Forschungsingenieur © L. Gehde
Ein For­schungs­in­ge­nieur bei der End­mon­ta­ge einer haus­ei­ge­nen Er­fin­dung: einer Hoch­strom-Lei­ter­plat­te aus Kup­fer mit or­ga­ni­schen Iso­la­to­ren für einen Elek­tro­mo­tor von Volks­wa­gen.

In­sti­tut für Me­cha­tro­nik: be­deu­ten­der For­schungs­stand­ort an der FH Kiel

von Leon Gehde

Stolz führt Prof. Dr. rer. nat. Ro­nald Ei­se­le, Pro­fes­sor für Sen­sor­tech­no­lo­gie und Bau­teil­pa­cka­ging, durch die üppig aus­ge­stat­te­ten La­bo­re des In­sti­tuts. „Es waren eine Menge Schrit­te bis zu der Aus­stat­tung, die wir heute haben“, er­klärt er.  Im Kern dreht sich die For­schung um das Su­chen nach und Fin­den von tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten, um die Le­bens­dau­er von Leis­tungs­elek­tro­nik zu ver­län­gern und an ver­schie­de­nen Er­for­der­nis­se po­ten­ti­el­ler Ab­neh­mer aus der Elek­tro­mo­bil- und an­de­ren Bran­chen an­zu­pas­sen. Die Fach­hoch­schu­le Kiel ist ein an­er­kann­ter For­schungs­part­ner – Ko­ope­ra­tio­nen be­stehen unter an­de­rem mit nam­haf­ten Un­ter­neh­men wie Dan­fo­ss, Volks­wa­gen, Heraeus und Bosch. Von der For­schungs­ar­beit pro­fi­tie­ren auch FH-Stu­die­ren­de.

Ein Labor©L. Gehde
Den Wert der Ge­rä­te im Labor für Ent­wick­lung me­cha­tro­ni­scher Sys­te­me schätzt Ei­se­le auf 2,5 Mil­lio­nen Euro. Fotos: Leon Gehde

„Leis­tungs­elek­tro­nik wird ge­braucht, wo eine Form des Stroms in eine an­de­re über­setzt wer­den muss – zum Bei­spiel von Gleich­strom in Wech­sel­strom oder auch, wenn große Strom­leis­tun­gen do­siert ab­ge­ge­ben wer­den sol­len. Den­ken Sie bei­spiels­wei­se an sanft an­zie­hen­de Fahr­stüh­le oder die Steue­rung der Dreh­zahl eines elek­tri­schen Fahr­zeug­mo­tors in fei­nen Ab­stu­fun­gen“, er­läu­tert Ei­se­le zum grund­le­gen­den Ver­ständ­nis der tech­ni­schen For­schungs­tä­tig­kei­ten. Un­se­re Ar­beit zielt dar­auf ab, so­ge­nann­te Leis­tungs­mo­du­le so zu kon­zi­pie­ren, dass sie die etwa 20-jäh­ri­ge Le­bens­dau­er eines Fahr­stuhls, Kran­an­triebs, Wech­sel­rich­ters für Fo­to­vol­ta­ik­an­la­gen oder die 300.000 Ki­lo­me­ter Lauf­leis­tung eines PKWs über­ste­hen, ohne aus­ge­tauscht wer­den zu müs­sen.

Leistungsmodul©L. Gehde
Die­ses Leis­tungs­mo­dul ist in der Lage, 30.000 Watt Leis­tung zu do­sie­ren. Zum Ver­gleich: Ein elek­tri­scher Back­ofen hat eine Leis­tung von etwa 3.500 Watt.

Um die­ses Ziel zu er­rei­chen, wer­den un­ter­schied­li­che Mo­di­fi­zie­run­gen, bei­spiels­wei­se al­ter­na­ti­ve Ma­te­ria­li­en oder Her­stel­lungs­wei­sen der vie­len Kom­po­nen­ten eines Leis­tungs­mo­duls, aus­ge­tes­tet. „Wir er­for­schen bei­spiels­wei­se, wel­che Iso­la­ti­ons­um­man­te­lung das Ma­te­ri­al der ent­hal­te­nen Halb­lei­ter am bes­ten kühlt und somit vor Er­mü­dung schützt“, so Ei­se­le. Für die ver­schie­de­nen Ar­beits­schrit­te einer sol­chen Er­for­schung ste­hen hoch­mo­der­ne An­la­gen zur Ver­fü­gung. Als „eine sport­li­che Ka­te­go­rie erst­klas­si­ger Ge­rä­te“ be­zeich­net Ei­se­le die Aus­stat­tung. „Die­sen her­vor­ra­gen­den Ist-Zu­stand haben wir durch einen lan­gen Pro­zess er­folg­rei­cher For­schungs­tä­tig­keit, der zu immer wei­te­ren Auf­trä­gen und Dritt­mit­tel-För­de­run­gen führ­te, er­reicht“, be­tont Ei­se­le. „Al­lein durch die Mit­tel, die einer Hoch­schu­le zur Ver­fü­gung ste­hen, ist das bei Wei­tem nicht zu er­rei­chen“, fügt er hinzu.

Rasterelektronenmikroskop©L. Gehde
Ein Ras­ter­elek­tro­nen­mi­kro­skop zur hun­dert­tau­send­fa­chen Ver­grö­ße­rung für Ma­te­ri­al­ana­ly­sen.

Die ent­spre­chen­den For­schungs­auf­trä­ge für die Fach­hoch­schu­le ent­ste­hen in einem Zu­sam­men­spiel aus Staat, Wirt­schaft und For­schung. Mi­nis­te­ri­en und staat­li­che Agen­tu­ren schrei­ben Gel­der für For­schun­gen zur Stei­ge­rung von Ef­fi­zi­enz oder Ein­spa­ren von En­er­gie aus. Dar­auf kön­nen sich Fir­men, Hoch­schu­len und For­schungs­in­sti­tu­te be­wer­ben. So fin­den un­ter­schied­li­che In­ter­es­sen­ten zu­sam­men, die ar­beits­tei­lig eine For­schungs­an­stren­gung un­ter­neh­men. „Es muss ein Ver­bund aus Nut­zer­fir­men und pas­send spe­zia­li­sier­ten For­schen­den ent­ste­hen, die sich ge­mein­sam mit einem Kon­zept auf die För­der­gel­der be­wer­ben“, er­läu­tert Ei­se­le. „Mi­nis­te­ri­en stre­ben an, dass man dabei eine ganze Lie­fer­ket­te ab­bil­det –etwa Ma­te­ri­al­lie­fe­rant, Ma­te­ri­al­ver­ed­ler, Bau­teil­pro­du­zent und schluss­end­lich Elek­tro­au­to­bau­er“, ver­rät der Pro­fes­sor schmun­zelnd sein Ge­heim­re­zept zur Ak­qui­se von staat­li­chen Mit­teln.

Ultraschall-Mikroskop©L. Gehde
Ein Ul­tra­schall-Mi­kro­skop zum Durch­leuch­ten ge­schich­te­ter Ob­jek­te.

Ein pro­mi­nen­ter Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner der Fach­hoch­schu­le Kiel ist Volks­wa­gen. Der Wolfs­bur­ger Kon­zern will seine Elek­tro­au­tos mit mög­lichst lang­le­bi­gen und ul­tra­kom­pak­ten Bau­tei­len aus­stat­ten und setzt bei Mo­du­len der Leis­tungs­elek­tro­nik unter an­de­rem auf die For­schungs­leis­tung des In­sti­tuts für Me­cha­tro­nik der FH Kiel. Auch mit Bosch als Zu­lie­fe­rer der Au­to­mo­bil­bran­che stehe man laut Ei­se­le in engem Kon­takt.

Ob eine neu­ar­ti­ge Mo­di­fi­zie­rung eines Leis­tungs­mo­duls tat­säch­lich zur Ver­län­ge­rung sei­ner Le­bens­dau­er bei­trägt, un­ter­su­chen die For­schen­den mit­hil­fe von be­schleu­nig­ten Al­te­rungs­prüf­stän­den. Dort wird zum Bei­spiel eine in­ten­si­ve Dau­er­ab­nut­zung durch per­ma­nen­tes Er­hit­zen und Ab­küh­len im Se­kun­den­takt si­mu­liert, so­ge­nann­ter ther­mo­dy­na­mi­scher Stress. Ei­se­le greift auf das Bei­spiel des Auf­zugs zu­rück: „In­ner­halb von sechs bis acht Wo­chen kön­nen wir ein gan­zes Fahr­stuhl­le­ben nach­bil­den. Da pas­siert auch nichts an­de­res als Strom an und Strom aus – er­hit­zen und ab­küh­len. Je län­ger die Teile durch­hal­ten, desto bes­ser ist un­se­re Laune.“

Bauteile werden auf einem Lastwechselstand©L. Gehde
Bau­tei­le wer­den auf einem Last­wech­sel­stand ther­mo­dy­na­mi­schem Stress aus­ge­setzt.

Neben zwölf fest­an­ge­stell­ten In­ge­nieur*innen, sämt­lich Ab­sol­vent*innen des In­sti­tuts für Me­cha­tro­nik, pro­fi­tie­ren auch Stu­die­ren­de der FH von den For­schungs­vor­ha­ben des In­sti­tuts für Me­cha­tro­nik. „Für ei­ni­ge spe­zi­fi­sche For­schungs­fra­gen, die sich uns im Be­trieb stel­len, schrei­ben wir For­schungs­ar­bei­ten aus, die Stu­die­ren­de be­ar­bei­ten kön­nen“, so Ei­se­le. Da­ne­ben sind im In­sti­tut zwölf wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kräf­te tätig. Laut Ei­se­le ist das eine her­vor­ra­gen­de Op­ti­on: „Das Stu­di­um mag durch eine Tä­tig­keit bei uns etwas län­ger dau­ern, doch die Mög­lich­keit, sich be­reits wäh­rend des Stu­di­ums auf eine pra­xis­be­zo­ge­ne Tä­tig­keit zu spe­zia­li­sie­ren, ist sehr vor­teil­haft. An Hoch­schu­len wer­den viele Power­Point-Prä­sen­ta­tio­nen ge­hal­ten - bei uns im In­sti­tut wird vor allem echte Hard­ware er­zeugt, die sich im Wett­be­werb mit In­dus­trie­lö­sun­gen be­wie­sen hat.“

Sintermaschine©L. Gehde
Eine ma­ß­ge­fer­tig­te Sin­ter­ma­schi­ne, die Pul­ver­werk­stof­fe unter hohem Druck zu einer Ver­bin­dungs­schicht zu­sam­men­fügt.

Pro­fes­sor Ei­se­le ist stolz auf die For­schungs­leis­tung des In­sti­tuts für Me­cha­tro­nik der FH Kiel und den Bei­trag, den sie für die Bran­che leis­tet. „Wir haben im Be­reich Leis­tungs­elek­tro­nik mit un­se­ren Part­nern be­reits mehr als 70 Pa­tent­fa­mi­li­en an­ge­mel­det und sechs be­deu­ten­de Pro­dukt-Fea­ture her­vor­ge­bracht“, so Ei­se­le. Das spre­che für die FH Kiel als be­deu­ten­den Play­er auf dem For­schungs­markt. „Das hat in die­sem Aus­maß si­cher keine an­de­re deut­sche Hoch­schu­le her­vor­ge­bracht. Wir sind be­stimmt nicht die grö­ß­ten, aber wir sind die agils­ten“, fasst Ro­nald Ei­se­le stolz die For­schungs­leis­tung des In­sti­tuts für Me­cha­tro­nik zu­sam­men.

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