Belastungstest von Betonbauteilen mit Basaltfaserstabbewehrung am Institut für Bauwesen der FH Kiel (Foto: Görtz/FH Kiel)© S. Görtz
Belastungstests von Betonbauteilen mit der Basaltfaserstabbewehrung am Institut für Bauwesen der FH Kiel (Fotos: Görtz/FH Kiel)

FH Kiel und HS München entwickeln nachhaltige und langlebige Brückenkappen

von Frauke Schäfer

Die Fachhochschule Kiel und die Hochschule München entwickeln gemeinsam mit den Industriepartnern Deutsche Basalt Stab GmbH und Erdtrans GmbH nachhaltige und dauerhafte Brückenkappen. Diese sollen aus Recyclingbeton und einer nichtmetallischen und deshalb nichtrostenden Bewehrung aus Basaltfasern bestehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das zweijährige Forschungs- und Transferprojekt mit einer Gesamtsumme von 880.000 Euro.

Etwa 39.500 Brücken gibt es im Netz der Bundesfernstraßen, die meisten von ihnen wurden im Zeitraum von 1965 bis 1985 gebaut. Viele dieser Bauwerke sind in einem schlechten Zustand. Die Kosten der dringendsten Instandsetzungen von rund 5.200 Brückenbauwerken beziffert die Bundesregierung auf rund 9,3 Mrd. Euro. Neben dem stetig wachsenden Schwerlastverkehr setzt den Brücken vor allem die Bewehrungskorrosion des Betonstahls zu. Aufgrund des Tausalzeintrages in den Frostperioden sind die seitlichen Brückenkappen besonders anfällig. Auf ihnen sind Geh- oder Radwege, Geländer, Leitplanken und Lärmschutzeinrichtungen untergebracht. Die Brückenkappen müssen deswegen rund alle 25 Jahre ausgetauscht werden.

Langlebiger könnten Betonbauteile sein, die nicht mit Stahl, sondern mit nichtrostender Bewehrung aus Basaltfasern bewehrt sind. Solche Bewehrungsstäbe hat die Deutsche Basalt Stab GmbH entwickelt. Die Stäbe bestehen aus hochfesten Basaltfasern, die aus aufgeschmolzenen Basaltgestein gewonnen werden. Die Fasern aus dem vulkanischen Gestein, erklärt Stefan Burgard, Geschäftsführer der Deutsche Basalt Stab GmbH, weisen viele Vorteile auf: „Basalt ist in ausreichendem Maße vorhanden, die Fasern lassen sich vergleichsweise kostengünstig herstellen und weisen Festigkeiten von etwa dem Vierfachen von konventionellem Betonstahl auf.“

Prof. Dr. Stephan Görtz von der Fachhochschule Kiel beschäftigt sich seit längerem mit den Einsatzmöglichkeiten von Betonbauteilen mit nichtmetallischer Bewehrung. So begleitete er beispielsweise die erste Anwendung von statisch tragender Bewehrung aus glasfaserverstärktem Kunststoff in Deutschland bei einer Tunnelbaugrube im Zuge der Erstellung des U-Bahnhofs Brandenburger Tor in Berlin. Am Institut für Bauwesen hat er die Tragfähigkeit von Betonbauteilen mit den Stäben der Deutschen Basalt Stab GmbH untersucht. „In Voruntersuchungen konnten wir die generelle Tragfähigkeit des Verbundbaustoffs bestätigten. Die Bauteile weisen sowohl eine gute Tragfähigkeit als auch eine gute Verformungsfähigkeit aus. Jetzt geht es darum, die Bewehrung konstruktiv so auszubilden, dass praxisgerechte Bauteile entstehen können.“ Eine besondere Herausforderung, so Prof. Görtz, stelle die komplizierte Bewehrungsform der Brückenkappen dar, weil die Tragfähigkeit der Stäbe in den Eckpunkten bzw. gebogenen Teilen oft reduziert wird. Die Deutsche Basaltstab GmbH entwickelt die Bewehrungselemente, die FH Kiel erforscht deren Tragverhalten.

Am Institut für Material- und Bauforschung der Fakultät für Bauingenieurwesen der Hochschule München konnte die Möglichkeit der Instandsetzung von Betonfassadenelementen mit Basaltfaserstabbewehrung bereits erfolgreich nachgewiesen werden. Innerhalb des aktuellen Forschungs- und Transferprojekts befassen sich die Projektpartner der Hochschule München, Prof. Dr. Andrea Kustermann und Prof. Dr. Christoph Dauberschmidt, aber mit dem Beton selbst. Denn auch dieser wird indenBrückenkappen durch Frost und den Einsatz von Tausalz angegriffen. Die Fachleute aus München wollen den Beton nicht nur widerstandsfähig, sondern auch nachhaltig machen: Neben dem Einsatz der nichtmetallischen Bewehrung soll der Baustoff möglichst mit 100 Prozent recycelter Gesteinskörnung hergestellt werden. „In ersten Praxisversuchen konnten wir Recyclingbeton mit 100 Prozent recycelter Gesteinskörnung Festigkeiten über 30 N/mm² erreichen und dennoch akzeptable Dauerhaftigkeitseigenschaften aufzeigen“, erläutert Prof. Dr. Kustermann. Überdies wird versucht, den bisher überwiegend deponierten recycelten Sand aufzubereiten und mit ihm den Zement teilweise zu substituieren. Gemeinsam mit dem vierten Projektpartner, der Erdtrans GmbH, einem Abbruchunternehmen aus Zossen bei Berlin, soll so ein sehr ressourcenschonender und damit klimafreundlicher Beton hergestellt werden. Für die gleichbleibende Qualität des Betonabbruchs wollen die Forscher*innen ein spezielles Aufbereitungsverfahren entwickeln. Aktuell ist der zulässige Einsatz an recycelter Gesteinskörnung in Beton in Deutschland auf maximal 45 Prozent der gesamten Körnung begrenzt und die tatsächliche projektbezogene Anwendung noch sehr gering.

In Zusammenarbeit der vier Partner soll ein Betonbauteil entstehen, das sowohl dauerhaft als auch - vor allem im Hinblick auf den Ressourcenverbrauch - sehr nachhaltig ist. Die Wissenschaftler*innen streben danach, dieses Konzept auch auf andere Bauteile zu übertragen.

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