Frau fotografiert nach oben© Schlös­ser

Ganz und gar nicht ober­fläch­lich

von Frau­ke Schä­fer

Pro­fes­so­rin Dr.-Ing. Jana Schloes­ser hat sich mit Wär­me­dämm­schich­ten für den Ein­satz in Ra­ke­ten­brenn­kam­mern be­fasst, mit dem Um­for­men me­tal­li­scher Na­no­t­eil­chen und Ni­ckel­ba­sis-Su­per­le­gie­run­gen, um nur drei der vie­len For­schungs­the­men der 35-Jäh­ri­gen zu nen­nen. Seit Ok­to­ber 2018 lehrt Schloes­ser Werk­stoff­tech­nik am Fach­be­reich Ma­schi­nen­we­sen der FH Kiel. Mit FH-Pres­se­spre­che­rin Frau­ke Schä­fer hat die ge­bür­ti­ge Braun­schwei­ge­rin über ihre Lei­den­schaft für Mi­kro­sko­pe und Ober­flä­chen ge­spro­chen.

Frau Schloes­ser, ich habe mir Ihren prall ge­füll­ten Le­bens­lauf an­ge­schaut. Waren Sie schon immer ziel­stre­big?

Ja, (lacht). Eine Pro­fes­sur war schon früh mein Ziel. Wäh­rend der Pro­mo­ti­on habe ich ge­merkt, wie gerne ich lehre. An­schlie­ßend bin ich zwar erst ein­mal in die In­dus­trie ge­gan­gen, aber als ich die Aus­schrei­bung hier ge­se­hen habe, dach­te ich: „Das ist es!“.

Waren Sie auch so si­cher, als es um Ihren Stu­di­en­wunsch ging? War Ihnen früh klar, dass Sie etwas Tech­ni­sches stu­die­ren wol­len?

Ei­gent­lich nicht. Bis zur elf­ten Klas­se war für mich klar: Ich mach ir­gend­et­was mit Spra­chen.

Warum?

Ein­fach, weil ich etwas Tech­ni­sches über­haupt nicht auf dem Schirm hatte. Mathe und Phy­sik haben mir Spaß ge­macht, aber für mich war nie greif­bar, was ich damit spä­ter ma­chen könn­te. Tat­säch­lich brach­te mich eine In­for­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung für Frau­en von einer Fach­hoch­schu­le in Wol­fen­büt­tel auf Ma­te­ri­al­wis­sen­schaf­ten und Werk­stoff­tech­nik.

Was hat Sie da­mals über­zeugt?

Mi­kro­sko­pe! Mich fas­zi­niert die Ar­beit mit Mi­kro­sko­pen, der Blick ins In­ners­te von Bau­tei­len und Werk­stof­fen. Bei Scha­dens­fäl­len zu schau­en, woran es letzt­end­lich genau lag. Au­ßer­dem sind die Ma­te­ri­al­wis­sen­schaf­ten in­ter­dis­zi­pli­när, ver­bin­den Phy­sik und Che­mie. Ich habe also an der TU Braun­schweig Ma­schi­nen­bau mit der Ver­tie­fung Ma­te­ri­al­wis­sen­schaf­ten stu­diert, im Haupt­stu­di­um Ver­an­stal­tun­gen in der Elek­tro­tech­nik, der Che­mie und der Phy­sik be­sucht.

Wäh­rend des Stu­di­ums haben Sie am In­sti­tut für Werk­stof­fe der TU Braun­schweig ge­ar­bei­tet, nach dem Di­plom unter an­de­rem als wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin am Helm­holtz-Zen­trum Ber­lin im In­sti­tut für An­ge­wand­te Ma­te­ri­al­for­schung. Dort haben Sie sich nicht zum ers­ten Mal mit Brenn­stoff­zel­len be­fasst. Wie passt das Thema zu Ihrem spä­te­ren Pro­mo­ti­ons­the­ma im Be­reich Wär­me­dämm­schich­ten?

Wär­me­dämm­schich­ten sind ge­nau­so wie Brenn­stoff­zel­len Ma­te­ria­li­en für die En­er­gie­tech­nik. Wär­me­dämm­schich­ten kom­men aus dem Gas­tur­bi­nen­bau und er­mög­li­chen hö­he­re Tem­pe­ra­tu­ren und damit eine Er­hö­hung des Wir­kungs­grads von Kraft­wer­ken. Auch bei mei­ner spä­te­ren In­dus­trie­tä­tig­keit bei Con­ti­nen­tal haben mich be­son­ders die Pro­jek­te in­ter­es­siert, bei denen es um eine Ver­bes­se­rung des Roll­wi­der­stan­des von Rei­fen, also eben­falls um En­er­gie­ef­fi­zi­enz, ging. Alles was im wei­tes­ten Sinne Ma­te­ria­li­en oder Be­schich­tun­gen für En­er­gie­tech­nik be­trifft, fas­zi­niert mich.

Hat das auch den Aus­schlag ge­ge­ben, hier­her zu kom­men? Die Fach­hoch­schu­le Kiel hat ja einen guten Ruf im Be­reich der Be­schich­tun­gen.

Tat­säch­lich sind hier die Aus­stat­tung und die La­bo­re im Be­reich Werk­stoff­tech­nik und -ana­ly­tik re­la­tiv ein­zig­ar­tig. Ich wuss­te also, hier kann ich neben der Lehre auch for­schen.

Sie sind ja mit­ten im Win­ter­se­mes­ter di­rekt in die Lehre ein­ge­stie­gen. Wie sind Ihnen die Stu­die­ren­den be­geg­net?

Sehr auf­ge­schlos­sen. Die Grup­pen sind an­ge­nehm klein, wir kön­nen gut mit­ein­an­der ar­bei­ten. In grö­ße­ren Ver­an­stal­tun­gen an der Uni­ver­si­tät – das ist meine Er­fah­rung – wer­den we­ni­ger Fra­gen ge­stellt. Mir  ge­fällt, dass der Kon­takt hier so di­rekt ist. Da wird eben auch ge­sagt: „Bitte er­klä­ren Sie das noch ein­mal, das habe ich noch nicht ver­stan­den“. Oder: „Das in­ter­es­siert uns be­son­ders, kön­nen wir nicht dazu noch mal mehr hören?“ Hier herrscht eine schö­ne Lern­at­mo­sphä­re.

Sie haben Schü­le­rin­nen mit in­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­chem In­ter­es­se ge­för­dert und waren „MINT Role Model“ des Ver­ein Deut­scher In­ge­nieu­re, VDI. Of­fen­bar liegt Ihnen daran, dass sich mehr junge Frau­en für den in­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­chen Be­reich ent­schei­den.

Ich finde es wich­tig, dass jede zu­min­dest ein­mal dar­über nach­ge­dacht hat. Hätte ich da­mals diese In­fo­ver­an­stal­tung nicht be­sucht, wäre ich nicht auf die Idee ge­kom­men, die­sen Weg ein­zu­schla­gen. Und darum finde ich es für junge Frau­en und auch Män­ner wich­tig, auch mal einen un­ge­wöhn­li­chen, nicht selbst­ver­ständ­li­chen Weg in den Blick zu neh­men. 

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