Mä­dels, macht euch fi­nan­zi­ell stark!

Mä­dels, macht euch fi­nan­zi­ell stark!

Ein Tref­fen unter Freun­den: Die Mä­nner in der Runde tau­schen sich dar­über aus, wel­che Ak­ti­en sie kau­fen wü­rden oder in wel­chen ETF sie in­ves­tie­ren wol­len. Bei dem Thema schwei­gen die meis­ten Frau­en lie­ber. Sie den­ken, sie hä­tten hier nicht mit­zu­re­den und un­ter­hal­ten sich lie­ber über ty­pi­sche “Frau­en­the­men”. Alles nur ein ver­al­te­tes Kli­schee?

Eine Stu­die des Zen­trum Eu­ro­pä­ischer Wirt­schafts­for­schung (ZEW) Mann­heim, die ge­mein­sam mit dem Glo­bal Fi­nan­ci­al Li­te­r­acy Ex­cel­lence Cen­ter (GFLEC), der Uni­ver­si­tät Gro­nin­gen und der Nie­der­lä­nd­ischen Na­tio­nal­bank DNB er­stellt wurde, fand her­aus, dass sich Frau­en auf dem Ak­ti­en­markt zu­rüc­kha­lten. Das liegt zum einen an dem feh­len­den Wis­sen über Fi­nanz­an­ge­le­gen­hei­ten und zum an­de­ren trau­en sich Frau­en oft we­ni­ger zu. Frau­en, die also über Fi­nanz­wis­sen ver­fu­̈gen, be­wer­ten es oft als zu ge­ring, um es in die Tat um­set­zen.1

Den Stu­den­tin­nen un­se­res Fach­be­reichs ist es wich­tig, mit ihren Fi­nan­zen be­wusst um­zu­ge­hen. Je­doch zeig­te eine qua­li­ta­ti­ve Be­fra­gung, dass die Mehr­heit sich noch keine Ge­dan­ken zu einer lang­fris­ti­gen Geld­an­la­ge ge­macht haben. Auch wenn das Thema als sehr re­le­vant emp­fun­den wird, scheint der Zu­gang als schwie­rig und kom­plex:

„Na­tü­rlich bin ich mir be­wusst, dass es un­zä­hlig viel Li­te­ra­tur, so­wohl auf wis­sen­schaft­li­cher als auch auf „all­tä­gl­icher“ Ebene gibt. Die große Aus­wahl an Blogs, In­sta­gram-Ac­counts, Zeit­schrif­ten und Bu­̈cher macht es mir nicht ge­ra­de leich­ter, einen Ein­stieg zu fin­den. Die In­for­ma­ti­ons­flut kann einen schnell übe­rfo­rdern“, so eine Mas­ter­stu­den­tin im 2. Se­mes­ter der BWL.

Die Be­frag­ten gaben an, dass vor allem der Zeit­man­gel Grund ist, sich nicht tie­fer­ge­hend mit der Fi­nanz­pla­nung aus­ein­an­der­zu­set­zen. Des Wei­te­ren wird der Ein­stieg da­durch er­schwert, dass das Thema „lang­fris­ti­ge Fi­nanz­an­la­gen“ kaum einen all­tä­gl­ichen Zu­gangs­punkt hat. Des­halb wird es als sehr kom­plex wahr­ge­nom­men, so dass sich ein Ge­fühl von Un­si­cher­heit und Übe­rfo­rd­erung ent­wi­ckelt. Davon ab­ge­se­hen sind die zur Ver­fu­̈gung ste­hen­den fi­nan­zi­el­len Mit­tel in vie­len Fä­llen wä­hre­nd des Stu­di­ums eher ein­ge­schrän­kt. Die Stu­den­tin­nen glau­ben, dass es sich nicht lohnt, mit den eher knap­pen Fi­nan­zen lang­fris­tig zu han­deln. Sie pla­nen, sich erst mit der The­ma­tik aus­ein­an­der­zu­set­zen, wenn sie be­rufs­ta­̈tig sind.

Ce­li­ne Na­dolny, 24 Jahre alt, er­klä­rt jun­gen Frau­en, warum sie die­sen Feh­ler nicht mehr be­ge­hen dü­rfen und wes­halb es nie zu früh ist, sich mit der Bö­rse zu be­schä­ft­igen.
Seit be­reits drei Jah­ren teilt Na­dolny zwei­mal wo­̈chen­tlich Buch­kri­ti­ken auf ihrem Blog „Book of Fi­nan­ce“2. Auf die­sem re­zen­sier­te sie be­reits über 150 Bu­̈cher, bei denen neben den The­men Po­li­tik, Ge­sell­schaft und Per­sö­nlic­hkeit­sen­twic­klung vor allem die rich­ti­ge Fi­nanz­pla­nung und In­ves­ti­ti­on im Vor­der­grund steht. Nach­dem sie mit 16 Jah­ren ihr ers­tes Fi­nanz­buch „rich dad, poor dad“ von Ro­bert T. T. Kiyo­sa­ki ge­le­sen hat, wurde ihr In­ter­es­se für die Fi­nanz­welt ge­weckt, so dass ins­ge­samt über 500 wei­te­re Bu­̈cher folg­ten. Ihr fun­dier­tes Wis­sen, wel­ches sie mit ihrem dua­len Stu­di­um in Busi­ness Ad­mi­nis­tra­ti­on ver­voll­stä­ndi­gte, teil­te sie schlie­ß­lich auf ihrem Blog und auf den so­zia­len Netz­wer­ken. Ihre Mis­si­on ist es, mit ihrer gro­ßen Reich­wei­te von ca. 70.000 Men­schen, vor allem junge Per­so­nen für Sach­bu­̈cher zu be­geis­tern, fun­dier­te Fi­nanz­tipps und Quel­len zu lie­fern und be­son­ders Frau­en zu mo­ti­vie­ren, aktiv an ihren ei­ge­nen Kom­pe­ten­zen und ihrer Un­ab­hä­ngi­gkeit zu ar­bei­ten. Ob­wohl Na­dolny zu Be­ginn Ihrer Kar­rie­re stark be­la­̈che­lt wurde und viele kli­schee­be­haf­te­te Kom­men­ta­re zu lesen bekam, ge­hö­rt sie heute zu den aus­ge­zeich­nets­ten Fi­nanz­blog­ger*innen. Na­dol­nys Blog wurde be­reits mit re­nom­mier­ten Prei­sen, wie dem Pu­bli­kums­preis “Black Bull Award” und dem Me­di­en­preis der Stif­tung Fi­nanz­bil­dung “Tiger Award”, aus­ge­zeich­net.3

Ob­wohl sich Frau­en auf dem Ak­ti­en­markt schein­bar noch zu­rüc­kha­lten, wird deut­lich: Fi­nan­zen sind keine Mä­nne­rs­ache. Ce­li­ne Na­dolny ist neben vie­len wei­te­ren Fi­nanz­blog­ge­rin­nen nur ein Bei­spiel da­für, dass selbst­ver­stän­dlich auch Frau­en einen wich­ti­gen Be­stand­teil in der Fi­nanz­welt ein­neh­men und das der ver­meint­lich schwe­re Ein­stieg kom­pli­zier­ter er­scheint, als er oft­mals ist.

Text: Amely Hun­klin­ger, Anna Thom­sen
(ver­öf­fent­licht: 01.11.2021-ra)