FH Alumni Felix Seegräber© F. See­grä­ber
Felix See­grä­ber hat an der FH Kiel stu­diert. Für seine Ab­schluss­ar­beit im Mas­ter In­for­ma­ti­on En­gi­nee­ring hat er eine Aus­zeich­nung er­hal­ten.

Bis ins De­tail ge­dacht

von Felix Klein

„Ich habe eine Lö­sung ge­fun­den, die bes­ser als das ist, was es davor gab“, sagt Felix See­grä­ber über seine Ab­schluss­ar­beit. Der 32-Jäh­ri­ge schloss vor kur­zem sein Mas­ter­stu­di­um in In­for­ma­ti­on En­gi­nee­ring an der FH Kiel ab, und hat für seine Ar­beit sogar einen Preis be­kom­men. Der Titel sei­ner The­sis: ‚Un­der­wa­ter Mul­ti­view Ste­reo Using Axial Ca­me­ra Mo­dels‘. Doch was heißt das ver­ein­facht ge­sagt? „Mul­ti­view heißt aus vie­len Blick­win­keln, und dar­aus machst du eine Re­kon­struk­ti­on. Das heißt, du ver­wan­delst mit der Hilfe eines Al­go­rith­mus‘ 2D-Bil­der in 3D-Mo­del­le“, er­klärt Felix See­grä­ber.

An und für sich nichts Neues: Schon län­ger ist es mög­lich, aus 2D-Bil­dern 3D-Mo­del­le zu ge­ne­rie­ren. Be­son­ders sei aber der An­wen­dungs­fall, den See­grä­bers Ab­schluss­ar­beit be­leuch­tet: „Der Clou ist ei­gent­lich das Setup unter Was­ser. Die Bre­chung des Lichts zwi­schen Was­ser und Ka­me­ra ver­zerrt die Bil­der.“ Um diese Ver­zer­rung aus­zu­glei­chen, nutzt Felix See­grä­ber ein so­ge­nann­tes ‚Axia­les Ka­me­ra Mo­dell ‘. Dabei han­delt es sich ver­ein­facht ge­sagt, um ein ma­the­ma­ti­sches Mo­dell, das diese Bre­chungs­ef­fek­te di­rekt ab­bil­den kann.

Felix See­grä­ber hat den Al­go­rith­mus, den er für seine Ar­beit ge­schrie­ben hat, nicht neu er­fun­den. Vor ihm haben sich schon viele Men­schen Ge­dan­ken ge­macht, wie sol­che Al­go­rith­men funk­tio­nie­ren müs­sen – al­ler­dings mehr­heit­lich im Me­di­um Luft. Um dann die Bre­chung der Un­ter­was­ser­bil­der aus­zu­glei­chen, kommt nor­ma­ler­wei­se ein ‚Dome Port‘, also eine Glas­kup­pel vor der Linse, zum Ein­satz. Dome Ports sind aber teuer, und es ist auf­wen­dig sie rich­tig zu jus­tie­ren.

Bei Ge­häu­sen mit einem fla­chen Glas spricht man von ‚Flat Ports‘. Ein be­kann­tes Bei­spiel sind Ac­tion­ka­me­ras, wie die GoPro. Mit ihr kön­nen Auf­nah­men unter Was­ser ge­macht wer­den, es ent­ste­hen je­doch Bre­chungs­ef­fek­te. „Es gab für diese Art von Un­ter­was­ser­auf­nah­men keine gute Lö­sung, doch jetzt gibt es eine“, be­rich­tet See­grä­ber. Be­son­ders span­nend war es für ihn, den vor­han­de­nen Al­go­rith­mus wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, ohne zu wis­sen, ob am Ende alles funk­tio­niert. „Wäh­rend mei­ner Ar­beit habe ich be­merkt, dass es mir viel Spaß macht, ein Pro­blem von vorne bis hin­ten zu durch­den­ken.“

3D-Rekonstruktion eines Flussbetts.©F. See­grä­ber
Screen­shot der Re­kon­struk­ti­on: Die­ses Er­geb­nis ge­ne­riert Felix See­grä­bers Al­go­rith­mus, nach­dem man ihm zehn Bil­der aus ver­schie­de­nen Blick­win­keln gibt.

Als Felix See­grä­ber seine Ar­beit schrieb, gab es kein kon­kre­tes An­wen­dungs­bei­spiel und somit keine ver­wert­ba­ren, ech­ten Bil­der. Er mo­del­lier­te des­halb vir­tu­ell eine Szene unter Was­ser und ver­wen­de­te diese Bil­der zur Re­kon­struk­ti­on. In der Wis­sen­schaft und im Beruf bie­ten sol­che Re­kon­struk­tio­nen eine wert­vol­le Hilfe, wie ein Bei­spiel vor der Küste Schles­wig-Hol­steins ver­deut­licht. See­grä­ber: „Gegen Ende des Zwei­ten Welt­kriegs wurde mas­sen­haft Mu­ni­ti­on in die Ost­see ge­kippt, um sie los­zu­wer­den. Da ist man ak­tu­ell daran in­ter­es­siert, diese zu fin­den und zu ber­gen.“ Mit der Hilfe eines au­to­no­men U-Boots wird der Mee­res­grund ab­ge­fah­ren, und tau­sen­de Bil­der wer­den auf­ge­nom­men. Aus die­sen Bil­dern kön­nen die For­scher*innen ein 3D-Mo­dell ge­ne­rie­ren, das Aus­kunft über die ge­naue Po­si­ti­on der Mu­ni­ti­on gibt.

Be­son­ders dank­bar ist der Mas­ter-Ab­sol­vent für die Men­schen, die ihn bei sei­ner Ar­beit un­ter­stütz­ten: Das ist zum einen Felix Woelk, Pro­fes­sor für Agile Ent­wick­lungs­me­tho­den und Mensch-Ma­schi­ne-In­ter­ak­ti­on an der FH Kiel, und zum an­de­ren das Team um Dr. Kevin Köser und die Ocea­nic Ma­chi­ne Vi­si­on Group am GEO­MAR. Felix Woelk und Kevin Köser waren auch die­je­ni­gen, die ihn er­mu­tig­ten, seine Ar­beit beim Young Re­se­ar­chers' Forum der Ger­man As­so­cia­ti­on for Pat­tern Re­co­gni­ti­on ein­zu­rei­chen. Seine Ein­rei­chung wurde dann auf der Ger­man Con­fe­rence on Pat­tern Re­co­gni­ti­on als beste Mas­ter­the­sis aus­ge­zeich­net. Felix See­grä­ber war vier Tage lang auf der Kon­fe­renz: „Ich war super auf­ge­regt, aber ins­ge­samt hat es sehr viel Spaß ge­macht.“

Ob­wohl seine Ar­beit mit einem Preis ge­wür­digt wurde, will er nicht in der For­schung wei­ter­ar­bei­ten. Felix See­grä­ber sieht seine Zu­kunft in der In­dus­trie: „Ich will Soft­ware­inge­nieur blei­ben, da ich schon meh­re­re Jahre in die­sem Beruf ge­ar­bei­tet habe.“ The­ma­tisch soll sich sein Job aber auf dem­sel­ben Ge­biet be­we­gen, nur Un­ter­was­ser muss es nicht mehr sein. Aber egal, ob unter oder über Was­ser, mit sei­ner Mas­ter­ar­beit hat Felix See­grä­ber be­wie­sen, dass ihm auch ein Sprung ins kalte Was­ser nichts an­ha­ben kann.

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