Modell- und Demonstrationsvorhaben NIRS bei der Wirtschaftsdüngerausbringung

Projektleitung: Prof. Dr. Yves Reckleben  

Projektförderung: BMEL - Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 

Projektpartner: 

  • Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Oldenburg
  • Dienstleistungszentrum Rheinland-Pfals (DLR - RNH), Bad Kreuznach
  • Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG e.V.), Bernburg

Bewilligungszeitraum 01.07.2021 bis 30.06.2024 

Mitarrbeiter: 2 wiss. Mitarbeiter 

Wirtschaftsdünger – unzureichend genutzte Potentiale besser bewerten und gezielt ausnutzen

Organische Dünger, insbesondere Gülle aus viehhaltenden Betrieben, wird in Zukunft in weitaus größerem Umfang in Ackerbaubetrieben eingesetzt werden müssen, um die regionalen Nährstoffüberschüsse in Gebieten mit hoher Viehhaltungsdichte zu vermindern und so eine erhöhte Nutzungseffizienz der enthaltenden Nährstoffe zu ermöglichen. Neben dieser Notwendigkeit die Ausbringung organischer Dünger in Quellregionen zu verringern, kann die effiziente Nutzung organischer Dünger zur Verminderung des Einsatzes mineralischer Dünger beitragen und somit die N-Intensität der deutschen Landwirtschaft insgesamt und der mineralischen N-Düngung verringern (SRU, 2015, Henning & Taube, 2020)

Ein zentraler Grund für den hohen Mineraldüngereinsatz in Betrieben mit organischer Düngung ist neben der z.T. schwer kalkulierbaren zeitlichen Verfügbarkeit von Nährstoffen aus Wirtschaftsdüngern die große Streuung der tatsächlichen Nährstoffgehalte auch in vermeintlich homogenen Wirtschaftsdüngern und die dadurch bedingte Unsicherheit bei der Düngeplanung und –applikation. Nennenswerte Fortschritte bei der Nährstoffnutzungseffizienz sind zu erwarten, wenn Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter mit genauen Angaben zu den Nährstoffgehalten in Güllen und Gärresten planen und Düngesicherheitszuschläge in Form mineralischer Dünger reduzieren können. Dies gilt gleichermaßen für die Düngeplanung und Dokumentation in wirtschaftsdüngerabgebenden Betrieben als auch für aufnehmende Betriebe sowohl in Überschuss- als auch Zuschussregionen.

Nach den Vorgaben der DÜV müssen die Nährstoffgehalte in Wirtschaftsdüngern vor der Ausbringung bekannt sein. Die Ermittlung der Nährstoffgehalte kann dabei nach Standardtabellenwerten, oder nach wissenschaftlich anerkannten Analysemethoden erfolgen. Die Deklaration der Inhaltsstoffe mit diesen Verfahren ist oftmals nicht ausreichend, da mit ihnen ungenaue Angaben erzeugt werden können. Die größten Fehler bei der Quantifizierung der Nährstoffkonzentrationen mittels Laboranalyse entstehen bei der Probennahme und dem Homogenisieren der Lager. Viele Lagerbehälter lassen sich nur unzureichend aufrühren (zu kleine Rührwerke), oder können überhaupt nicht homogenisiert werden (Unterstalllagerung). Die hier genannten Fehlerquellen können auch durch eine genaue Laboranalyse nicht mehr ausgeglichen werden. Zudem vergehen von der Probennahme bis zur Vorlage der Analyseergebnisse teilweise bis zu zwei Wochen. Standardrichtwerte geben nur den Durchschnittswert aus einer Vielzahl von Betrieben mit dem gleichen Haltungs- und Fütterungsregime wieder. Es ist kein tatsächlicher Wert, der die Situation des Einzelbetriebes darstellt.

Neben den ungenau erfassten Inhaltstoffen in organischen Dünger und der unterschiedlichen Düngerbedarfe der verschiedenen Kulturen in Interaktion mit den Standorten bestehen in der bedarfsgerechten flächigen Dosierung der Nährstoffe aus den organischen Düngern große Variabilität. Zusätzlich zur schlechten Homogenisierung in den Lagerbehältern, kann sowohl eine ungleichmäßige Nährstoffkonzentration der org. Dünger in dem Transportbehälter (Sedimentation) als auch eine ungleichmäßige Ausbringung mit dem Applikationssystem zu diesem Problem beitragen. Eine zu geringe oder überhöhte Dosierung oder zu konzentrierte Ablage kann den Ertrag und die Qualität des Ernteguts beeinflussen. Dies kann von einer ungleichmäßigen Abreife, über dem nicht Ausnutzen des standortspezifischen Ertragspotential durch Nährstoffmangel oder Lagerbildung, herabgesetzten Kornqualitäten bis hin zu einer lokal überhöhten Nährstoffversorgung mit gesteigertem Risiko von Nährstoffverlagerung und -Verlust mit einem anschließenden Eintrag in Grund- und Oberflächengewässer führen. Neben der Kenntnis der Nährstoffzusammensetzung der organischen Dünger vor der Ausbringung sind auch während der Applikation Informationen zur Zusammensetzung und Ausbringmenge erforderlich, um teilflächenspezifische Nährstoffmengen zu dokumentieren und bilanzieren. Dies ist vor allem bei inhomogenen Chargen wichtig. Hierfür stehen mit einer Echtzeit-Analyse durch reflexionsoptische Systeme (z.B. Nah Infrarot Reflexions Spektroskopie – NIRS) technische Lösungen zur Verfügung, die jedoch bis jetzt nur vereinzelt in der Praxis verbreitet sind.

Der Vorteil des Einsatzes der NIRS-Messmethode zur Bestimmung der Nährstoffkonzentrationen in flüssigen organischen Düngern liegt in der einfachen und kontinuierlichen Erfassung der Inhaltsstoffe und ihrer Konzentrationen während der Befüllung der Tankfahrzeuge, bzw. der Ausbringung der flüssigen Wirtschaftsdünger. Schwankungen der Nährstoffkonzentrationen könnten hierdurch erfasst und eine bedarfsgerechte Bestandesdüngung erleichtert werden. Zusätzlich ist durch die digitale Erfassung der Inhaltsstoffe eine deutliche Vereinfachung des Dokumentationsaufwands möglich.

Um alle Anwendungsbereiche des NIR-Sensors abzudecken, werden in den jeweiligen Regionen unterschiedliche Schwerpunkte bearbeitet. Dabei ist der grundlegende Fokus auf die Technik und den Pflanzenbau bei allen vier Regionen identisch. Die weiteren Schwerpunkte sind an die vorherrschenden Besonderheiten angepasst und gliedern sich wie folgt:

  • Schleswig-Holstein (F&E-Zentrum der FH-Kiel)
    • Innerbetrieblich: Optimierung der Nährstoffverteilung innerhalb eines Betriebs
    • Darstellung der pflanzenbaulichen Wirkung durch Demonstrationsanlagen
    • Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der gesellschaftlichen Wirkung des Sensoreinsatzes
  • Niedersachen (LWK)
    • Überbetrieblich: Regionale oder überregionale Optimierung der Nährstoffverteilung/Nährstoffversorgung zwischen Betrieben
    • Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Dokumentation der Düngemaßnahme
  • Rheinland-Pfalz (DLR)
    • Regionale und überregionale Optimierung der Nährstoffverteilung/Nährstoffversorgung einer kleinstrukturierten Region
    • Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Technikvorführung und Betriebsberatung
  • Sachsen-Anhalt (IPZ der DLG)
    • Technikanwendung, Nährstoffmanagement und pflanzenbauliche Verwertung mit NIRS-Gülle-Technologie in großstrukturierten Regionen
    • Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Demonstration des Sensoreinsatzes und Technikvorführungen

Die in den Regionen auf den Demonstrationsbetrieben gewonnen Ergebnisse werden für den Wissenstransfer in Szenarien mit Praxisbeispielen betrachtet und von den Regionalkoordinatoren begleitet.

FuE-Zentrum der FH-Kiel GmbH

www.mud-nirs.de