Mann am Wasser© C. Viering

Studentischer Dokumentarfilm über Island erhält Förderung

von Aenne Boye

Island hat als beliebtes Reiseziel mit den Vor- und Nachteilen des Massentourismus zu kämpfen. Die Multimedia-Production-Studenten Carlos Viering (26) und Tom Köhn (22) sowie Mediengestalter Niklas Christensen (23) möchten mit „Projekt Island“ (die viel.-Redaktion berichtete bereits) ein Bewusstsein für dieses Problem schaffen. Geplant sind ein 90-minütiger Dokumentarfilm und ein Making-of. Nachdem 2017 bei ihrer Crowdfunding-Kampagne nicht genügend Geld für das Projekt zusammenkam, erhielten sie im Oktober 2018 die Zusage für 10.000 Euro von der Filmwerkstatt Kiel | Filmförderung Schleswig-Holstein und Hamburg. Vom 2. Juli bis zum 1. August 2019 reisen die Drei für die Dreharbeiten nach Island. 2020 soll der Film Premiere im Studiofilmtheater in Kiel feiern.

Bis zur Abreise ist noch viel zu tun. Seit ihre Förderung steht, sind die Filmemacher auf der Suche nach Interviewpartner*innen und Geschichten. Über soziale Medien haben sie Kontakt mit Isländerinnen und Isländern aufgenommen. „Unser Ziel ist es, Aspekte zu entdecken, die wir über Google nicht herausfinden können. Das funktioniert bisher gar nicht schlecht. Wir merken, dass vielen Bewohnern dort das Thema Tourismus auf der Seele brennt“, erzählt Carlos. Er hat selber 2017 Urlaub in Island gemacht und hat sein Bild über die Insel revidieren müssen. Vor seiner Reise assoziierte er Island mit Einsamkeit und unberührter Natur. „Teilweise hat die Realität mit Einsamkeit – besonders im Süden der Insel – gar nichts zu tun“, schildert er. An einigen Orten hatte Carlos das Gefühl, sich anstellen zu müssen, um ein Foto zu machen. Außerdem ließen viele Touristen ihren Müll einfach an Ort und Stelle liegen. Trotz dieser Problematik war der Filmemacher begeistert von der Insel, so dass ihm die Idee kam, einen Dokumentarfilm über den Massentourimus zu drehen.

Video: Carlos Viering

Ein Problem, dass die Drei auch in ihrem Film ansprechen werden, sind die steigenden Mietpreise auf Island. Beispielsweise können sich Studierende in Reykjavík die Wohnungen kaum mehr leisten, weil Eigentümer ihre Immobilien lieber kurzfristig an Touristen über Vermietungs-Plattformen wie Airbnb vermieten als an Einheimische. Mehr Themen möchte das Team noch nicht verraten. Der Dokumentarfilm soll eine Überraschung werden. „Uns ist bewusst, dass alles noch sehr vage ist. Bei einer Dokumentation wie dieser ist es nicht möglich, vorauszusagen, was man vor die Linse kriegt“, bekräftigt Tom.

Auf die Idee, „Projekt Island“ bei der Filmförderung Schleswig-Holstein und Hamburg einzureichen, sind die Filmemacher erst auf den zweiten Blick gekommen. „Wir hatten die Filmförderung nicht so richtig auf dem Kieker, weil wir die Richtlinien am Anfang falsch verstanden haben. Wir dachten, dass der Film in Schleswig-Holstein spielen muss. Das stimmt allerdings nicht. Es reicht schon, wenn wir als Filmemacher hier wohnen oder die Postproduktion hier stattfindet“, berichtet Tom. Am Ende dann die gute Nachricht: „Projekt Island“ erhält die Förderung in Höhe von 10.000 Euro. Das Projekt ist nicht gewinnorientiert. Die Summe deckt nur die Produktions- und Reisekosten, ihr Vorhaben ist eher ein „Leidenschaftsprojekt“. Die Kalkulation, die die Filmemacher für den Antrag auf Filmförderung eingereicht haben, betrug 50.000 Euro. „Da waren unsere Löhne und Equipment mit eingerechnet. Davon haben wir dann die Leistungen unserer Sponsoren, unser Gehalt und die Mietkosten für das Equipment abgezogen und es sind 10.000 Euro übriggeblieben, die wir brauchen, um unsere Reisekosten zu decken. Wir benutzen unser eigenes Equipment und verdienen gar nichts. Das war aber auch so geplant“, sagt Carlos.

Die rund 3.000 Euro, die bei der Crowdfunding-Kampagne zusammenkamen, sind an die Spender zurückgegangen. Das gesetzte Ziel betrug 9.500 Euro. „So sind die Regeln bei startnext/dem Crowdfunding-Portal, wenn man das Budget nicht erreicht, muss man die Summe zurückzahlen“, erklärt Carlos. „Wir haben schon ein bisschen damit gerechnet, dass wir das Geld nicht zusammenbekommen. Da wir das Projekt vorfinanzieren lassen, haben wir noch gar nichts, was wir vorzeigen können. Projekte, die schon über Material verfügen und etwas vorzeigen können, haben es da einfacher, Kapital zu bekommen.“

Sogar ihre Anreise haben die Drei versucht, möglichst nachhaltig zu planen. Bereits im Oktober haben sie die Fähre von der dänischen Hafenstadt Hirtshals nach Island gebucht. Obwohl die Anfahrt so teurer ist und länger dauert. Drei Tage brauchen sie mit dem Schiff – mit dem Flugzeug wären es gerade mal vier Stunden gewesen. Die Non-Profit-Organisation „atmosfair“ hat den CO2-Abdruck für die An- und Abreise nach Island ausgerechnet. Dadurch, dass sie nicht fliegen, sondern mit der Fähre fahren, haben sie zwei Tonnen CO2-Emission eingespart. Durch die Überfahrt haben sie zudem die Möglichkeit, ihr Auto mitzunehmen, das ihnen die Firma Leonhardt Kraftfahrzeugteile GmbH für die Zeit zur Verfügung stellt.

Wer das Projekt unterstützen oder sich weitergehend informieren möchte, kann über info(at)projekt-island.de Kontakt zu den Filmemachern aufnehmen. Dadurch, dass „Projekt Island“ nun von der Filmwerkstatt Kiel | Filmförderung Schleswig-Holstein und Hamburg finanziert wird, können sie allerdings erst einmal keine weiteren Spenden entgegennehmen. Geplant ist, dass der Film 2020 bei der Premiere im Studiofilmtheater in Kiel, im Internet, auf Filmfestivals, auf DVD und als Blu-Ray veröffentlicht wird. Außerdem ist ein Buch in Planung.

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