Zug© Pixabay

Pro und Contra – das landesweite Semesterticket

von Aenne Boye

Das landesweite Semesterticket spaltet die Studierenden in Schleswig-Holstein. Wir beleuchten das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven, um ein Verständnis für die Positionen von Befürwortern und Gegnern zu schaffen.

Zuerst noch einmal kurz und knapp die Fakten

Falls dem Semestersticket von allen Hochschulen mit ihren 55.000 Studierenden in Schleswig-Holstein zugestimmt wird, tritt es erstmals zum Wintersemester 2019/20 in Kraft. Sollte dies nicht der Fall sein, muss nachverhandelt werden.

Das Ticket beinhaltet eine zeitlich unbegrenzte Nutzung aller Busse und Bahnen in Schleswig-Holstein und Hamburg (HVV A+B). Davon ausgeschlossen sind nur der Syltbus und der Fernverkehr der Deutschen Bahn. Pro Semester muss jeder Studierende einen Beitrag für den AStA (8 €), für das Studentenwerk SH (63 €), für das Semesterticket in Kiel (57 €) und das landesweite Semesterticket (124 €) zahlen. Das ergibt einen Semesterbeitrag in Höhe von 252 Euro. Dieser Preis erhöht sich jedes Semester bis zum Wintersemester 2021/22. Das Ticket kostet dann 148,40 Euro. Danach wird der Preis nach einer Nutzungserhebung neu angepasst. Der AStA der FH Kiel geht davon aus, dass sich das positiv auf den Preis auswirken wird, Kritiker sehen das skeptisch.

Die Fachhochschule Kiel und die Europa-Universität Flensburg haben bereits für das landesweite Semesterticket gestimmt. Zehn Prozent der 11.000 Studierenden der Universität zu Lübeck, der Technischen Hochschule Lübeck und der Musikhochschule Lübeck stimmten in einer Vollversammlung über das landesweite Semesterticket ab. Das Studierendenparlament (StuPa), das jährlich von der Studierendenschaft neu gewählt wird, stellt am 9. Januar die Ergebnisse der Studierendenbefragung vor und stimmt anschließend über das Ticket ab. Das Ergebnis ist zwar nicht bindend für die finale Abstimmung des Studierendenparlaments. Dennoch wird davon ausgegangen, dass sich die Vertreter der Studierenden an den Umfrageergebnissen orientieren werden.

Nun richten sich alle Augen auf die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit ihren rund 27.000 Studierenden. Dass ein landesweites Semesterticket ohne die Zustimmung der CAU eingeführt wird, gilt als unwahrscheinlich. Vom 7. bis zum 18. Januar findet an der Kieler Universität eine Urabstimmung statt, in der die Studierenden nach ihrer Meinung zum Semesterticket befragt werden. Genau wie bei den Hochschulen aus Lübeck stimmt bald darauf das StuPa ab.

Im März 2017 erfragte der AStA der FH Kiel auf einer Vollversammlung ebenfalls die Meinung der Studierenden. Es wurde über Preisstaffeln abgestimmt, da es noch keine konkreten Preisvorstellungen gab. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Studierenden stimmten maximalen zusätzlichen Kosten von 150 Euro zu. Am 3. Dezember 2018 entschied sich das Studierendenparlament der FH endgültig für das Ticket.

Ist das landesweite Semesterticket Fluch oder Segen?

Pro

Der Wohnungsmarkt in Kiel ist angespannt. WG-Zimmer werden teurer, weshalb sich viele Studierende dazu entscheiden zu pendeln. Doch pendeln ist teuer – und nicht gerade umweltfreundlich. CO2 und Feinstaub belasten die Umwelt und tragen zur globalen Erderwärmung ein. Gegner des Semestertickets würden jetzt eine wegwerfende Handbewegung machen und genervt aufstöhnen: „Ihr immer mit eurem Todschlagargument Klimawandel.“ Aber Fakt ist, dass das Semesterticket eine Chance ist, den ökologischen Fußabdruck eines jeden Studierenden aus Schleswig-Holstein zu verkleinern. Wer den ÖPNV nutzt, spart sich außerdem die Zeit für die Suche nach einem Parkplatz.

Unschlagbar ist der Preis: Für 124 Euro gibt es ein Angebot, für das ein Einzelner ohne Solidarprinzip 500 Euro zahlen müsste. Das hat der AStA der CAU errechnet. Ein utopischer Preis. Also: Ja, das Ticket ist solidarisch, da es vielen Studierenden den Alltag und die Finanzen erleichtert, wenn diese beispielsweise eine Fernbeziehung führen, ihre Familie besuchen oder einfach nur zur FH pendeln.

Contra

Gerechtigkeit und Chancengleichheit Adé. Durch das Semesterticket, das von 124 auf 148,40 Euro ­ und wer weiß noch wie viel mehr nach Ablauf der Finanzierung ­ steigen wird, erhöht sich die Barriere für ein Studium in Schleswig-Holstein. Außerdem: Was nützt ein landesweites Semesterticket bei der mangelhaften Nahverkehrinfrastruktur? Der Bus- und Bahnverkehr in Schleswig-Holstein hat einen schlechten Ruf. Viele verbinden mit ihm zwei Eigenschaften: Langsamkeit und Unzuverlässigkeit. Pendler aus ländlichen Gebieten, die mit dem Auto zur Hochschule fahren, brauchen mit öffentlichen Verkehrsmitteln doppelt so lange. Somit ist das Auto die einzige Option. Vielleicht wird der Kieler Wohnungsmarkt entschärft, dennoch ist fraglich, was es der Landeshauptstadt bringt, wenn sie zur Pendlerstadt verkommt. Die Konsequenz: von Freitag bis Sonntag herrscht in Kiel Totentanz.

Auch für das landesweite Semesterticket kann das Solidariätsprinzip nicht herangezogen werden. Es greift beispielsweise bei der Sozialversicherung, in der alle Mitglieder regelmäßig Beiträge zahlen, damit ein Kranker nicht die Kosten alleine tragen muss. Dass sich die Sozialgemeinschaft gegenseitig in Notsituationen hilft und unterstützt, ist sinnvoll. Nicht sinnvoll ist, das Argument Solidarität bei der studentischen Mobilität heranzuziehen. Denn hier liegt keine Notsituation oder ein Versorgungsengpass vor, bei dem sich solidarisch unter die Arme gegriffen werden muss. Es geht lediglich um die Fortbewegung der Studierenden.

Bei Anregungen oder Fragen zum Thema landesweites Semesterticket kann sich an hopo(at)asta.fh-kiel.de gewendet werden. Weitere Informationen gibt es unter: https://lak-s-h.de/landesweites-semesterticket/.

Aenne Boye

Aktualisierung: Am 09.01.19 sprach sich das Studierendenparlament der Hochschule Flensburg gegen die Annahme des vorliegenden Vertrages aus.

© Fachhochschule Kiel