Drei Frauenporträts nebeneinander© Pri­vat

„Ne mai vedem“ und „hasta luego“ – drei Eras­mus-Stu­den­tin­nen ver­las­sen Kiel

von Chan­tel­le Bis­sin­ger

Für viele Stu­die­ren­de neigt sich das Se­mes­ter dem Ende zu. Auch die Eras­mus­stu­dent*innen be­en­den ihr Aben­teu­er in Deutsch­land. Fran­ce­s­ca Ra­du­les­cu und Ni­co­le­ta-De­ni­sa Pa­ti­tia aus Klau­sen­burg/Ru­mä­ni­en und De­ni­sa Adria­na Petac aus Al­me­ria/Spa­ni­en ver­brach­ten zu­sam­men zwei Se­mes­ter in Kiel. Knapp ein Jahr lang stu­dier­ten sie an den Fach­be­rei­chen Me­di­en und Wirt­schaft. Die Cam­pus­re­dak­ti­on hat sich mit den drei Stu­den­tin­nen ge­trof­fen. Ge­mein­sam er­in­ner­ten sie sich an die schöns­ten Mo­men­te und gaben einen Ein­blick in ihr un­ver­gess­li­ches Jahr an der Fach­hoch­schu­le Kiel.

Wieso habt ihr euch für zwei Se­mes­ter in Deutsch­land, ins­be­son­de­re Kiel, ent­schie­den?

Fran­ce­s­ca: Das so­ge­nann­te Dop­pel­di­plom an der FH war für mich sehr at­trak­tiv. Zwei Ba­che­lors in der Ta­sche zu haben, und dann auch noch einen deut­schen, wird in Ru­mä­ni­en groß an­er­kannt. Da ich in Ru­mä­ni­en auch kom­plett auf Deutsch stu­die­re, woll­te ich die Chan­ce in Deutsch­land nut­zen. Meine Deutsch­kennt­nis­se haben sich stark ver­bes­sert.

Ni­co­le­ta: Im Aus­land zu stu­die­ren war für mich schon seit lan­gem ein gro­ßer Wunsch. Die FH Kiel war die ein­zi­ge Part­ner­uni­ver­si­tät, die einen Dop­pel­ab­schluss in Deutsch­land an­ge­bo­ten hat. Eine mei­ner Do­zen­tin­nen aus Ru­mä­ni­en er­zähl­te uns be­reits im ers­ten Se­mes­ter von den Mög­lich­kei­ten in Kiel, wes­we­gen ich schon von An­fang an über­zeugt war.

De­ni­sa: Neben dem Dou­ble-De­gree haben mich auch die ver­gleichs­wei­se ge­rin­gen Le­bens­un­ter­halt­kos­ten in Deutsch­land an­ge­zo­gen. Ei­gent­lich woll­te ich nach Dä­ne­mark, habe mich aber letzt­end­lich doch für Kiel ent­schie­den. Dar­über bin ich auch sehr froh. Meine Sicht­wei­se auf Deutsch­land hat sich sehr ge­än­dert.

Wie bleibt euch euer Jahr in Kiel in Er­in­ne­rung?

Ni­co­le­ta: Ich habe mich re­gel­recht ver­liebt – in Kiel und in Deutsch­land. Ich habe die Ge­le­gen­heit ge­nutzt zu rei­sen. Ein paar Eras­mus-Kom­mi­li­to­nen und ich sind nach Ir­land ge­flo­gen. Der Aus­flug war ein un­ver­gess­li­ches Er­leb­nis.

De­ni­sa: Das In- und Aus­land zu er­kun­den war auch für mich ein gro­ßes Thema. In mei­nem ers­ten Se­mes­ter hier bin ich noch viel dazu ge­kom­men. Spä­ter dann selbst­ver­ständ­lich nicht mehr auf­grund von Co­ro­na. Aber auch hier in Kiel konn­te ich viel un­ter­neh­men. Was ich wahr­schein­lich am meis­ten ver­mis­sen werde, ist das Wet­ter, es mag ver­rückt klin­gen. In Al­me­ria ist es im Durch­schnitt 40°C, und es reg­net nur ein­mal im Jahr. Das reg­ne­ri­sche Kiel wirkt da­ge­gen sehr frisch und an­ge­nehm.

Fran­ce­s­ca: Die gute Mee­res­luft werde ich ver­mis­sen, aber auch ein­fach die Leute, die ich hier ken­nen­ge­lernt habe. Als Eras­mus­stu­den­tin lernt man eine Menge in­ter­es­san­ter Per­sön­lich­kei­ten ken­nen. Ich habe mich in Kiel ent­spann­ter, frei­er und si­che­rer ge­fühlt als in Ru­mä­ni­en.

In­wie­fern un­ter­schied sich das Stu­di­um hier in Kiel von dem in Ru­mä­ni­en bzw. Spa­ni­en?

Ni­co­le­ta: Na­tür­lich spielt der Orts­wech­sel eine große Rolle. Neu in einer Stadt zu sein, weckt die Neu­gier­de in einem. Und man nimmt das Stu­di­um ganz an­ders wahr.

De­ni­sa: Die Do­zen­ten sind viel hilfs­be­rei­ter hier als an mei­ner Uni in Spa­ni­en. Sie küm­mern sich um einen und wol­len auch, dass man den Stoff auch wirk­lich ver­stan­den hat.

Fran­ce­s­ca: Ja, das ist mir auch stark auf­ge­fal­len. In Ru­mä­ni­en war alles sehr viel theo­re­ti­scher. Die FH Kiel ist prak­ti­scher ori­en­tiert. Ge­ra­de der Pra­xis­an­teil hat mir gro­ßen Spaß ge­macht. Dass das Som­mer­se­mes­ter nur on­line statt­fand, war scha­de. Die Se­mi­na­re hätte ich gerne in Prä­senz mit­er­lebt.

Wieso habt ihr euch in Zei­ten von Co­ro­na ent­schie­den wei­ter­hin hier zu blei­ben?

Ni­co­le­ta: Ich habe mir zwei Se­mes­ter ge­wünscht und woll­te auch zwei Se­mes­ter durch­zie­hen. Mein Dop­pel­ab­schluss war mir wich­tig. Ge­nau­so wich­tig war es mir aber auch, wei­ter­hin das Leben hier in Deutsch­land zu ge­nie­ßen. Es wäre mir schwer ge­fal­len, mein Aus­lands­se­mes­ter auf­zu­ge­ben.

Fran­ce­s­ca: Zum Ende der Se­mes­ter­fe­ri­en hatte ich mit eben­die­ser Ent­schei­dung zu kämp­fen. Ich war zu dem Zeit­punkt noch in Ru­mä­ni­en bei mei­ner Fa­mi­lie. Nach Deutsch­land woll­te ich aber un­be­dingt wie­der zu­rück. Ich bin froh, wie­der zu­rück nach Kiel ge­kom­men zu sein. In Ru­mä­ni­en waren die Maß­nah­men um Län­gen stren­ger. Davon wäre ich psy­chisch krank ge­wor­den.

De­ni­sa: Da die Si­tua­ti­on in Spa­ni­en schlim­mer war als in Deutsch­land, blieb ich auch lie­ber hier und führ­te mein Aus­lands­se­mes­ter fort.

Gab es Ste­reo­ty­pe über Deutsch­land, die sich vor Ort be­stä­tigt haben?

De­ni­sa: Sehr we­ni­ge spa­ni­sche Stu­dent*innen zie­hen Deutsch­land in Be­tracht, wenn es um Eras­mus geht. Mir wurde oft ge­sagt, ich sei ver­rückt, in den kal­ten Nor­den zu gehen und mich mit den küh­len, gran­ti­gen Deut­schen zu um­ge­ben. Ich kam nach Kiel mit vie­len die­ser Vor­stel­lun­gen. Ein­mal vor Ort habe ich ge­merkt, dass all diese Vor­ur­tei­le nur in den Köp­fen der Men­schen exis­tie­ren. Es stimmt zwar, dass man sich in Deutsch­land nicht so herz­lich be­grü­ßt wie in Spa­ni­en. Einen Kuss hier, einen Kuss da. Aber das war mir ganz recht. Ich als wasch­ech­te Spa­nie­rin mag diese ver­trau­te Art nicht ein­mal, um ehr­lich zu sein. Da ist mir die „re­ser­vier­te deut­sche Art“ doch lie­ber.

Fran­ce­s­ca: Deut­sche neh­men Pünkt­lich­keit sehr ernst. Wenn eine Feier um 20 Uhr be­ginnt, soll­te man nicht zwei Stun­den zu spät auf­tau­chen. Das ist mir an­fangs öf­ters pas­siert. An­sons­ten sind Deut­sche schon etwas erns­ter und di­rek­ter. Wenn einen hier etwas stört, kriegt man das auch zu hören. An­sons­ten fand ich die Kie­ler aber sehr freund­lich und sehr höf­lich.

Ni­co­le­ta: Im All­ge­mei­nen achte ich nie auf Vor­ur­tei­le. Das Ein­zi­ge, was mir spon­tan auf­ge­fal­len ist, ist die Tat­sa­che, dass Deut­sche Bier mögen. Und dass sie kei­nes­wegs kalte Men­schen sind. Wenn ich eine Sache wäh­rend mei­nes Auf­ent­halt ge­lernt habe, dann, dass man Vor­ur­tei­len keine Chan­ce geben darf.

Was habt ihr aus eurer Hei­mat ver­misst?

De­ni­sa: Das Essen, be­son­ders das Früh­stück. Und den „Tinto de ver­a­no“, eine Art spa­ni­scher Som­mer­wein.

Ni­co­le­ta: Meine Fa­mi­lie und meine Freund*innen.

Fran­ce­s­ca: Na­tür­lich hatte ich Heim­weh und ver­miss­te meine Fa­mi­lie und Freund*innen. Aber was mir am meis­ten fehl­te, waren rich­ti­ge Par­tys. Das ist mir schon sehr früh auf­ge­fal­len. Hier in Deutsch­land kön­nen nur sehr we­ni­ge Stu­die­ren­de wirk­lich tan­zen. In Ru­mä­ni­en sind wir frei­er und we­ni­ger steif. Wir be­we­gen uns mit mehr Herz­blut.

Habt ihr Pläne für die Zu­kunft?

Ni­co­le­ta: Ich würde gerne wei­ter­hin in Deutsch­land woh­nen. Des­halb würde ich für den Mas­ter wie­der­kom­men.

De­ni­sa: Auch ich möch­te zu­rück­keh­ren, um in Deutsch­land mei­nen Mas­ter zu ma­chen.

Fran­ce­s­ca: Ich auch, even­tu­ell auch wie­der in Kiel. Einen Dop­pel-Ba­che­lor und einen Dop­pel-Mas­ter zu ma­chen, wäre eine tolle Vor­stel­lung. Dies­mal aber wo­an­ders. Viel­leicht in Nor­we­gen? Ich weiß es noch nicht. Kiel ziehe ich aber de­fi­ni­tiv er­neut in Er­wä­gung.

Mehr Infos über mög­li­che Aus­lands­auf­ent­hal­te im Rah­men des Eras­mus-Pro­gramms an der FH Kiel bie­tet das In­ter­na­tio­nal Of­fice.

© Fach­hoch­schu­le Kiel