Hans-Peter Saal© F. Klein
Logistiker Hans-Peter Saal plant den Umzug der Bibliothek der FH Kiel.

Wie transportiert man hunderttausende Bücher?

von Felix Klein

„Meine Leidenschaft sind die Bücher – mit allem was damit verbunden ist“, sagt Hans-Peter Saal. Vor 25 Jahren kam der ehemalige Produktionslogistiker durch einen „schönen Zufall“ zu seiner Leidenschaft: Die Universität Erfurt suchte ein Unternehmen, die den Umzug ihrer Bibliothek plant. „Das, was die brauchen, da hast du eine Idee dafür“, dachte sich Saal, reichte ein Angebot ein und erhielt den Zuschlag. Kurz nach diesem Auftrag verschrieb er sich voll und ganz den Büchern.

2018 ging der 70-Jährige in den Ruhestand, doch auf Empfehlung nimmt er Aufträge an – so auch von der Fachhochschule Kiel. Sie beauftrage Saal, den Umzug der Zentralbibliothek zu planen. Der Bestand soll in das neue Bibliothekarische Lernzentrum überführt werden. Es geht um mehr als 109.000 Medieneinheiten. Der Logistiker schätzt den Bestand auf eine Länge von 3,2 Kilometern, würde man alle Medien in einer Reihe nebeneinander aufstellen.

Mann zwischen Regalreihen voller Bücher.©F. Klein
Zusammen mit Marcel Bormann vermisst Hans-Peter Saal den Bestand der Bibliothek und legt Umzugsportionen fest.

Wie genau will Saal diese Aufgabe bewältigen? „Letztendlich ist es ein Atomisieren. Das heißt, ich zerlege die Bibliothek in kleine Bausteine“, erklärt er. Diese Bausteine nennt er Umzugsportionen, die der Logistiker mit farbigen Zetteln in den Bücherregalen markiert: grün zeigt den Anfang einer Umzugsportion an, rot das Ende. Jedem dieser Abschnitte weist Saal eine Nummer zu, sodass er sie eindeutig identifizieren kann. Auch das Umzugsunternehmen, dass die Fachhochschule beauftragen wird, weiß so, was zu tun ist. Über eine Belegungsplanung berechnet der Logistiker die genauen Adressen für jede Umzugsportion.

Saal zerstückelt den Bestand der Bibliothek, und für Unbeteiligte scheint es so, als würde er die Bibliothek durcheinanderbringen. Und irgendwie stimmt das auch: „Die Signaturabfolge der Bibliothek wird erst einmal durch die Planungsleistung zerrissen. Aber sie wird wiederhergestellt, nur in einer veränderten Aufstellung.“ Und damit nicht genug: Das Umzugsunternehmen zerkleinert die einzelnen Umzugsportionen womöglich noch einmal, um sie transportieren zu können. „Das ist eine Kunst, das am Zielort wieder zusammenzusetzen“, sagt Saal. Der Transport geschieht mit Bücherwägen und speziellen Umzugskisten. In normalen Kartons würden die Bücher Schaden nehmen.

Roter Zettel in Bücherregal©F. Klein
Ein roter Zettel markiert das Ende einer Umzugsportion.

Von der Planung bis zur Durchführung dauert ein Umzug im Regelfall mindestens vier Monate. In diesem Fall ist das anders: Der Umzug hängt vom Baufortschritt des Bibliothekarischen Lernzentrums ab. Die Dauer des Transports beziffert Hans-Peter Saal auf fünf Tage: 700 Meter Bestand soll das Umzugsunternehmen an einem Tag bewegen. Am letzten Tag werden 3,2 Kilometer Bücher und andere Medien an ihren neuen Plätzen stehen.

© Fachhochschule Kiel