Se­xu­al­wis­sen­schaft und prä­ven­ti­ve In­ter­net­for­schung

Ju­ni­or­pro­fes­sur

Pro­jekt­da­ten

Lauf­zeit
Mai 2013 - Juni 2019

Pro­jekt­ver­ant­wort­li­che
Prof. Dr. med. Peer Bri­ken, Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ham­burg-Ep­pen­dorf
Ju­ni­or­pro­fes­sur: Prof. Dr. phil. Arne Dek­ker

Kon­takt
dek­ker(at)uke.​de

Hin­ter­grund des Pro­jekts

Die meis­ten Ju­gend­li­chen der In­ter­net­ge­ne­ra­ti­on nut­zen di­gi­ta­le Me­di­en heute ganz selbst­ver­ständ­lich als part­ner­schaft­li­chen und auch se­xu­el­len Er­fah­rungs­räu­me. In­ter­net- bzw. Me­di­en­kom­pe­tenz wird unter die­sen Be­din­gun­gen zu einem zen­tra­len An­lie­gen se­xu­al­wis­sen­schaft­li­cher und se­xu­al­päd­ago­gi­scher Be­mü­hun­gen. Dies gilt be­son­ders mit Blick auf Er­fah­run­gen Ju­gend­li­cher mit se­xu­el­len Über­grif­fen und se­xu­el­ler Ge­walt: Das In­ter­net wird dabei so­wohl als ein - mög­li­cher­wei­se pro­ble­ma­ti­sches - Me­di­um se­xu­el­ler So­zia­li­sa­ti­on the­ma­ti­siert als auch als ein Ort, an dem se­xu­el­le Über­grif­fe ge­sche­hen bzw. vor­be­rei­tet wer­den kön­nen.

Fra­ge­stel­lung

Wel­che Rolle spie­len di­gi­ta­le Me­di­en all­ge­mein im Rah­men se­xu­el­ler So­zia­li­sa­ti­on?

Wel­che Be­deu­tung haben di­gi­ta­le Me­di­en als Orte se­xu­el­ler Über­grif­fe oder ihrer Vor­be­rei­tung?

Wel­che Mög­lich­kei­ten bie­tet das In­ter­net zur Prä­ven­ti­on se­xu­el­ler Über­grif­fe?

Stu­die

In der Ar­beits­grup­pe wur­den zahl­rei­che Pro­jek­te be­ar­bei­tet, dar­un­ter u.a.:

  • Qua­li­ta­ti­ve und quan­ti­ta­ti­ve Sur­vey-For­schung zum Wan­del
    se­xu­el­ler So­zia­li­sa­ti­on (För­de­rung: DFG, BZgA).
  •  Kul­tur­ver­glei­chen­de On­line-Er­he­bun­gen zu Por­no­gra­fie­nut­zung
    und -wir­kung bei jun­gen Er­wach­se­nen.
  • Grund­la­gen­for­schung zur Al­ters­ein­schät­zung und zur
    Wahr­neh­mung se­xua­li­sier­ten Bild­ma­te­ri­als (u.a. mit­tels Eye-Tracking).
  • Er­stel­lung einer Ex­per­ti­se „Se­xua­li­sier­te Grenz­ver­let­zun­gen und Ge­walt mit­tels di­gi­ta­ler Me­di­en. Zur Be­deu­tung di­gi­ta­ler Me­di­en für Phä­no­me­ne se­xua­li­sier­ter Grenz­ver­let­zun­gen und Ge­walt gegen Kin­der und Ju­gend­li­che" (För­de­rung: UBSKM).
  • Lehr­for­schung zu Hand­lungs­kom­pe­ten­zen und Qua­li­fi­ka­ti­ons-
    be­dar­fen von Stu­die­ren­den.

 

Aus­ge­wähl­te Er­geb­nis­se

Pro­fun­de Kennt­nis­se der Be­deu­tung des In­ter­nets für se­xu­el­le Grenz­ver­let­zun­gen sind nicht nur eine Grund­vor­aus­set­zung für die Ent­wick­lung über­zeu­gen­der Prä­ven­ti­ons­stra­te­gi­en, sie stel­len auch eine we­sent­li­che (se­xu­al-)päd­ago­gi­sche Schlüs­sel­kom­pe­tenz dar. Ins­be­son­de­re der zu be­ob­ach­ten­de Wi­der­spruch zwi­schen der oft er­heb­li­chen prak­ti­schen Me­di­en­kom­pe­tenz Ju­gend­li­cher und der vor­nehm­lich re­fle­xi­ven Me­di­en­kom­pe­tenz er­wach­se­ner Be­zugs­per­so­nen kann als eine wich­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­bar­rie­re ver­stan­den wer­den.

Die wis­sen­schaft­li­che Un­ter­su­chung so­wohl der all­täg­li­chen se­xu­el­len Pra­xis Ju­gend­li­cher im In­ter­net als auch der Ge­fahr me­di­al vor­be­rei­te­ter se­xu­el­ler Grenz­ver­let­zun­gen und Ge­walt bil­det eine we­sent­li­che Grund­la­ge für die Er­ar­bei­tung zeit­ge­mä­ßer Kon­zep­te zur För­de­rung se­xu­el­ler Selbst­be­stim­mung und zur Prä­ven­ti­on se­xua­li­sier­ter Ge­walt. An­ge­sichts der Viel­falt der ge­nutz­ten Diens­te, End­ge­rä­te und auch ver­schie­de­ner Nut­zungs­pra­xen ver­bie­ten sich uni­ver­sel­le Aus­sa­gen dar­über, was di­gi­ta­le Me­di­en mit den Men­schen ma­chen. Denn die Wir­kung di­gi­ta­ler Me­di­en hängt ge­ra­de um­ge­kehrt auch davon ab, was Men­schen mit den Me­di­en ma­chen. Zu un­ter­schei­den sind dabei min­des­tens drei über­ge­ord­ne­te Be­rei­che: (1) Se­xu­el­le Grenz­ver­let­zun­gen on­line (u.a. un­frei­wil­li­ge Kon­fron­ta­ti­on mit Por­no­gra­fie, un­frei­wil­li­ge se­xu­el­le An­nä­he­run­gen; (2) Vor­be­rei­tung von se­xua­li­sier­ter Ge­walt off­line (u.a. "Cyber-Groo­ming", An­bah­nung von Kin­der­pro­sti­tu­ti­on, Ver­net­zung von Tä­ter_in­nen im Netz) und (3) Grenz­ver­let­zun­gen mit­tels bild­li­cher und fil­mi­scher Dar­stel­lun­gen (u.a. Pro­duk­ti­on, Nut­zung, Ver­brei­tung von Miss­brauchs­dar­stel­lun­gen, nicht-kon­sen­su­el­le Wei­ter­lei­tun­gen pri­va­ter "Sex­ting"-Auf­nah­men).

Bei künf­ti­gen Fach­kräf­ten be­steht ein gro­ßer Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­darf, aber auch gro­ßes In­ter­es­se daran, sich be­reits wäh­rend der Aus­bil­dung mit den The­men rund um se­xu­el­len Miss­brauch aus­ein­an­der­zu­set­zen.

Pra­xis­be­zug

Die im Rah­men der Ar­beits­grup­pe der Ju­ni­or­pro­fes­sur er­ar­bei­te­ten Ex­per­ti­se "Se­xua­li­sier­te Grenz­ver­let­zun­gen und Ge­walt mit­tels di­gi­ta­ler Me­di­en" bie­tet auch für päd­ago­gi­sche Fach­kräf­te aus un­ter­schied­li­chen Hand­lungs­fel­dern einen guten Über­blick über die ver­schie­de­nen Fa­cet­ten des The­mas. Die Ex­per­ti­se kann unter fol­gen­dem QR-Code her­un­ter­ge­la­den wer­den:

 

Pu­bli­ka­tio­nen

Ver­öf­fent­licht:

Dek­ker, Arne; Koops, Thula; Bri­ken, Peer (2016): Se­xua­li­sier­te Grenz­ver­let­zun­gen und Ge­walt mit­tels di­gi­ta­ler Me­di­en. Ex­per­ti­se. Ar­beits­stab des Un­ab­hän­gi­gen Be­auf­trag­ten für Fra­gen des se­xu­el­len Kin­des­miss­brauchs (Hrsg.). 1. Aufl. Ber­lin: Un­ab­hän­gi­ger Be­auf­trag­ter für Fra­gen des se­xu­el­len Kin­des­miss­brauchs. S. 1-86.

Dek­ker, Arne; Waz­la­wik, Mar­tin (2016): Se­xu­el­ler Miss­brauch im dis­kur­si­ven Wan­del. Zeit­schrift für Se­xu­al­for­schung 29(3). S. 266-269.

Dek­ker, Arne; Waz­la­wik, Mar­tin (Hrsg.) (2015): For­schungs­ethik bei se­xu­el­ler Ge­walt. Her­aus­ge­ber­heft der Zeit­schrift für Se­xu­al­for­schung. Heft 4/2015. Stutt­gart: Thie­me.

Franz, Phil­ipp; Böhm, Maika; Dek­ker, Arne; Mat­thie­sen, Silja (2015): Zwi­schen se­xu­el­ler Selbst­er­mäch­ti­gung und se­xu­el­ler Sorge – Wie nut­zen Stu­die­ren­de Por­no­gra­fie? In: Aig­ner, Josef Chris­ti­an; Hug, Theo; Schue­graf, Mar­ti­na; Till­mann, An­ge­la (Hrsg.): Me­dia­li­sie­rung und Se­xua­li­sie­rung. 1. Aufl. Wies­ba­den: Sprin­ger VS. S. 277-303.

Mar­ty­ni­uk, Ur­szu­la; Mat­thie­sen, Silja (2015): Zwi­schen Spaß und Be­dräng­nis - Se­xu­el­le Kon­tak­te von Ju­gend­li­chen im In­ter­net. In: Ge­walt im Netz. Sex­ting, Cy­ber­mob­bing & Co. 1. Aufl. Ber­lin: Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Kin­der- und Ju­gend­schutz e.V. S. 44-57.

Wenzlaff, Fre­de­ri­ke; Dek­ker, Arne (2016): Al­ters­ein­schät­zung im Kon­text von Por­no­gra­fie - eine ex­pe­ri­men­tel­le On­line-Stu­die. In: Mül­ler, Jür­gen L.; Bri­ken, Peer; Rös­ler, Mi­cha­el; From­ber­ger, Peter; Jor­dan, Kirs­ten (Hrsg.): EFPPP Jahr­buch 2016. 1. Aufl. Ber­lin: MWV. S. 53-62.