Der Gebäuderohbau wird von Metallstangen getragen.© FH Kiel

Ein­bruch auf dem FH-Cam­pus – Zeit­plan des NIS-Ba­ra­cken-Um­baus ge­fähr­det

von Jana Tresp

Die WC-Räume ste­hen unter Was­ser, Rohre ragen ver­bo­gen aus der Wand, Heiz­kör­per lie­gen am Boden. Kein schö­ner An­blick. Vor allem nicht für Alex­an­der Stade. Be­trübt steht der In­stal­la­teur vor dem Chaos, das die Diebe hin­ter­las­sen haben. Er hatte die ge­sam­te Hei­zungs­an­la­ge in zwei der NIS-Ba­ra­cken auf dem FH-Cam­pus ge­ra­de erst grund­er­neu­ert – und nun das: In den frü­hen Mor­gen­stun­den des 22. Au­gust 2012 waren Ein­bre­cher ge­walt­sam in die Ba­ra­cken ein­ge­drun­gen, hat­ten die Heiz­kör­per von den Wän­den ge­ris­sen und sämt­li­che Kup­fer­roh­re ent­wen­det. Jetzt muss Alex­an­der Stade die ganze Ar­beit noch ein­mal ma­chen – und das am liebs­ten ges­tern, denn pünkt­lich zum Vor­le­sungs­be­ginn sol­len die neuen Se­mi­nar­räu­me in den NIS-Ba­ra­cken fer­tig sein.

Der Be­darf an Se­mi­nar­räu­men ist da, und er ist groß. „Die Fach­hoch­schu­le Kiel wurde ur­sprüng­lich für 3.800 Stu­die­ren­de kon­zi­piert. Mitt­ler­wei­le stu­die­ren am Stand­ort Kiel 6.000 Men­schen“, sagt Uwe Bothe, Lei­ter der Lie­gen­schafts­ab­tei­lung der FH Kiel. Daher ent­schie­den Prä­si­di­um und Lie­gen­schafts­ab­tei­lung im ver­gan­ge­nen Jahr, die NIS-Ba­ra­cken um­zu­bau­en, um vier Se­mi­nar­räu­me mit je 50 Plät­zen ent­ste­hen zu las­sen. Seit­dem ko­or­di­nie­ren Mar­ti­na Lö­wen­strom und An­dre­as Grass­mann von der Hoch­schu­le ge­mein­sam mit dem Ge­bäu­de­ma­nage­ment Schles­wig-Hol­stein (GMSH) die Um­bau­ar­bei­ten, für die am 21. Mai 2012 der ‚erste‘ Spa­ten­stich fiel. Bis­lang hatte alles gut ge­klappt – aber jetzt ist der straf­fe Zeit­plan ge­hö­rig ins Wan­ken ge­kom­men. „Wir woll­ten um den 10. Sep­tem­ber zum Vor­le­sungs­be­ginn fer­tig sein. Das wird wohl nichts wer­den“, sagt Percy Gaza aus der Lie­gen­schafts­ab­tei­lung. Denn nicht nur das Zeit­bud­get ist eng. Die Fach­hoch­schu­le ist als Lan­des­ein­rich­tung nicht ver­si­chert; sie muss die Kup­fer­roh­re aus ei­ge­nen Mit­teln er­set­zen. „Das Geld hät­ten wir auch sinn­vol­ler ein­set­zen kön­nen“, sagt Gaza. Wie hoch der Scha­den sei, könne er der­zeit nicht ab­schät­zen. Die ge­nau­en Zah­len lie­gen dann vor, wenn alle damit ver­bun­de­nen Rech­nun­gen ge­stellt und die zu­sätz­li­chen Ar­beits­stun­den von Alex­an­der Stade aus­ge­rech­net sind.

In die NIS-Ba­ra­cken wurde be­reits häu­fi­ger ein­ge­bro­chen. Sie lie­gen am nörd­li­chen Rand des Cam­pus, in di­rek­ter Nach­bar­schaft des See­ha­fens Kiel, und damit ziem­lich ab­seits. Vor allem in der vor­le­sungs­frei­en Zeit oder gegen Abend ist hier nie­mand un­ter­wegs. „Das wird sich durch die Nut­zung als Se­mi­nar­räu­me künf­tig än­dern“, hofft Uwe Bothe.
Die NIS-Ba­ra­cken haben schon ei­ni­ges hin­ter sich. 1965 von der Ho­waldts­wer­ke-Deut­sche Werft (HDW) er­rich­tet, dien­ten sie zu­nächst der Un­ter­brin­gung von 180 tür­ki­schen Gast­ar­bei­tern. Spä­ter zog die IT-Ab­tei­lung von HDW in die ein­ge­schos­si­gen Ge­bäu­de, daher auch der Name: ‚NIS‘ steht für Nord­deut­sche In­for­ma­ti­ons­sys­te­me. Als die Hoch­schu­le 1998 auf die In­dus­trie­bra­che von HDW und Hell zog, über­nahm sie neben dem Hoch­haus und ei­ni­gen wei­te­ren Ge­bäu­de­kom­ple­xen auch die Ba­ra­cken. Da­mals dien­ten sie als Asyl­be­wer­ber­heim. Spä­ter zogen AStA und Stu­di­en­kol­leg ein. Selbst alte Zu­se­rech­ner und an­de­re IT-Di­no­sau­ri­er la­ger­ten hier jah­re­lang, bevor sie 2011 in das Com­pu­ter­mu­se­um um­zo­gen. Von den ehe­mals vier Ge­bäu­den ste­hen heute noch drei. „Eine Ba­ra­cke haben wir vor ei­ni­gen Jah­ren ab­bre­chen las­sen“, sagt Bothe. „Ei­gent­lich sind sie ge­baut wor­den, um etwa 25 Jahre zu über­dau­ern – mitt­ler­wei­le sind sie fast 50 Jahre alt und dafür noch in einem recht guten Zu­stand.“

Trotz­dem sol­len die Se­mi­nar­räu­me in den NIS-Ba­ra­cken nur eine Über­gangs­lö­sung sein. „Wenn die Bi­blio­thek ge­baut wird, ent­ste­hen aus­rei­chend Se­mi­nar­räu­me“, so Bothe. Oh­ne­hin müss­ten die Ba­ra­cken ab­ge­bro­chen wer­den, soll­te die Stadt die ge­plan­te West­tan­gen­te zur Um­ge­hung des Cam­pus bauen. „Des­halb wol­len wir die Se­mi­nar­räu­me mög­lichst zügig und preis­güns­tig, aber gleich­zei­tig voll funk­ti­ons­fä­hig und ei­ni­ger­ma­ßen ‚ge­müt­lich’ her­rich­ten – und das unter Ein­hal­tung aller bau­auf­sicht­li­chen Spiel­re­geln.“ Das heißt: Sa­ni­tär­an­la­gen und Elek­trik wer­den er­neu­ert, die Ba­ra­cken mit dem Da­ten­netz der FH ver­bun­den, Fens­ter und Türen aus­ge­tauscht, eine Schlie­ß­an­la­ge in­stal­liert, die Be­schil­de­rung an­ge­bracht, An­fahrts­we­ge ein­ge­rich­tet und na­tür­lich kom­men Ti­sche, Stüh­le und Bea­mer in die Se­mi­nar­räu­me. „Das ist der ganze ‚Rat­ten­schwanz’, wenn ich neue Nut­zer in funk­ti­ons­fä­hi­ge Räume set­zen will“, er­klärt Uwe Bothe. Und nicht zu ver­ges­sen eine funk­ti­ons­tüch­ti­ge Hei­zungs­an­la­ge, an der Alex­an­der Stade schon wie­der flei­ßig wer­kelt. Und damit ihm die Diebe nicht noch ein­mal ins Hand­werk pfu­schen, wer­den die Ba­ra­cken ab jetzt streng be­wacht.

Text und Fotos: Jana Tresp

© Fach­hoch­schu­le Kiel