Blick ins Foyer des Audimax an der FH Kiel am Tag der Lehre© A. Wimber
Der Tag der Lehre wurde in diesem Jahr erstmals von einem Fachbereich organisiert.

Lehre noch besser machen

von Ann-Christin Wimber

Die Lehre stetig zu verbessern – das ist eine der größten Herausforderungen und zugleich eines der wichtigsten Ziele der FH Kiel. Aus diesem Grund gibt es den Tag der Lehre. Bereits zum 8. Mal fand er am Montag, den 06. Mai 2024, statt. Erstmals lud nicht das Präsidium oder das Zentrum für Lernen und Lehrentwicklung (ZLL) zu dieser Möglichkeit zum interdisziplinären Vernetzen und zur Weiterbildung ein, sondern ein Fachbereich – denn Präsidium und ZLL erhoffen sich so, mehr Themen aus der Perspektive der Fachbereiche aufzugreifen. Den Anfang machte der Fachbereich Maschinenwesen.

In diesem Jahr ging es vor allem um den Umgang mit herausfordernden Modulen – ein Thema, das alle Lehrenden an der Hochschule umtreibt, hoffte Prof. Dr.-Ing. Jürgen Mallon, Dekan des Fachbereichs und Organisator. Die Anmeldezahlen scheinen ihm Recht zu geben: 55 Anmeldungen waren bei ihm eingegangen. „Wir haben uns gefragt: Warum studieren immer weniger Schulabgänger technische Fächer? Welche Herausforderungen sehen potenzielle Studierende, und wie begegnen wir ihnen?“  

 

Blick in einen Workshop am Tag der Lehre 2024 an der FH Kiel©A. Wimber
Wie die Erwartungen der Studierenden erfüllt und gleichzeitig wissenschaftliche Praxis und Kompetenzen für die berufliche Zukunft vermittelt werden können, war zentrale Frage in einem der Workshops.

 

Mit einem Best-Practice-Beispiel aus der Praxis startete der Tag der Lehre am späten Vormittag. Prof. Dr.-Ing. Maren Petersen, Vizepräsidentin an der Universität Bremen, berichtete dem interessierten Publikum, wie die Hochschule ihren neuen Bachelorstudiengang Maschinenbau und Verfahrenstechnik konzipiert hat. Bei der Neukonzeption haben Petersen und ihre Kolleginnen und Kollegen das gesamte Curriculum auf den Prüfstand gestellt: Sie haben Unternehmen, Studierende und Verbände nach ihren Erwartungen befragt. Sie zogen die neue Studierenden-Generation mit andersgelagerten Kenntnissen und Qualifikationen als noch vor ein paar Jahren in Betracht und dachten die Lehre vom Ziel her, qualifizierte Maschinenbauer für eine sich wandelnde Branche auszubilden. „Wir wollten neben der Wissensvermittlung auch darauf setzen, das Verstehen zu fördern“, sagte Petersen. Als eine der Schlüsselqualifikationen kam dabei heraus, dass die Studierenden in der Lage sein sollten, fachliche Problemstellungen und deren Lösungen auch Laien erklären zu können. Zudem wurden Basis-Module, wie Mathematik, zu den relevanten Zeiten in die Vorlesungen eingebunden. Mehr Praxisbezug schafften Petersen und ihr Team, indem sie fachübergreifende Demonstratoren in das Curriculum integrierten, um mehr Zusammenhangswissen und die Fähigkeit zum Wissenstransfer zu etablieren. Die Studierenden wurden in den Gestaltungsprozess ebenfalls einbezogen. So wurde die Semesteranzahl von sieben auf sechs Semester reduziert, um BAföG-konform zu sein und sich in das universitätsweite 6-4-System für Bachelor und Master einzufügen. Zusätzlich wurde eine wöchentliche Gesprächsrunde, das MuV-Café, angeboten, zu der die Studierenden mit ihren Anregungen und Problemen kommen konnten. Die anschließende Fragerunde wurde intensiv genutzt, so dass die geplante Fish-Bowl-Diskussion mit wechselnden Teilnehmenden fast zu kurz kam.

Nach einer kurzen Pause verteilten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf vier Workshops. „Wir haben natürlich gehofft, dass unser Thema auch in den anderen Fachbereichen Anklang findet“, sagte Mallon. „Deshalb werten wir es als großen Erfolg, dass heute tatsächlich Kolleginnen und Kollegen aus allen Fachbereichen hier vertreten sind.“ Um diesen interdisziplinären Gedanken zu unterstreichen, hat das Organisationsteam für die Workshops eine Doppelspitze gebildet. Die Ideen für die Inhalte, so Mallon, kamen meist von den Leiterinnen und Leitern selbst. So ging es Prof. Dr. Eckhard Wellbrock (FB Maschinenwesen) und Prof. Dr. Marita Sperga (FB Soziale Arbeit und Gesundheit) um die Frage, wie die Erwartungen der Studierenden erfüllt und gleichzeitig wissenschaftliche Praxis und Kompetenzen für die berufliche Zukunft vermittelt werden können. („Bestimmung von Studiengangs- und Modulzeiten im Kontext beruflicher Kompetenzanforderungen“). „Mir geht es in diesem Workshop darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Verantwortung ich als Lehrende gegenüber den Studierenden und auch gegenüber den Unternehmen habe. Wir schauen wenig auf das Ziel [wie Prof. Dr. Petersen berichtete] und ich erwarte, dass ich am Ende des Tages tatsächlich mehr darüber weiß“, berichtete Prof. Dr. Heidi Kjär (FB Medien).

Workshop Nummer zwei beschäftigte sich ebenfalls mit einem in der Key Note angesprochenen Thema: der transparenten Gestaltung von Prüfungen in Studienmodulen. Dr. Kerstin Nolte (Zentralverwaltung) und Prof. Dr. Fabian Lamp (FB Soziale Arbeit und Gesundheit) schauten dabei genauer auf das Beispiel des Constructive Alignements, einem didaktischen Prinzip für alle Lehr-/Lernumgebungen formalen Lernens. Prof. Dr. Andreas Luczak (FB Informatik und Elektrotechnik) ging es bei seiner Teilnahme um Inspiration: „An unserem Fachbereich legen wir Module auch übergreifend zusammen, und wir fragen uns, wie das praktikabel, fair und umsetzbar geschehen kann.“

 

Blick in einen Workshop am Tag der Lehre 2024 an der FH Kiel©A. Wimber
Wie Studieninhalte noch besser über Semester hinweg ineinander greifen können, wurde in einem weiteren Workshop diskutiert.

 

Der dritte Workshop „Einordnung anspruchsvoller Studieninhalte in semesterübergreifende Kompetenzpfade“ wurde von Prof. Dr.-Ing. Hanno Kallies (FB Informatik und Elektrotechnik) und Dr. Christiane Metzger (ZLL) geleitet. Einer der Teilnehmer war Jan Jürgens, selbst noch Student, Lehrbeauftragter für Ingenieurinformatik und Mitarbeiter beim Förde-Kompass. Er kritisierte, dass viele Module in der Lehre an der Fachhochschule noch für sich stehen. Er wünscht sich mehr Struktur und einen roten Faden, der sich von den Grundlagen bis zur Vertiefung durchzieht. „Während des Workshops haben wir einen Eindruck davon bekommen, welche Potenziale wir noch haben“, sagte er.

Ein großer Kreis von Teilnehmenden versammelte sich im Audimax, um mit Prof. Dr.-Ing. Jörn Kröger (FB Maschinenwesen) und Dr. Mareike Kobarg (ZLL) darüber zu reden, wie sich Studienmodule motivierend strukturieren lassen, und gegebenenfalls Anwendungsbeispiele zu finden. „Es ist gut zu sehen, dass man mit seinen Herausforderungen nicht alleine ist“, meinte Prof. Dr.-Ing. Bernd Finkemeyer nach der ersten Phase der Workshops. „Ich mache selbst fallbasierte Lehre und möchte mir hier heute Anregungen holen.“

Der Austausch zum Tag der Lehre reichte in diesem Jahr sogar über die Hochschule hinaus. So war nicht nur Petersen von der Uni Bremen an die FH Kiel gekommen. Auch zwei Lehrende der HAW Hamburg waren dabei, wo der Fachbereich Technik und Informatik mit dem Studiengang One World Engineering  einen projektorientierten Studiengang geschaffen hat. „Was uns bewegt, bewegt auch die anderen Hochschulen“, sagte Mallon. „Wir haben die gleichen Herausforderungen, und deshalb ist es wichtig, dass wir uns vernetzen.“ Nur im Austausch könne man voneinander lernen. Und man lernt bekanntlich nie aus.

© Fachhochschule Kiel