Kunstwerk© J. Pe­ter­sen
La­by­rint­hum von Jörg Pli­ckat

Pre­mie­re in Kiel: (On­line)Aus­stel­lung mit Skulp­tu­ren von Jörg Pli­ckat

von Su­san­ne Meise

Eine Pre­mie­re in der Lan­des­haupt­stadt: Unter dem Titel „Line – Vo­lu­me – Space“ sind erst­mals Gro­ß­plas­ti­ken des in­ter­na­tio­nal re­nom­mier­ten Bild­hau­ers Jörg Pli­ckat zu sehen - auf dem Cam­pus der Fach­hoch­schu­le Kiel. Die Aus­stel­lung steht, die für den 26. März ge­plan­te Er­öff­nung muss­te je­doch wegen des Co­ro­na-Virus auf un­be­stimm­te Zeit ver­scho­ben wer­den. Um In­ter­es­sier­ten den­noch einen Rund­gang durch die ein­ma­li­ge Werk­schau zu er­mög­li­chen, hat sich der Künst­ler ge­mein­sam mit der Fach­hoch­schu­le Kiel auf neue Wege be­ge­ben und die Aus­stel­lung on­line ge­stellt.

Hoch­wer­ti­ge Fotos und um­fang­rei­che Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen fin­den Be­su­cher unter www.​line-​volume-​space.​de. Zur Aus­stel­lung wurde au­ßer­dem ein Book­let er­stellt, in dem neben zahl­rei­chen In­for­ma­tio­nen zur Kon­zep­ti­on der Aus­stel­lung sowie zu den ein­zel­nen Kunst­wer­ken ein La­ge­plan ent­hal­ten ist. Das Book­let kann auf den Web­sei­ten her­un­ter­ge­la­den und selbst aus­ge­druckt oder gegen Zah­lung der Ver­sand­kos­ten be­stellt wer­den. Par­al­lel zur Aus­stel­lung ist im Vor­feld ein um­fang­rei­cher hoch­wer­ti­ger Hard­co­ver Ka­ta­log mit dem Titel „LINE – VO­LU­ME – SPACE Jörg Pli­ckat – Skulp­tur” ent­stan­den, der einen Über­blick über 40 Jahre bild­haue­ri­sches Schaf­fen von Jörg Pli­ckat bie­tet. Der Ka­ta­log kann für den Sub­skrip­ti­ons­preis von 35 Euro inkl. Ver­sand be­stellt wer­den.

Jörg Pli­ckat ist einer der in­ter­na­tio­nal an­er­kann­tes­ten deut­schen Bild­hau­er. Aus An­lass sei­nes 65. Ge­burts­ta­ges und dem 40. Ju­bi­lä­um sei­nes Stu­di­en­ab­schlus­ses an der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le zeigt der Künst­ler eine Aus­wahl sei­ner mo­nu­men­ta­len Skulp­tu­ren auf dem Cam­pus der Fach­hoch­schu­le Kiel. Es ist das erste Mal, dass Pli­ckats Gro­ß­plas­ti­ken aus Cor­ten­stahl, Bron­ze und Mar­mor in einer Aus­stel­lung in Kiel ge­zeigt wer­den. Die Aus­stel­lung wird durch die Kul­tur­stif­tung des Lan­des Schles­wig-Hol­stein, die Spar­kas­sen­stif­tung Schles­wig-Hol­stein, der Kul­tur­för­de­rung des Mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung, Wis­sen­schaft und Kul­tur Schles­wig-Hol­stein und die Fach­hoch­schu­le Kiel ge­för­dert.

Der Aus­stel­lungs­ort ist be­wusst ge­wählt: Heute Cam­pus der Fach­hoch­schu­le Kiel war der Ort zwei­mal das ma­ri­tim-in­dus­tri­ell wehr­tech­ni­sche Zen­trum der ex­pan­si­ven und völ­ker­rechts­wid­ri­gen Po­li­tik des Deut­sches Rei­ches und Nazi-Deutsch­lands. Seit Be­ginn der ex­ten­siv be­trie­be­nen Ko­lo­ni­al­po­li­tik sind die ver­gan­ge­nen 150 Jahre die­ses Stadt­teils ge­prägt durch die in­dus­tri­el­le Kul­tur des Stahls. Stahl hat hier als das Ma­te­ri­al des Schiff­baus und der Waf­fen­tech­nik Ge­schich­te ge­schrie­ben. Stahl hat die­sen Stadt­teil zwei­mal kurz zur Blüte und dann zur fast völ­li­gen Zer­stö­rung in­fol­ge des Zwei­ten Welt­kriegs ge­führt. Aber nach dem Krieg er­hol­te sich der Schiff­bau schnell, ex­pan­dier­te dank gi­gan­ti­scher Auf­trä­ge in den Be­rei­chen der Han­dels­ma­ri­ne und dem mi­li­tä­ri­schen Ma­ri­ne­schiff­bau. 1959 ar­bei­te­ten bei der Deut­schen Werft schon wie­der über 13.000 Men­schen. Wirt­schaft­lich be­dingt er­folg­te dann ein drit­ter Nie­der­gang der Werft­in­dus­trie in den 1970er Jah­ren. Der Stadt­teil ent­wi­ckelt sich jetzt mit Fach­hoch­schu­le und Geo­mar Helm­holtz Zen­trum zu einem wich­ti­gen Uni­ver­si­täts­stand­ort im Nor­den.

„Mit der Kon­zep­ti­on die­ser Aus­stel­lung habe ich Neu­land be­tre­ten. Nach­dem ich in den letz­ten Jah­ren mehr­fach die Mög­lich­keit hatte, meine gro­ßen Skulp­tu­ren in der Schweiz, in China und in Aus­tra­li­en im Dia­log zu un­ge­wöhn­li­chen Land­schaf­ten zu in­sze­nie­ren, habe ich hier einen ganz an­de­ren An­satz ge­wählt: Ich stel­le in Diet­richs­dorf meine Ar­bei­ten in den Dis­kurs zur In­dus­trie­ge­schich­te des Stahls, der die­sen Stadt­teil in be­son­de­rer Weise ge­prägt hat. Ich lasse hier mit dem ros­ti­gen Cor­ten­stahl das Eisen die Ge­schich­te sei­ner Ver­letz­lich­keit, ja sei­ner Ver­wund­bar­keit schon durch die Tau­trop­fen des Mor­gens er­zäh­len. Ich zeige Stahl in sei­ner Äs­the­tik eben nicht als glän­zen­des na­he­zu un­be­sieg­ba­res Kriegs­waf­fen­ma­te­ri­al, son­dern als ver­letz­li­ches und ver­gäng­li­ches Ma­te­ri­al skulp­tu­ra­ler For­men­spra­che.“

Die Aus­stel­lung auf dem Cam­pus der Fach­hoch­schu­le Kiel um­fasst ins­ge­samt neun Werke und wird bis zum 31. Ok­to­ber 2020 ge­zeigt. Be­stel­lun­gen des Ka­ta­lo­ges und des Book­lets unter pli­ckat(at)gmail.​com. On­line ist sie unter www.​line-​volume-​space.​de sowie www.​campuskunst-​d.​de zu fin­den, auf In­sta­gram unter @li­ne_­vo­lu­me_space.

Par­al­lel zur Cam­pus­aus­stel­lung und als kul­tu­rel­ler Brü­cken­schlag über die Förde ist in der Ga­le­rie Si­mo­ne Menne im Zen­trum Kiels eine Aus­stel­lung mit klei­ne­ren und mit­tel­gro­ße Skulp­tu­ren sowie Zeich­nun­gen von Jörg Pli­ckat ge­plant. Der Zeit­punkt der Er­öff­nung muss­te ver­scho­ben wer­den und wird noch be­kannt ge­ge­ben.

Hin­ter­grund zum Künst­ler

1980 schloss Jörg Pli­ckat sein Stu­di­um der Bild­haue­rei an der Muthe­si­us-Hoch­schu­le, die da­mals zur Fach­hoch­schu­le Kiel ge­hör­te, mit dem Di­plom ab. Pli­ckat ar­bei­tet welt­weit. Seine meist groß­for­ma­ti­gen Skulp­tu­ren ste­hen auf vier Kon­ti­nen­ten. Pli­ckat ist einer der we­ni­gen Bild­hau­er, der auch Ar­bei­ten in mo­nu­men­ta­ler Größe sel­ber fer­tigt. Sein Ate­lier im länd­li­chen Bre­den­bek bei Kiel gleicht eher einer Fa­bri­ka­ti­ons­an­la­ge. Hier ent­ste­hen die Ar­bei­ten des Bild­hau­ers, von denen ei­ni­ge höchs­te in­ter­na­tio­na­le Prei­se er­hiel­ten. Das letz­te Jahr­zehnt ist auch ge­prägt durch seine in­ter­na­tio­na­le Lehr­tä­tig­keit und For­schung in der Äs­the­tik skulp­tu­ra­ler Kom­po­si­ti­on. Pli­ckat hat über vier Jahre re­gel­mä­ßig Work­shops an den bei­den grö­ß­ten Uni­ver­si­tä­ten Ma­drids an­ge­bo­ten. Seit 2011 un­ter­rich­tet er mehr­mals jähr­lich an den wich­tigs­ten Aka­de­mi­en Chi­nas. 2019 er­hielt er eine Ho­no­rar­pro­fes­sur an der Uni­ver­si­tät für Ar­chi­tek­tur und Tech­no­lo­gie in Xian.

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