Seine Begeisterung für Roboter entwickelte Dr.-Ing. Bernd Finkemeyer schon früh und schrieb später auch seine Dissertation zu einem Thema aus der Robotik. Nach einem siebenjährigen Ausflug in die Privatwirtschaft ist er seit 2012 Professor am Fachbereich Maschinenwesen der Fachhochschule Kiel. Seine Schwerpunkte sind die Themen Robotik, Steuerungs- und Regelungstechnik, Embedded Software und Elektrische Antriebstechnik.
Herr Finkemeyer, Sie haben an der TU Braunschweig Elektrotechnik mit der Vertiefungsrichtung ‚Mess-, Regelungs- und Automatisierungstechnik‘ studiert. Kommt da ihr Interesse für Robotik her?
Das Themenfeld Robotik hatte ich tatsächlich schon bei der Schwerpunktwahl im Hinterkopf. Ich fand Roboter aber schon immer spannend. Die Faszination ist nicht zuletzt auch durch Science-Fiction-Serien entstanden.
Interessant, welche Serie hat sie denn besonders fasziniert?
Ich habe schon als Kind Star Trek geschaut. Auch später im Studium habe ich mich mit Kommiliton*innen verabredet, nur um diese Serie zu gucken.
Wann fassten Sie den Entschluss, in Bereich Robotik forschen zu wollen?
Das war während des Studiums. Ich bin ein kreativer Mensch. Als Hobbymusiker wollte ich die Kreativität auch im Feld Robotik einsetzen. Ich wollte schaffen und nicht nur projektieren. Und als meine Noten dann auch noch besser wurden, war mir klar, dass ich noch promovieren wollte. Durch die guten Noten war ich mir sicher, dass kein Professor mich für meinen Wunsch der Promotion auslachen würde (lacht).
War die Annahme berechtigt?
Ja. Beim Bewerbungsgespräch hat mich der Doktor-Vater gefragt, warum ich promovieren möchte. Ich habe gesagt: ‚Ich möchte mir nicht Gedanken darüber machen, ob ich beispielsweise bei einem Fön den Rotor quer oder längs einbaue. Ich möchte auf die Idee kommen, einen Rotor in einen Fön einzubauen.‘ Ich will mir Gedanken um Neues machen und nicht abarbeiten.
Kurz nach Ihrer Dissertation 2004 zum Thema „Robotersteuerungsarchitektur auf der Basis von Aktionsprimitiven“, haben Sie unter anderem bei der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der KUKA AG in Augsburg gearbeitet – ein führendes Unternehmen im Bereich Industrierobotik. Wie hat es Ihnen dort im Vergleich zur Hochschule gefallen?
Ich habe dort sehr viel gelernt. Die Arbeitsmotivation war dort eine andere und nicht rein intrinsisch. Man muss sich anders durchsetzen. Es war eine bereichernde Erfahrung, was Führungskompetenzen, Budget-Verantwortung und Personalverantwortung anging. Alles in allem, ein anderer Schnack. Ich möchte aber nicht bewerten, ob es in der Wirtschaft jetzt besser oder schlechter ist, als die Forschung an einer Hochschule.
Nach sieben Jahren in der Privatwirtschaft sind Sie 2012 schließlich Professor an der Fachhochschule Kiel geworden. Klingt wie ein Schnitt. Wie kam es dazu?
In der Industrie bin ich mit der Zeit ins mittlere Management aufgestiegen. Dort hatte ich sehr viel administrative Tätigkeiten. Am Ende habe ich hauptsächlich Folien für Vorstandssitzungen vorbereitet und Budget-Verhandlungen oder Personalgespräche geführt. Die Bodenhaftung zum Technischen ging dabei verloren. Meine eigentliche Profession geriet in den Hintergrund. Daher entstand der Wunsch nach einer Professur. Ich wollte wieder direkt an der Technik Ideen ausarbeiten, zusammen mit Gleichgesinnten, also Studierenden und Kolleg*innen, die sich ebenfalls für die Thematik begeistern. Außerdem haben meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mir zurückgemeldet, ich könne gut erklären. Da habe ich gedacht: ‚Ja, vielleicht sollte ich das professionalisieren.‘
Hat sich das Urteil aus ihrem Umfeld für Sie in der Lehre bestätigt?
(Lacht) Da müssen Sie meine Studierenden fragen. Ich experimentiere viel mit meinen didaktischen Fähigkeiten und hoffe, dass ich ihre Frage irgendwann einmal uneingeschränkt mit ‚Ja!‘ beantworten kann.
Sie sind also 2012 aus Augsburg nach Kiel gegangen. Haben Sie sich an das Kreischen der Möwen gewöhnen können?
Von Augsburg aus betrachtet war Kiel geografisch für mich fast Nordpol (lacht). Der Standort Kiel war eine Grundlage für meine Entscheidung für die Professur an der FH. Ich bin ein Küstenmensch. Schon als Kind und Jugendlicher war ich im Urlaub immer an Nord- und Ostsee. Von daher ist Kiel meine absolute Wunschheimat und ich lebe sehr gerne hier.
Wie ist die FH Kiel denn in Sachen Robotik aufgestellt? Kommen Sie auf Ihre Kosten?
Ja. Grundsätzlich sind wir sehr gut ausgestattet. Ich kann mein Robotik-Labor aufbauen und Roboter kaufen. Durch bewilligte Drittmittel konnte ich das Labor sogar weiter ausbauen. Wir brauchen uns bezüglich der Laborausstattung beispielsweise hinter dem Institut für Robotik und Prozessinformatik der TU Braunschweig, an dem ich promoviert habe, nicht verstecken – und das ist immerhin eine Technische Universität.
Was sind das für Roboter in Ihrem Labor?
Ich habe in meinem Labor sogenannte ‚Cobots‘. Dabei handelt es sich um eine neue Generation Roboter mit einem geringen Eigengewicht (Leichtbauroboter). Sie kennzeichnen sich durch integrierte zusätzliche Sensorik und vor allem durch eine Sicherheitstechnik aus, die im Betrieb einen direkten Kontakt zwischen Mensch und Roboter ohne Schutzzaun ermöglichen. Diese Roboter werden daher auch als sogenannte kollaborative Roboter bezeichnet. Das heißt, es sind Mensch-Roboter-Kollaboration möglich. Mensch und Roboter können gemeinsam im gleichen Arbeitsraum zusammenarbeiten.
Zum Schluss einen Ausblick in die Zukunft: Wann gibt es Roboter im Pflegesektor?
Bis beispielsweise ein Krankenpfleger durch einen Roboter ersetzt wird, ist es noch ein weiter Weg. Aber Roboter, die bei Kraftanwendungen, wie Heben und Wenden von Bettlägerigen unterstützen, werden bereits in den kommenden Jahren in der Pflege Einzug halten. Auch in Bezug auf soziale Aspekte, wie Unterhaltungen oder Service-Leistungen, wie Getränke zu bringen, sehe ich für die kommenden Jahren deutliche Entwicklungen zu mehr Robotik.