Ein Mann© M. Pilch
Pro­fes­sor Dr. Yves Reck­le­ben lehrt und forscht am Fach­be­reich Agrar­wirt­schaft der FH Kiel.

Mit For­schung gegen stei­gen­de Dün­ge­mit­tel­prei­se

von Joa­chim Kläschen

Die Prei­se für Dün­ge­mit­tel stei­gen fort­lau­fend und füh­ren zu stei­gen­den Kos­ten in der land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­ti­on. „Im ver­gan­ge­nen Jahr muss­ten die Land­wir­te knapp 30 Euro für die De­zi­ton­ne Stick­stoff­dün­ger (Harn­stoff 46 %) be­zah­len. Ak­tu­ell liegt der Preis für Stick­stoff­dün­ger bei 123 Euro pro De­zi­ton­ne“, zeigt Prof. Dr. Yves Reck­le­ben die dra­ma­ti­sche Ent­wick­lung auf. „Das hat unter an­de­rem mit den stei­gen­den En­er­gie­prei­sen zu tun, denn die Er­zeu­gung von Mi­ne­ral­dün­ger ist ein en­er­gie­in­ten­si­ver Pro­zess“, er­klärt der Pro­fes­sor vom Fach­be­reich Agrar­wirt­schaft der FH Kiel.

Für wei­te­ren Druck auf dem Markt für Mi­ne­ral­dün­ger sorgt, dass große Men­gen der be­nö­tig­ten Roh­stof­fe aus Russ­land und Be­la­rus stam­men. „China ist eben­falls ein wich­ti­ger Roh­stoff­lie­fe­rant, doch durch die seit lan­gem ge­stör­ten Lie­fer­ket­ten sind ab­seh­bar vor allem Ka­na­da und die USA die wich­tigs­ten Han­dels­part­ner in Bezug auf Mi­ne­ral­dün­ger“, weiß Reck­le­ben. Er­schwe­rend kommt hinzu, dass Spe­ku­lant*innen auf eine wei­te­re Ver­teue­rung wet­ten und ge­zielt Dün­ge­mit­tel ein­kau­fen. All das führt dazu, dass sich viele land­wirt­schaft­li­che Pro­duk­te ver­teu­ern, denn die Land­wirt*innen kön­nen die ge­stie­ge­nen Kos­ten der Pro­duk­ti­on nicht al­lei­ne stem­men.

Al­ler­dings ist diese Ent­wick­lung kein Grund zur Panik. „Un­se­re Böden sind in einem guten Zu­stand, denn die Land­wir­te haben sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren gut ge­küm­mert“, be­ru­higt Reck­le­ben. Zudem sei Mi­ne­ral­dün­ger nicht die ein­zi­ge Mög­lich­keit die Böden mit Nähr­stof­fen zu ver­sor­gen. Im Ge­gen­teil: So­ge­nann­ter ‚Wirt­schafts­dün­ger‘, or­ga­ni­sche Sub­stan­zen, die in der Land- und Forst­wirt­schaft an­fal­len, sind für viele Be­trie­be die erste und vor allem güns­ti­ge­re Wahl, um die Böden zu er­tüch­ti­gen.

Durch den Ein­satz von Tech­nik las­sen sich Wirt­schafts­dün­ger wie Gülle und Gär­res­te zudem noch ef­fek­ti­ver aus­brin­gen und so ei­ner­seits Kos­ten sen­ken und zudem die Um­welt scho­nen. „In Mo­dell­ver­su­chen ar­bei­ten wir ge­gen­wär­tig mit NIRS-Sen­so­ren“, er­klärt Reck­le­ben. „Durch In­fra­rot-Sen­so­ren wird dabei die Zu­sam­men­set­zung des Wirt­schafts­dün­gers er­mit­telt und so eine idea­le nähr­stoff­ba­sier­te Do­sie­rung er­mög­licht. Durch den Ein­satz von NIRS lässt sich al­lein in Schles­wig-Hol­stein der Ein­satz der ak­tu­ell teu­ren Mi­ne­ral­dün­ger um schät­zungs­wei­se 50.000 Ton­nen re­du­zie­ren.“

Durch die be­darfs­ge­rech­te Do­sie­rung der Wirt­schafts­dün­ger an­fal­len­de Über­schüs­se kön­nen die Land­wir­te un­ter­ein­an­der han­deln. Tat­säch­lich gibt es im ‚Schwei­ne­gür­tel‘, die nie­der­säch­si­schen Land­krei­se Ve­ch­ta und Clop­pen­burg im süd­li­chen Ol­den­bur­ger Müns­ter­land, oder bei uns in Hol­stein be­reits ‚Gül­le­bör­sen‘. „Vor allem in Zei­ten stei­gen­der Prei­se für Mi­ne­ral­dün­ger kann es sich wirt­schaft­lich durch­aus loh­nen, Wirt­schafts­dün­ger bis zu 300 Ki­lo­me­ter zu trans­por­tie­ren“, so Reck­le­ben.

Ein wei­te­res Pro­jekt, an dem der FH-Pro­fes­sor im Dün­ge­mit­tel­kon­text forscht, ist Slur­ry Up­grade. Dabei geht es um die Op­ti­mie­rung von Ver­fah­ren zur Auf­be­rei­tung von Wirt­schafts­dün­ger. Diese las­sen sich durch un­ter­schied­li­che Ver­fah­ren in Mi­ne­ral­dün­ger um­wan­deln und dabei die Nähr­stoff­ge­hal­te do­ku­men­tie­ren. „Ein Ziel ist es, re­gio­na­le Kreis­läu­fe mit kur­zen Wegen zu schaf­fen“, er­klärt Reck­le­ben. „In der Re­gi­on An­fal­len­des soll nach Mög­lich­keit auch in der Re­gi­on ver­wen­det wer­den, um lange Trans­port­we­ge und damit in Ver­bin­dung ste­hen­de Emis­sio­nen zu ver­mei­den. So wol­len wir einen Mehr­wert für die Re­gi­on schaf­fen.“

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