wenn du zuhause bist.“

von Kristina Langhof

„Text me when you get home“ - schreib mir, wenn du zuhause bist, heißt es in dem Instagram-Post der Engländerin Lucy Mountain, der seit vergangenem Donnerstag über zwei Millionen Mal mit „Gefällt-mir“ markiert wurde. Der Post entstand nach dem Mord an der 33-jährigen Sarah Everard in London und macht darauf aufmerksam, wie viele Frauen sich unwohl fühlen, wenn sie nachts alleine nach Hause gehen und dass es unter Freundinnen selbstverständlich ist, Bescheid zu sagen, wenn man sicher angekommen ist. Der Vorfall hat in England eine Debatte ausgelöst. Zuvor hatte die Londoner Polizei allen Frauen geraten, nachts nicht mehr alleine aus dem Haus zu gehen. Daraufhin schlug die Politikerin Jenny Jones vor, eine Ausgangssperre für Männer einzurichten. Dies stieß (hauptsächlich) bei Männern auf großen Protest. Die Politikerin stellte wenig später klar, dass der Vorschlag lediglich zeigen sollte, wie selbstverständlich es ist, darüber zu diskutieren, was Frauen tun und lassen sollten, das dies aber nicht gilt, wenn es darum geht, was Männer machen oder nicht machen sollten.

Wenn Frauen über Feminismus sprechen, kommt von Männern oft der Kommentar: „Nicht schon wieder das Thema“. Und sowieso, als Mann könne man ja auch gar kein Feminist sein. Es scheint, als würde das Wort Feminismus einigen Männern Angst machen oder ihnen das Gefühl geben, dass ihnen etwas weggenommen wird. Ein verbreitetes Missverständnis ist auch, dass das Ziel von Feminismus sei, Männer zu unterdrücken. Genau da fängt das Problem an. Feminismus setzt sich für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ein. Nicht dafür, dass die Frauen die Weltherrschaft an sich reißen und alle Männer einsperren. „Wir leben in Deutschland, da sind Frauen doch gleichberechtigt“ ist auch unter den Top-10 Anti-Feminismus-Kommentaren. Stimmt, wir leben in Deutschland. Aber warum wurde uns in der Schule gesagt „Für ein Mädchen spielst du ja gut Fußball“? Warum laufen wir beim Joggen einen Umweg, um nicht nochmal an der Männergruppe vorbeilaufen zu müssen, die uns eben schon hinterhergepfiffen hat? Warum müssen wir uns Kommentare anhören wie: „Naja Frauen wird ja prinzipiell eher zugestimmt. Gerade, wenn sie hübsch sind (zwinker)“? Vermutlich, weil wir so gleichberechtig sind, richtig. Aber naja, vielleicht stellen wir uns auch einfach nur an. Ich meine, wenn jede meiner Freundinnen auf Anhieb Beispiele nennen kann, in denen sie von einem Mann verbal oder körperlich belästigt wurde, ist das vermutlich einfach Zufall, oder?

„Nicht schon wieder das Thema“. Als Frau hat man auch keine Lust mehr, darüber zu diskutieren. Wir sind auch müde, immer wieder erklären zu müssen, warum jeder Mann, der uns auf dem Nachhauseweg entgegenkommt, eine potenzielle Gefahr darstellt. Und natürlich ist nicht jeder Mann gefährlich oder hat böse Absichten. Aber gerade Männer und Jungs, die „nicht so“ sind, sollten mehr dafür tun, dass wir uns als Frauen sicher fühlen. Es reicht nicht, selber nicht so zu sein. Bringt eure Freundinnen nach Hause, ruft sie an, wenn sie alleine unterwegs sind, sprecht mit euren Freunden, wenn ihr Verhalten gegenüber Frauen nicht in Ordnung war, wechselt die Straßenseite, wenn euch nachts eine Frau entgegenkommt und hört zu, wenn Frauen von negativen Erfahrungen erzählen. Auch ihr könnt und solltet Feministen sein.

Viele junge Männer sagen, dass, falls sie mal eine Tochter haben, diese nie einen Freund haben soll. Sie wüssten schließlich, wie manche Männer ticken. Ich finde, das ist genauso wie zu sagen, Frauen sollen doch einfach nicht rausgehen, wenn sie sich dabei unwohl fühlen. Soll das die Lösung sein? Oder können Männer einen Beitrag dazu leisten, dass sich ihre Töchter später sicher fühlen, wenn sie nachts alleine nach Hause gehen? 

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