Jona Steinhardt und Marvin Ottersberg sitzen in einer Nische im Coworkungspace Fleet 7 © Fleet 7
Zwei,die sich richtig gut verstehen: Jona Steinhardt (links) und Marvin Ottersberg im Coworkingspace Fleet 7.

Speed-Dating, spannende Workshops und ein cooler Platz zum Arbeiten  

von Frauke Schäfer

Na da haben sich ja zwei gefunden. Marvin Ottersberg, ein Tüftler mit „Null Bock“ auf Vertrieb und Marketing und Jona Steinhardt, mit einer Leidenschaft für genau das. Beiden gemeinsam: ein grundsätzlicher Gründergeist. Kennengelernt haben sich der angehende Medieningenieur Marvin und Jona, der Internationales Vertriebs- und Einkaufsingenieurwesen studiert, gleich zu Beginn ihres Studiums vor noch nicht einmal einem Jahr. Bei startIng!, dem Erstsemesterprojekt der technischen Studiengänge, in dem Studienanfänger*innen Aufgaben aus der Industrie bearbeiten, waren die beiden in einem Team gelandet. Einem sehr speziellen Team, erinnert sich Marvin: „Normalerweise hat man ja ein paar, die reden weniger und ein paar, die voller Elan dabei sind. Bei uns waren alle voller Elan, wir haben ausdauernd diskutiert. Ich glaube, unsere Mentorin hat das ein bisschen in den Wahnsinn getrieben.“ Team Melli Beese (benannt nach der ersten Frau mit einem Pilotenschein in Deutschland) war aber offenbar ebenso genial wie chaotisch und holte – zur eigenen Überraschung – den ersten Platz in der Kategorie „Beste Teamleistung“. Und Marvin und Jona hatten die Erfahrung gemacht, gemeinsam zu richtig guten Lösungen zu kommen.

Wie gut sich die beiden aufeinander eingeschwungen haben, wird auch beim Interview deutlich. Der eine beginnt, der andere ergänzt, ohne sich ins Wort zu fallen, erzählen und erklären sie, wie alles begann und was sie vorhaben. Die Idee stammt von Marvin. Der 22-Jährige stellt seit zwei Jahren neben dem Studium Embleme für einen Fahrzeugtyp mit 3D-Druckern her. Anstelle des Markenzeichens ziert den Kühler dann zum Beispiel eine stilisierte Welle oder ein Einhorn oder was auch immer die Kund*innen dort sehen wollen. Beim Druck der Embleme fällt Müll an. „Normalerweise“, erklärt Marvin, „habe ich den Müll weggeschmissen und gut war‘s. Aber über Weihnachten hatte ich sehr viel gedruckt und den Müll gesammelt und mir ist aufgefallen, dass extrem viel übrigbleibt.“

Der Müll, nimmt Jona den Faden auf, entstehe, weil man entweder selbst bei der CAD-Konstruktion einen Fehler mache oder anschließend der Drucker. Außerdem werden nicht mehr verwendete Prototypen weggeworfen. Ausgangsmaterial beim klassischen 3D-Druck ist das sogenannte Filament. Der aufgerollte Kunststoff wird Schicht um Schicht zu dem aufgebaut, was zuvor am Computer mithilfe eines CAD-Programms entworfen und berechnet wurde. Ausschuss wird im kommerziellen 3D-Druck geschreddert und geschmolzen, um dann teilweise erneut zu Fäden gezogen und aufgespult zu werden. Viel zu umständlich, finden Marvin und Jona, und völlig unrealistisch für Privatanwender. „Wir wollen einen in sich geschlossenen Kreislauf bauen, der 3D-Druck und Recycling verbindet“, sagt Jona. „Das komplizierte dabei ist, dass die richtige Filamentdicke gewährleistet sein muss, die richtige Temperatur, damit es nicht zu schnell antrocknet und die richtige Geschwindigkeit“, erklärt Jona, dem die Idee von Marvin sofort einleuchtete.

Dann musste es schnell gehen. Die Bewerbungsphase für das Prototyping Kit lief nur noch zwei Wochen. Das Prototyping Kit ist eine Initiative der Kieler Nachrichten, der Petersen-Stiftung und der Fachhochschule Kiel, die sich an gründungswillige Kieler Studierende richtet. Erfolgreiche Bewerber*innen erhalten 1000 Euro, um ihre Gründungsidee zu verfolgen, können maximal sechs Monate die Büro-Infrastruktur des Coworkingspace Fleet 7 in Kiels Innenstadt nutzen und haben Zugriff auf das Mentoren-Netzwerk des Fleet7 und der FH Kiel. „Wir dachten, da bewerben wir uns mal schnell“, sagt Jona rückblickend, „tut ja nicht weh.“

Es tat nicht nur nicht weh, es klappte sogar. Von Anfang Januar bis zum Corona-Shutdown Mitte März konnten Jona und Marvin ihre Arbeitsplätze im Fleet7 nutzen. Eine entspannte und gleichzeitig inspirierende Atmosphäre, schwärmt Marvin: “Es ist cool mit Leuten zu reden, die auch konstruktiv Kritik üben. Die Workshops sind klasse, zum Beispiel über Verhandlungsmethoden von einem anderen Gründer.“ Und Jona ergänzt: „Man wird hier von allen Seiten motiviert. Wir haben in einer Art Speed-Dating 24 Mentoren von der FH und aus Unternehmen kennengelernt, die uns bei bestimmten Fragen helfen, mit denen wir immer reden können.“ 

Seit dem Corona-Shutdown leider nur noch per Telefon, auch untereinander. Das, so schreibt Marvin in einer E-Mail, habe dafür sorgt, dass sie schneller vorankommen. „Wir haben online Umfragen durchgeführt, mehrere technische Konzepte ausgearbeitet und arbeiten nun an der Validierung. Professorin Ingrid Mauritz-Boeck konnte uns wichtige Fragen zur Kunststofftechnik beantworten.“

Jetzt sei eigentlich der Zeitpunkt gekommen, an dem sie ihre Idee auch in die Praxis umsetzen wollten, aber das werde durch die aktuellen Regelungen verhindert, sagt Marvin, der aber natürlich etwas ausgetüftelt hat: „In der Zwischenzeit nutzen wir trotzdem unsere 3D-Drucker und fertigen Halter für Gesichtsmasken der Ärzte, um so trotzdem einen positiven Beitrag leisten zu können.“

 

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