Eine Straße in Seoul mit bunten Ladenschildern.© Ach­ten­berg

„Schon ein klei­ner Kul­tur­schock, aber das ist nichts Schlech­tes“ - Aus­lands­stu­di­um in Süd­ko­rea

von Kris­ti­na Lang­hof

Ben­net Ach­ten­berg stu­diert an der FH Kiel am Fach­be­reich Me­di­en. Die nächs­ten zwei Se­mes­ter ver­bringt er al­ler­dings an der Dong­guk Uni­ver­si­ty in Seoul. Wie er das Stu­di­um und den All­tag in Süd­ko­rea bis­her er­lebt hat, er­zähl­te er Kris­ti­na Lang­hof von der Cam­pus­re­dak­ti­on

Ben­net, du bist nun seit Ende Fe­bru­ar in Seoul. Wie hast du die erste Zeit und die An­kunft er­lebt? Muss­test du in Qua­ran­tä­ne?

Tat­säch­lich muss­te ich kom­plett in Iso­lie­rung gehen. Also das läuft so ab, dass man am Flug­ha­fen an­kommt und erst­mal ganz viele Tests ma­chen und ganz viele For­mu­la­re aus­fül­len muss. Man muss auch einen ne­ga­ti­ven Co­ro­na-Test mit­brin­gen, und dann wird Fie­ber ge­mes­sen. Das war ein biss­chen auf­re­gend, alle hat­ten dicke Ja­cken an, und wir haben na­tür­lich ganz doll ge­schwitzt, aber wir muss­ten die ja ir­gend­wie mit­neh­men, und haben dann im Ohr Fie­ber ge­mes­sen be­kom­men. Und weil allen so warm war, haben wir so­fort die Ja­cken aus­ge­zo­gen, damit wir noch ein biss­chen ab­küh­len, weil wir Angst hat­ten, dass es viel­leicht zu viel ist. Hat aber bei mir ge­klappt. Dann muss­te ich mit einem Co­ro­na-Taxi in meine Un­ter­kunft fah­ren, und dann war ich zwei Wo­chen rich­tig in Qua­ran­tä­ne iso­liert. Ein bzw. zwei Tage muss­te man raus, man muss näm­lich noch zwei Co­ro­na-Tests ma­chen. Am ers­ten Tag nach der Ein­rei­se und am letz­ten Tag der Qua­ran­tä­ne. Die sind aber kos­ten­los.

Wohnst du in einem Stu­die­ren­den­heim?

Nein, ich habe mich extra dafür ent­schie­den, mir eine ei­ge­ne klei­ne Woh­nung zu mie­ten, weil ich schon ein­mal hier war, 2019, und ich kann auch ganz gut ko­rea­nisch spre­chen. Des­halb habe ich es hin­be­kom­men, mir sel­ber eine klei­ne Woh­nung zu or­ga­ni­sie­ren. Ich dach­te, das ist viel­leicht si­che­rer mit Co­ro­na.

Hast du dich in der Qua­ran­tä­ne dann selbst ver­sorgt?

Ja, haupt­säch­lich habe ich mich von Lie­fer­diens­ten ver­sorgt (lacht). Korea ist näm­lich das Land mit dem grö­ß­ten An­ge­bot an Lie­fer­diens­ten. Über­all fah­ren hier so klei­ne Mo­tor­rä­der rum und lie­fern, also wirk­lich die ganze Stadt wird be­lie­fert, und davon habe ich dann haupt­säch­lich erst­mal ge­lebt die zwei Wo­chen, das war in­ter­es­sant.

Warum hast du dich für Süd­ko­rea als Aus­tau­sch­land ent­schie­den?

Ich war 2019 eben schon ein­mal hier, und es hat mir sehr gut ge­fal­len. Die Leute waren total freund­lich, ich habe die Spra­che ein biss­chen ge­lernt, das Essen ist le­cker, auch wenn es sehr scharf ist, und es gibt sehr viel zu er­le­ben. Es gibt so einen Mix aus Mo­der­ne und Tra­di­ti­on, das ist ganz span­nend. Alte Tem­pel und dazu ganz hohe mo­der­ne Ge­bäu­de, das ist total fas­zi­nie­rend. Die­ses Jahr dach­te ich, möch­te ich es noch ein biss­chen in­ten­si­ver ken­nen­ler­nen, und au­ßer­dem habe ich es ehr­lich ge­sagt auch aus­ge­sucht, weil es eben si­che­rer ist mit Co­ro­na. Wir haben hier 400 Neu­in­fek­tio­nen pro Tag bei 50 Mil­lio­nen Ein­woh­ner*innen, das ist halt schon was an­de­res, und man kann ein biss­chen mehr ma­chen.

Wie sieht das ge­sell­schaft­li­che Leben aus, haben die Ge­schäf­te und die Re­stau­rants ge­öff­net?

Ja, es hat fast alles auf. Alles macht um 10 Uhr abends zu, und man muss na­tür­lich eine Maske tra­gen, aber Bars haben auch offen und Fit­ness­stu­di­os auch mit Mas­ken­pflicht. Man kann mehr ma­chen als in Deutsch­land, aber die Leute hal­ten sich auch bes­ser an die Re­geln. Zum Bei­spiel trägt jeder eine Maske, über­all wo man hin­geht. Korea ist ein Land, das so eine Wir-Kul­tur hat, und man ist quasi Teil von der Ge­mein­schaft. Und wenn man nicht die Maske trägt, oder sich nicht an ir­gend­wel­che Re­geln hält, dann wird man ganz schnell ganz ko­misch an­ge­guckt.

Und wie sieht es an der Uni aus?

In Kiel ist mein Stu­di­en­fach Öf­fent­lich­keits­ar­beit und Un­ter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on, und ich habe hier dann äqui­va­lent Mar­ke­ting und Ad­ver­ti­sing. Ich habe des­we­gen sol­che Fä­cher wie ‚Ser­vice Mar­ke­ting‘, ‚Princi­ples of Mar­ke­ting‘, ‚Un­der­stan­ding Ad­ver­ti­sing and Pu­blic Re­la­ti­ons‘, und ich habe tat­säch­lich auch ein Wahl­mo­dul in Prä­senz, das habe ich mir extra so ein biss­chen des­halb aus­ge­sucht. Das heißt ‚Media Pro­duc­tions‘, da müs­sen wir dann auch in den Kurs gehen und so ein paar Pro­jek­te ma­chen, das ist ganz cool. Was ganz an­de­res, mal wie­der in Prä­senz zu sein, das ist sehr, sehr schön.

Sind deine Kurse alle auf Eng­lisch?

Ja, es ist alles auf Eng­lisch, das war aber ein klei­ner Strugg­le. Für alle, die viel­leicht auch mal nach Korea wol­len und einen Aus­tausch ma­chen möch­ten: Man muss sich wirk­lich vor­her in­for­mie­ren, wel­che Kurse tat­säch­lich auf Eng­lisch an­ge­bo­ten wer­den. Es gibt näm­lich eine rie­si­ge Liste an Kur­sen, die einem zu­ge­schickt wird, und die sol­len an­geb­lich alle auf Eng­lisch sein, aber bei allen von uns waren be­stimmt 30 Pro­zent der Kurse auf Ko­rea­nisch. Teil­wei­se haben uns die Pro­fes­so­ren auch ge­fragt, ob wir nicht bitte den Kurs ver­las­sen kön­nen und einen an­de­ren Kurs wäh­len, damit sie auf Ko­rea­nisch un­ter­rich­ten kön­nen. Aber zum Schluss haben alle etwas ge­fun­den, das passt.

Wie ist das denn, wenn man in die Stadt geht, kommt man da mit Eng­lisch gut durch?

Nicht wirk­lich, also ich würde wirk­lich jedem emp­feh­len, wenn man hier­hin möch­te, dass man echt ein biss­chen Ko­rea­nisch lernt. Also min­des­tens „Hallo“, „Dan­ke­schön“ und sowas, wirk­lich die Ba­sics. Es gibt auch ver­schie­de­ne For­men, „danke“ zu sagen, das soll­te man schon drauf­ha­ben. Man hat so ein­fach viel mehr von der Er­fah­rung.

Was ist bis­her der grö­ß­te kul­tu­rel­le Un­ter­schied zu Deutsch­land?

Es gibt nicht den einen rie­sen Un­ter­schied, son­dern es sind ganz viele Klei­nig­kei­ten. Zum Bei­spiel fängt es damit an, wie man die Türen öff­net, mit ir­gend­wel­chen Piep-Codes, und die Re­stau­rants sind ganz an­ders. Das Essen wird ge­ne­rell ganz viel ge­teilt mit­ein­an­der, zum Bei­spiel beim Ko­rea­ni­schen BBQ. Man isst dann von einem gro­ßen Tel­ler und packt es auf sei­nen klei­nen. Und ein­fach die Art der Leute, ich glau­be das ist der grö­ß­te Un­ter­schied. Also wie die Leute mit­ein­an­der agie­ren. Es ist echt jeden Tag ein neuer Ein­druck, weil die Stadt auch die ganze Zeit nur brummt, und es sind so viele Mil­lio­nen Leute hier. Und wenn man aus Kiel kommt, ist es ein­fach ein ganz klei­nes Dorf da­ge­gen. Es fühlt sich ein biss­chen an wie eine an­de­re Welt. Und man braucht erst­mal eine ge­wis­se Zeit, um sich daran zu ge­wöh­nen. Ich glau­be, es ist schon ein klei­ner Kul­tur­schock, aber das ist nichts Schlech­tes. Man braucht nur ein biss­chen Zeit und soll­te es auf jeden Fall ge­nie­ßen und sich die Zeit auch neh­men, viele Leute ken­nen­zu­ler­nen, so­weit es geht mit Co­ro­na.

Wer über Ben­nets Er­fah­run­gen in Seoul auf dem Lau­fen­den blei­ben möch­te, kann die In­sta­gram­sei­te der Aus­tausch­stu­die­ren­den der FH Kiel abon­nie­ren. Dort be­rich­tet er über sein Stu­di­um und den All­tag in Süd­ko­rea.

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