In­ter­view

Künst­ler im Ge­spräch: Ja­nusz Ditt­loff über „Quer­schnitt 70, Re­tro­spek­ti­ve 1985- 2021"

Ab dem 2. Sep­tem­ber 2021 ist in der Ga­le­rie Bun­ker-D die Aus­stel­lung „Quer­schnitt 70, Re­tro­spek­ti­ve 1985-2021" von Jo­han­nes Ja­nusz Ditt­loff zu sehen. In den drei Ga­le­rie­räu­men sind gra­fi­sche und fo­to­gra­fi­sche Werk-Zy­klen des Künst­lers aus­ge­stellt, die stets das über­ra­schen­de, das Un­ge­wohn­te fest­hal­ten und den Blick des Be­trach­ters auf das len­ken, was man im All­tag sonst schnell mal über­sieht. In einem Kurz­in­ter­view hat Künst­ler dem Cam­pus­Kunst-Team vorab er­zählt, um wel­che The­men es genau geht und was ihm be­wegt hat, ge­ra­de jetzt eine re­tro­spek­ti­vi­sche Aus­stel­lung zu kon­zi­pie­ren.

Herr Ditt­loff, in Ihrer kom­men­den Aus­stel­lung „Quer­schnitt 70, Re­tro­spek­ti­ve 1985-2021" in der Ga­le­rie Bun­ker-D bli­cken Sie auf 35 Jahre künst­le­ri­sches Schaf­fen zu­rück und zei­gen eine Aus­wahl an gra­fi­schen und fo­to­gra­fi­schen Zy­klen zei­gen. Was hat Sie ver­an­lasst ge­ra­de jetzt eine re­tro­spek­ti­vi­sche Aus­stel­lung zu kon­zi­pie­ren?

Aus­lö­ser für diese Ent­schei­dung war vor gut zwei Jah­ren mein da­mals noch be­vor­ste­hen­der 70. Ge­burts­tag und das Ge­spräch, in dem mich Klaus-Mi­cha­el Hein­ze zu die­ser Aus­stel­lung ein­ge­la­den hat. Wir sind be­freun­det, ken­nen und schät­zen uns nun schon seit über 20 Jah­ren.

Wegen der Pan­de­mie konn­ten wir den ge­plan­ten Ter­min nicht hal­ten. Die an­dert­halb Jahre sind für uns alle eine ganz be­son­de­re Zeit, mal mit der Iso­la­ti­on, mal mit der Suche nach dem Sinn, mal dem Über­win­den von Ängs­ten und Zwei­fel - aber auch dem star­ken Wil­len end­lich zur Nor­ma­li­tät zu zu­rück­zu­kom­men.

Diese be­son­de­ren Um­stän­de haben für mich als Re­ak­ti­on aus­ge­löst, eine Bi­lanz mei­ner bis­he­ri­gen Tä­tig­keit für mich zu zie­hen. So ent­stan­den die bei­den neuen Bild­bän­de: RE­TRO­SPEK­TI­VE 70 und Fo­to­IN­TER­PRE­TA­TIO­NEN, die dem vor­an­ge­gan­ge­nen Bild­band „ME­TRO­PO­LIS BER­LIN“ in For­mat, De­sign und Lay­out kon­se­quent fol­gen.

Als Aus­gleich für die un­end­li­chen Stun­den vor dem Com­pu­ter habe ich auch Rück­zugs­or­te ge­fun­den, die ich jetzt in der Aus­stel­lung the­ma­ti­sie­re. 

So war es für mich der Wald, eine Ent­de­ckung der Stil­le, - auf diese Weise ent­stan­den ist ein Zy­klus: NATUR/KUL­TUR II,- das Licht und Schat­ten be­inhal­tet mit den Makro-Bil­dern von Struk­tu­ren von Na­deln und Bäu­men mit einer im­pres­sio­nis­tisch/abs­trak­te Syn­the­se, die Äs­the­tik und gleich­zei­tig im über­tra­ge­nem Sinne Tra­gik von Ster­ben der Wäl­der ver­bin­det.

Die­ser Zy­klus ist ein Pen­dant zu dem frü­he­ren Zy­klus: PARK­HAUS mit Spu­ren von Autos, Men­schen und Tie­ren, auf nas­sem Asphalt und der wei­ßen und gel­ben Info Mar­kie­rung,- als eine den Men­schen ab­wei­sen­de und Re­ak­tio­nen for­dern­de Um­ge­bung.

Wei­te­re Ex­po­na­te wer­den sich mit The­men der Um­welt­zer­stö­rung und Kli­ma­wan­del, der Mensch und seine Exis­tenz, Ur­ba­ner Raum, pol­ni­sche Im­pres­sio­nen, Ex­pe­ri­ment, Mi­kro­kos­men, der etwas an­de­re Blick/ Kiel, Deutsch­land Bil­der, Kappa 12, usw.-  aus­ein­an­der­set­zen -seien Sie bitte neu­gie­rig.

Also, - meine Mo­ti­va­ti­on für diese Aus­stel­lung ist der Wunsch meine per­sön­li­che Bi­lanz der ste­ten Neu­gier auf die Ge­gen­wart und der hier­aus ent­stan­de­nen Werke mit dem Pu­bli­kum zu tei­len.

Sie haben in Ihrer künst­le­ri­schen Lauf­bahn kaum eine Dis­zi­plin aus­ge­las­sen. Wel­che Ar­bei­ten war­ten den Kunst­in­ter­es­sier­ten dies­mal in der Ga­le­rie Bun­ker-D?

Es sind haupt­säch­lich Fo­to­gra­fie­ren und Gra­fi­ken, die ich in um­fas­sen­den Zy­klen vom 1988 bis heute ge­schaf­fen habe. Wegen der be­grenz­ten Aus­stel­lungs­flä­che im Bun­ker-D habe ich ein spar­sa­mes Kon­zept ent­wi­ckelt, das wich­ti­ge Werke aus den Zy­klen zeigt, so dass sie ent­we­der als kom­ple­xe zu­sam­men­ge­stell­te Kol­la­gen oder als Ob­jek­te, - Gra­fi­ken oder Fo­to­gra­fen - aus­ge­stellt wer­den.


Ihre gra­fi­schen, fo­to­gra­fi­schen Werke ent­ste­hen oft über meh­re­re Jahre und wer­den nach und nach zu the­ma­tisch zu­sam­men­ge­fass­ten Zy­klen. Wie kom­men Sie zu den The­men und wie ent­steht so ein Zy­klus?

Zy­klen ent­ste­hen immer aus der Aus­wahl von Ar­bei­ten, die ich mehr oder we­ni­ger als wich­ti­ge Etap­pen auf mei­nem Weg emp­fin­de. Dabei er­ge­ben sich die so un­ter­schied­li­chen The­men und Aus­füh­run­gen mei­ner Ar­beit aus dem Ver­ständ­nis mei­nes künst­le­ri­schen Ar­beits­pro­zes­ses.

Ich sehe meine Zy­klen, ent­stan­de­ne im Zeit­räu­men meis­tens von zwei bis fünf Jah­ren als Re­sul­ta­te des­sen, was mich pri­vat be­trifft in der Welt, wo ich lebe, - in der Form und Struk­tur, die mir ad­äquat er­scheint, also,- ich er­fin­de mich stän­dig aufs Neue.

Auf die­ser Weise ent­stan­den Werke mit un­ter­schied­li­cher Tem­pe­ra­tur und Äs­the­tik, aber meine, wie meine ei­ge­ne Haut. Dabei muss ich damit leben, dass meine Ar­bei­ten nicht jeder aus der Ent­fer­nung von 100 m gleich als Ditt­loff er­kennt.

... Bes­ser ein neu­gie­ri­ger Blick, als kom­mer­zi­el­le Er­kenn­bar­keit, - die sel­ten einen ech­ten Stil dar­stellt, aber sehr oft Neu­gier und Ex­pe­ri­ment in der Kunst blo­ckie­ren.

Wenn Sie den Be­su­che­rin­nen und Be­su­chern vor dem Ein­tre­ten in die Ga­le­rie einen Rat mit­ge­ben könn­ten, wel­cher wäre das?

Ich mag nie­man­dem be­züg­lich der Kunst etwas raten, nur den Be­su­che­rin­nen und Be­su­chern wün­schen, dass sie als Be­trach­ter mit In­ter­es­se und mit of­fe­nen Augen den Aus­stel­lungs­raum be­tre­ten, um die Werke auf sich wir­ken zu las­sen.  

Un­ab­hän­gig von den Ab­sich­ten der Künst­ler, wir­ken die aus­ge­stell­te Ob­jek­te immer nur als Si­gna­le, die die Be­trach­ter sub­jek­tiv in­ter­pre­tie­ren und ver­wer­ten, also exis­tiert nur eine sub­jek­ti­ve Bot­schaft und sub­jek­ti­ve Emp­fin­dung. Diese ba­sie­ren auf un­se­rem Be­wusst­sein, der ei­ge­nen Neu­gier und dem in­di­vi­du­el­len brei­ten Ho­ri­zont, den nur die of­fe­nen Augen wahr­neh­men kön­nen. 

 

Die kom­men­de Aus­stel­lung ist be­reits Ihre zwei­te im Bun­ker-D. Dar­über hin­aus sind be­reits elf Ihrer Werke dau­er­haft auf dem Cam­pus aus­ge­stellt. Was reizt Sie daran ge­ra­de hier Ihre Ar­bei­ten zu prä­sen­tie­ren?

Was mich an die­sem Ort reizt? ALLES, ... man er­war­tet nicht in Räu­men der FH Kiel eine ei­ge­ne Kunst­samm­lung zu fin­den, mit so vie­len au­ßer­ge­wöhn­li­chen Wer­ken und in die­ser Qua­li­tät.

Das ist das eine, - das an­de­re ist die Per­son des Kanz­lers der FH Kiel, Klaus-Mi­cha­el Hein­ze, seit vie­len Jah­ren In­itia­tor, Or­ga­ni­sa­tor, Be­treu­er, Kon­takt­per­son zu und für vie­len Künst­lern im Lande und au­ßer­halb mit wun­der­ba­rem Ge­spür für in­ter­es­san­te Kunst und Men­schen da­hin­ter.

Die­ser Mensch und gutes Klima durch die Füh­rung der FH haben in vie­len Jah­ren das Un­mög­li­che mög­lich ge­macht.

... und dann sind da noch die Räume des Bun­ker-D, his­to­risch so be­las­tet, aber gleich­zei­tig Schutz bie­tend da­mals und heute, aber heute für Kunst und Kul­tur als Be­geg­nungs­raum für un­ter­schied­li­che kul­tu­rel­le Aus­tausch­mög­lich­kei­ten.

Als letz­tes soll­te man nicht ver­ges­sen, dass alle Stu­die­ren­den und die Men­schen die hier Ar­bei­ten und Leh­ren täg­lich die Mög­lich­keit haben die Kunst be­wusst oder un­ter­be­wusst zu "kon­su­mie­ren", sich mit vie­len Arten künst­le­ri­scher Äs­the­tik zu tref­fen und dabei ei­ge­ne Er­fah­run­gen zu ma­chen. Das sind gute Be­din­gun­gen, um eine gute und in­ter­es­san­te Stu­di­en­zeit zu ge­nie­ßen.

In allem, - ich fühle mich hier gut auf­ge­ho­ben und danke der FH Kiel für diese in­ter­es­san­te Mög­lich­keit meine künst­le­ri­schen Ar­bei­ten in die­ser Um­ge­bung prä­sen­tie­ren zu dür­fen.