Ein Mann© G. Ale­kno­nis
Gin­taras Ale­kno­nis stammt aus Li­tau­en und fei­ert Weih­nach­ten in Deutsch­land.

Weih­nach­ten in Li­tau­en

von Leon Gehde

An­de­re Län­der an­de­re Sit­ten – das gilt vor allem für Weih­nach­ten. Wann es Ge­schen­ke gibt, wer sie bringt und was es vor­her oder nach­her zu essen gibt, va­ri­iert zwi­schen Re­gio­nen und kon­fes­sio­nel­len Prä­gun­gen. Doch auch po­li­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen haben einen Ein­fluss auf das Weih­nachts­fest, wie Prof. Dr. Gin­taras Ale­kno­nis vom Fach­be­reich Me­di­en zu be­rich­ten weiß. Der Ver­tre­tungs­pro­fes­sor für In­ter­na­tio­nal Pu­blic Re­la­ti­ons an der FH Kiel stammt aus dem mehr­heit­lich ka­tho­li­schen Li­tau­en, das einst zur So­wjet­uni­on ge­hör­te. Warum grade die da­ma­li­ge Un­ter­drü­ckung re­li­giö­ser Feste Weih­nach­ten dort be­son­ders mach­te, er­zählt Ale­kno­nis im Ge­spräch mit der Cam­pus­re­dak­ti­on.

Herr Ale­kno­nis,wie wurde Weih­nach­ten zu So­wjet­zei­ten un­ter­drückt?

Weih­nach­ten war kein of­fi­zi­el­ler Fei­er­tag und staat­li­che Stel­len haben ver­sucht, die Men­schen am fei­ern zu hin­dern. Das sah zum Bei­spiel so aus, dass die Ver­wal­tungs­or­ga­ne von Uni­ver­si­tä­ten am Abend des 24. De­zem­ber wich­ti­ge Kon­fe­ren­zen an­be­raum­ten. Der Ver­kauf von Tan­nen war vor Weih­nach­ten ver­bo­ten und erst da­nach wie­der er­laubt.

Ist der Plan der So­wjets auf­ge­gan­gen?

Nein (grinst). Jeder hat Weih­nach­ten trotz­dem ge­fei­ert. Am Abend sol­cher Kon­fe­ren­zen sind alle ir­gend­wann ge­gan­gen, um bei ihren Fa­mi­li­en zu sein. Da­durch wurde Weih­nach­ten etwas ‚un­der­ground‘ – es war ein klei­nes Zei­chen von Pro­test.

War also die Un­ab­hän­gig­keit Li­tau­ens 1990 ein Be­frei­ungs­schlag für das Weih­nachts­fest?

Es pas­sier­te eher in klei­nen Schrit­ten. Schon in den Jah­ren vor der Un­ab­hän­gig­keit wur­den viele Re­strik­tio­nen auf­ge­ho­ben. Da­durch wan­del­te sich Weih­nach­ten je­doch auch. Zuvor war das Fei­ern mit der Fa­mi­lie der ab­so­lu­te Mit­tel­punkt. Dann aber wurde das Fest immer kom­mer­zi­el­ler. Dabei ging viel von der Spi­ri­tua­li­tät ver­lo­ren.

Wie fei­ert man heute in Li­tau­en mit sei­ner Fa­mi­lie Weih­nach­ten?

Am Abend des 24. De­zem­ber be­ge­hen wir ein ‚Kūčios‘ ge­nann­tes Ri­tu­al. Die Fa­mi­lie kommt zu­sam­men und es gibt zu­nächst eine ‚Kalėdai­tis‘ – eine Art Ob­la­te die ge­bro­chen und an alle ver­teilt wird. An­schlie­ßend ti­schen wir zwölf ver­schie­de­ne Ge­rich­te auf, dar­un­ter etwas mit He­ring und Pil­zen sowie ver­schie­de­ne Sa­la­te. Fleisch gibt es nicht.Jede Per­son muss jedes Ge­richt ein­mal pro­bie­ren.

Und dann gibt es die Be­sche­rung?

Der Weih­nachts­mann legt die Ge­schen­ke erst am nächs­ten Mor­gen unter den Weih­nachts­baum.

Seit 2020 leben Sie in Kiel. Wie sieht das kom­men­de Weih­nach­ten für Sie aus?

Auch meine Fa­mi­lie lebt hier. Sie ist zur Hälf­te deutsch, zur Hälf­te li­tau­isch. Die Weih­nachts­bräu­che ver­mi­schen sich und wir er­schaf­fen uns un­se­re ei­ge­nen Tra­di­tio­nen. Als Gro­ßva­ter sehe ich auch Vor­tei­le der Be­sche­rung am Abend des 24. De­zem­ber, wenn man dabei zu­se­hen kann, wie die Kin­der im Bei­sein aller mit ihren neuen Sa­chen spie­len und schlie­ß­lich glück­lich ein­schla­fen.

Danke für das Ge­spräch, Herr Ale­kno­nis.

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