Der Zeitraum des Praktikums hätte besser nicht sein können: im August war Kopenhagen die gastgebende Stadt für WorldPride. (Foto: privat)© M. Brahms
Der Zeit­raum des Prak­ti­kums hätte bes­ser nicht sein kön­nen: im Au­gust war Ko­pen­ha­gen die gast­ge­ben­de Stadt für World­Pri­de.

Mein Prak­ti­kum in Dä­ne­mark – 2: Hal­v­leg

von Ma­rie­sa Char­lot­te Brahms

Halb­zeit in Dä­ne­mark. Oder bes­ser ge­sagt: Halb­zeit des Prak­ti­kums. In einem Monat geht es im Kat­zen­sprung zu­rück über die Gren­ze nach Schles­wig-Hol­stein. Ich habe be­reits zwei Wo­chen vor An­tritt im Büro in Ny­havn mein Zim­mer be­zo­gen, und das hat fol­gen­de Grün­de: a) Die Miete für den Juli muss­te ich so oder so be­zah­len, denn gegen zwei Mo­nats­mie­ten hätte ich die Zu­sa­ge für die Woh­nung nicht er­hal­ten (Woh­nungs­su­chen­de in Ko­pen­ha­gen sind mit viel Ge­duld und fi­nan­zi­el­ler Fle­xi­bi­li­tät gut be­ra­ten) b) Ich woll­te den Weg zum Büro schon ein­mal ab­lau­fen, mich über­haupt ein­fin­den und c) Wer sagt schon nein zu zwei Wo­chen in einer so schö­nen Stadt?

Bis dato habe mir in mei­nem Prak­ti­kum ei­ni­ges er­ar­bei­ten kön­nen. Na­tür­lich, es liegt nahe, eng­lisch­spra­chi­ge Ar­ti­kel, durch die ich mein Port­fo­lio ei­ge­ner Ver­öf­fent­li­chun­gen er­wei­te­re. Aber auch diese soft skills, von denen alle reden - also Fer­tig­kei­ten, die nicht in den Le­bens­lauf ge­hö­ren, son­dern eher in das Mo­ti­va­ti­ons­schrei­ben.
Denn, ich möch­te ehr­lich sein, so leicht ist es mir nicht ge­fal­len, mich im Re­dak­ti­ons­all­tag der Copen­ha­gen Post ein­zu­fin­den. Über die Grün­de könn­te ich jetzt ei­ni­ge Zei­len lang spe­ku­lie­ren: Ist es der Um­stand, nach mei­nem doch etwas her­un­ter­ge­fah­re­nen All­tag in Deutsch­land mit die­ser her­aus­for­dern­den und neuen Auf­ga­be kon­fron­tiert zu sein, simp­le Über­for­de­rung oder viel­leicht ein­fach nur der Fakt, dass man sich auf neue Ge­ge­ben­hei­ten ein­las­sen muss und das nun ein­mal Zeit braucht und nicht ad hoc pas­siert? Ich fürch­te, es ist Letz­te­res.

Dabei lag es nicht am Auf­ga­ben­vo­lu­men. Aus vor­he­ri­gen Prak­ti­ka bin ich es ge­wohnt, unter Zeit­druck Ar­ti­kel zu ver­fas­sen. Vor allem auch Ar­ti­kel, für die es einer Weile Ein­ar­bei­tung in die Ma­te­rie be­darf. Da ich im Büro von Brit*innen um­ge­ben bin, Re­de­wen­dun­gen und den Haus­stil der Zei­tung wie ein Schwamm auf­ge­so­gen habe, war auch die Spra­che kein Pro­blem. Die neuen Ge­ge­ben­hei­ten, die ich an­fangs er­wähn­te, die haben mich eher ab­ge­schreckt. Denn, sich auf ein Prak­ti­kum zu be­wer­ben, ist eine Sache. Dann dort auf­zu­tau­chen und sich von er­fah­re­nen und alt­ein­ge­ses­se­nen Jour­na­lis­ten nicht ein­schüch­tern zu las­sen, ist eine an­de­re.

Was mir half, aus mei­ner etwas zu gut ge­mein­ten Ehr­furchts­star­re her­aus­zu­kom­men, war Zeit. Mit der lern­te ich unter an­de­rem, mit dem tro­cke­nen bri­ti­schen Humor klar­zu­kom­men. Oder aber, dass an­de­re einen für viel kom­pe­ten­ter hal­ten, als es einem selbst in den Sinn kom­men würde. Und ich finde, ehr­lich ge­sagt, davon soll­te ich mir eine Schei­be ab­schnei­den.

Kurz­um: zu­rück in Deutsch­land weiß ich bei­spiels­wei­se, wie man selbst­be­wusst in eine Aus­stel­lung geht und so tut, als hätte man schon jah­re­lan­ge Er­fah­rung im Kul­tur­jour­na­lis­mus. Na­tür­lich zahlt man für die Aus­stel­lung nicht, al­lein des­halb lohnt es sich. Oder dass In­ter­views in ers­ter Linie der Selbst­dar­stel­lung mei­nes Ge­gen­übers die­nen und keine Feu­er­pro­be mei­ner jour­na­lis­ti­schen Fä­hig­kei­ten sind.

Was soll ich sagen, ich ge­nie­ße die Zeit hier. Und ich be­kom­me so lang­sam das Ge­fühl, mein Prak­ti­kum in Ko­pen­ha­gen könn­te mehr sein als nur ein schi­cker Punkt im Le­bens­lauf.

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