Ein Mann, im Hintergrund Offshore-Anlagen© F. Jahn

#zu­kunft­ge­stal­ten: „Das Stu­di­um ist ein tol­ler Ein­stieg“

von Joa­chim Kläschen

Der 29-jäh­ri­ge In­ge­nieur Felix Jahn küm­mert sich beim TÜV SÜD in Ham­burg um die In­spek­ti­on von Off­shore-Wind­kraft­an­la­gen. Bis dahin war es für den Kie­ler, der in Eckern­för­de auf­wuchs, ein lan­ger Weg, auf dem er in vie­len Be­rufs­fel­dern Er­fah­run­gen sam­mel­te.

Nach­dem Felix mit der Mitt­le­ren Reife die Re­al­schu­le ab­ge­schlos­sen hatte, ver­schlug es ihn zur Bun­des­wehr: „Ich habe nach der Schu­le zu­nächst für drei­ein­halb Jahre eine zi­vi­le Be­rufs­aus­bil­dung zum Elek­tro­ni­ker für Ge­rä­te und Sys­te­me ge­macht. Wäh­rend ich meine Aus­bil­dung vor­an­trieb, ent­schlos­sen sich vie­ler mei­ner Freun­de für ein Stu­di­um, und ich habe das auf­merk­sam ver­folgt. Im An­schluss an die Aus­bil­dung habe ich dann als Fach­ar­bei­ter bei der Wehr­tech­ni­schen Dienst­stel­le für Schif­fe und Ma­ri­ne­waf­fen, Ma­ri­ti­me Tech­no­lo­gie und For­schung (WTD71) in Eckern­för­de ge­ar­bei­tet und mich mit Un­ter­was­ser­de­to­nik be­schäf­tigt. Das war eine in­ter­es­san­te Zeit mit vie­len ma­ri­ti­men Ver­suchs­durch­füh­run­gen zum An­spren­gen von U-Boo­ten und der Or­tung ver­schie­de­ner Boote in der Ost­see.“

Da sein Ar­beits­ver­trag be­fris­tet war und wegen feh­len­der Plan­stel­len nicht ver­län­gert wer­den konn­te, muss­te Felix einen neuen Kurs ein­schla­gen. „Ich woll­te mich un­be­dingt in Rich­tung Wind­kraft wei­ter­ent­wi­ckeln. Mit mei­ner Aus­bil­dung in der Ta­sche hätte ich als Ser­vice­tech­ni­ker in der Wind­kraft si­cher auch einen guten Job ge­fun­den. Aber ich woll­te mit einem Wind­kraft-Stu­di­um wei­ter­kom­men. Um die Vor­aus­set­zun­gen dafür zu schaf­fen, bin ich zu­rück in die Schu­le und habe ein Jahr lang am Be­rufs­bil­dungs­zen­trum Rends­burg-Eckern­för­de mein Tech­nik-Fach­ab­itur nach­ge­holt“, er­zählt Felix von sei­nem da­ma­li­gen Ent­schluss.

Die Re­cher­che nach dem pas­sen­den Stu­di­en­gang war indes schnell ab­ge­schlos­sen, wie sich Felix er­in­nert: „Ich fühl­te und fühle mich sehr wohl in mei­ner Hei­mat Schles­wig-Hol­stein. Als lei­den­schaft­li­cher Was­ser­sport­ler woll­te ich daher un­be­dingt etwas in mei­ner Ge­burts­stadt Kiel stu­die­ren und habe mich daher di­rekt auf den In­ter­net­sei­ten der Fach­hoch­schu­le Kiel um­ge­se­hen. Grund­sätz­lich fand ich Me­cha­tro­nik span­nend. Aber auf­grund mei­nes In­ter­es­ses für Wind­kraft habe ich mich dann schnell für den Stu­di­en­gang ‚Off­shore-An­la­gen­tech­nik‘ (OAT) [Ab 2022 Er­neu­er­ba­re Off­shore En­er­gi­en (EOE)] ent­schie­den. Das An­ge­bot las sich ein­fach per­fekt für mich.“

Seine Hoff­nun­gen an das Stu­di­um waren – neben viel Wis­sen über Wind­kraft – eine pra­xis­na­he Aus­bil­dung, die tie­fer gehen soll­te, als nur an der theo­re­ti­schen Ober­flä­che zu krat­zen. „Aber ich woll­te auch viele neue Leute ken­nen­ler­nen und schlie­ß­lich nach dem Ab­schluss eine gute Job-Per­spek­ti­ve haben.“ Felix Er­war­tun­gen er­füll­ten sich: „Mein FH-Stu­di­um er­in­ne­re ich als eine sehr schö­ne und auf­re­gen­de Zeit. Der OAT-Stu­di­en­gang war klein, und unter den Stu­die­ren­den ent­wi­ckel­te sich eine Klas­sen­ge­mein­schaft mit vie­len Mög­lich­kei­ten an Pro­jek­ten mit­zu­wir­ken. Ich habe tolle Men­schen ken­nen­ge­lernt und viele sind noch immer gute Freun­de von mir. Auch der Um­gang mit den Do­zen­ten war toll und schon etwas Be­son­de­res. Ich denke, ich kann das be­ur­tei­len, denn im An­schluss an mein Ba­che­lor-Stu­di­um habe ich mei­nen Mas­ter an der Uni­ver­si­tät Ros­tock ge­macht, und dort waren der Um­gang und das Mit­ein­an­der deut­lich di­stan­zier­ter.“

Wenn Felix an seine Zeit an der FH Kiel zu­rück­denkt, kom­men ihm viele denk­wür­di­ge Sze­nen ins Ge­dächt­nis: „Der Zu­sam­men­halt im Stu­di­en­gang war toll, da haben sich Grup­pen­ar­bei­ten schon mal bis spät in die Nacht ge­zo­gen. Wenn man dann am nächs­ten Mor­gen die Fähre ver­passt hatte und mit dem Rad um die Kie­ler Förde fah­ren muss­te, war man durch den Früh­sport auch gleich wach. Ich habe sogar das ‚Kunst­stück‘ voll­bracht, zu mei­ner ers­ten Prü­fung im Stu­di­um zehn Mi­nu­ten zu spät zu kom­men, habe aber trotz­dem be­stan­den. Es war ein­fach eine schö­ne Zeit, in Kiel, wo alles mit dem Fahr­rad er­reich­bar ist und auch die Kom­mi­li­to­nen in der Nähe woh­nen. So waren auch spon­ta­ne Lern­grup­pen und Abend­essen immer mög­lich, und vor allem boten sich mir viele Was­ser­sport-Mög­lich­kei­ten wie Ki­te­sur­fen und Se­geln.“

Auf­grund sei­ner po­si­ti­ven Er­fah­run­gen kann Felix an­de­ren, die sich eine be­ruf­li­che Zu­kunft in der Wind­kraft-Bran­che vor­stel­len kön­nen, ein OAT-Stu­di­um an der FH Kiel emp­feh­len. „Das Stu­di­um ist ein tol­ler Ein­stieg. Al­ler­dings er­for­dert der Be­rufs­start auch viel En­ga­ge­ment. Für man­che Jobs ist der Ab­schluss nur der Pas­sier­schein, und mit dem Stu­di­um als al­lei­ni­ge Qua­li­fi­ka­ti­on ist man auf dem Ar­beits­markt nicht so­fort der Ge­frag­tes­te. Meine vor­he­ri­ge Be­rufs­aus­bil­dung, aber auch meine Tä­tig­kei­ten als HiWi im CimTT, durch die ein bis heute an­hal­ten­der enger Kon­takt zu den Do­zen­ten ent­stan­den ist, und die Zeit als Werk­stu­dent haben viel dazu bei­ge­tra­gen, dass ich schlie­ß­lich einen tol­len Job ge­fun­den habe. Ei­ni­ge Kom­mi­li­to­nen, die ich frü­her in Vor­le­sun­gen traf, sehe ich heute im Jo­ball­tag. Und wenn ich sehe, wel­che tolle Jobs meine ehe­ma­li­gen Kom­mi­li­to­nen nun haben, schei­nen der Stu­di­en­gang und der Ab­schluss an der FH-Kiel als hoch an­ge­se­hen zu wer­den.“

Das Thema ‚Green Tech­no­lo­gies‘ zieht sich wie ein roter Faden durch die Aus­bil­dung und die Kar­rie­re des In­ge­nieurs. Wäh­rend sei­nes OAT-Stu­di­ums an der FH Kiel war Felix als Hiwi be­schäf­tigt. Für Prof. Dr.-Ing. Bernd Fin­ke­mey­er be­rei­te­te er im Be­reich Re­ge­lungs­tech­nik Kurse vor und re­pa­rier­te Bau­tei­le. Als Hiwi von Dipl.-Ing. Tho­mas Abra­ham plan­te Felix Off­shore-Räume und setz­te die Pla­nun­gen auch um. Im Zuge sei­nes Mas­ter-Stu­di­ums ver­schlug es ihn nach Ros­tock, wo er für die Firma Nordex im Be­reich ‚elek­tri­sche Sys­te­me‘ in der Pro­to­ty­pen-Ab­tei­lung des Un­ter­neh­mens ar­bei­te­te. Seine Ab­schluss­ar­beit mach­te Felix dann bei der Den­ker und Wulf AG, einem Pro­jek­tie­rer für Ons­hore-Wind­kraft, wo er an­schlie­ßend auch eine An­stel­lung im Pla­nungs­be­reich fand, bevor er zu sei­ner ge­gen­wär­ti­gen An­stel­lung beim TÜV Süd wech­sel­te, wo die In­spek­ti­on von Off­shore-Wind­kraft­an­la­gen sein täg­li­ches Ge­schäft ist.

Seine Ar­beit und die von an­de­ren In­ge­nieu­ren im Be­reich ‚Green Tech­no­lo­gies‘ sieht Felix als einen mög­li­chen Bau­stein, um der Kli­ma­kri­se etwas ent­ge­gen­zu­set­zen. „Ich und viele mei­ner Kom­mi­li­to­nin­nen und Kom­mi­li­to­nen kön­nen einen be­deu­ten­den Bei­trag bei der Ver­bes­se­rung des Kli­mas leis­ten. Viele haben Jobs im re­ge­ne­ra­ti­ven Sek­tor ge­fun­den. Sie ar­bei­ten bei Her­stel­lern, Pla­nern und auch bei In­ves­to­ren für Wind­kraft und tra­gen so dazu bei, dass ‚Green Tech­no­lo­gies‘ wei­te­re Ver­brei­tung und Ak­zep­tanz fin­den.“

Wer sich vor­stel­len kann, wie Felix eine Lauf­bahn als In­ge­nieur oder In­ge­nieu­rin in der Wind­kraft-Bran­che ein­zu­schla­gen, für den hat er ein paar Tipps parat: „Wer sich für den Beruf ent­schei­den möch­te, soll­te keine Angst vor Mathe haben und auf jeden Fall Team­fä­hig­keit mit­brin­gen. Auch denke ich, ein guter In­ge­nieur soll­te be­reit sein, sich mit Neuem aus­ein­an­der­zu­set­zen und die Fä­hig­keit, sich auch län­ger, in­ten­siv und am bes­ten lei­den­schaft­lich mit einer Auf­ga­be zu be­fas­sen. Mit dem Stu­di­um ist man recht breit auf­ge­stellt, aber es gibt im spä­te­ren Be­rufs­le­ben die Mög­lich­keit, sich für eine klei­ne Fach­rich­tung zu spe­zia­li­sie­ren und diese dann auch als Spe­zia­list ‚sein Eigen‘ nen­nen zu kön­nen. Be­son­der­hei­ten im Off­shore-Sek­tor sind, dass die Kom­mu­ni­ka­ti­on viel­fach auf Eng­lisch läuft und man Lust haben muss zu rei­sen. Wenn das passt, dann ist OAT genau das Rich­ti­ge.“

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