Der Kopf eines Mannes angelehnt an seine Hand, er lächelt freundlich in die Kamera.© Privat

Künstler im Gespräch - Berthold Grzywatz

von viel.-Redaktion

ein Interview von Safia Yasin

Mit dem Namen der Ausstellung „Garten des Menschen“ sind bestimmt nicht wörtlich unsere Gärten gemeint. Um welche Themen geht es bei Ihrer Kunst?

Meine künstlerischen Arbeiten unternehmen den Versuch, im Wege einer abstrakten Formensprache Bilder des Menschlichen zu entwerfen, den Menschen sowohl im Verhältnis zu sich selbst als auch in Beziehung zu seinen Mitmenschen und den Bedingungen seiner konkreten Situation zu begreifen. Da das Mensch sein stets historisch vermittelt ist, kann die Selbstverwirklichung des Einzelnen nicht nur unmittelbar durch sich selbst geschehen. Das im Titel der Ausstellung genannte Bild vom „Garten des Menschen“ verweist auf das Eingebunden sein in Ordnungen und Strukturen. Gleichwohl ist der Mensch nicht ausschließlich fremdbestimmt: Ich lebe und werde nicht gelebt, aber immer unter den allgemeinen Gegebenheiten. Die präsentierten Werke nehmen die Frage auf, welche Möglichkeiten für eine durch Frieden und Humanität geprägte Welt, welche Grenzen des Handelns vorhanden sind und wie mit dem möglichen Scheitern umzugehen ist. Gewiss sind das komplexe Fragen, die möglicherweise eher zu einem wissenschaftlich-politischen Diskurs gehören, dennoch können und müssen sie die Kunst herausfordern, mit ihren Mitteln Denkanstöße zu bieten, die einen Raum für die individuelle Reflexion eröffnen. Noch ein Wort zurFotografie: Sie ergänzt den aufgeworfenen Problemrahmen, indem sie in der Reduktion Welt und Wirklichkeit strukturell erschließt und dem Sehen eine neue Intensität zu geben sucht.

Was erwartet die Besucher Ihrer Ausstellung im Bunker-D?
Ein spannungsreiches Verhältnis zwischen Skulptur, Plastik und Fotografie, das durch kontrastreiche Bearbeitungsweisen und Materialgegensätze sowie durch Bilder geprägt wird, die einerseits malerisch anmuten andererseits durch die Fokussierung auf das Detail in Erscheinung treten.

Was muss man sich unbedingt genauer anschauen bei der Ausstellung?
Nun, ich hoffe, dass alle meine Werke zum genauen Sehen herausfordern und sie vielfältige Sichtweisen und Eindrücke vermitteln. Wenn jedoch dezidiert nach einem einzelnen Werk gefragt wird, so möchte ich auf Zukünftiges verweisen, auf das Installationsprojekt „Der Wald des Friedens“, das auf der Ausstellung im Modell und durch Fotografien dargestellt wird.

Für wen ist Ihre Ausstellung besonders interessant anzuschauen?
Für alle, die offen für eine Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst sind und den Mut besitzen oder sich bewahrt haben, sich in der Konfrontation mit dem Werk der Anstrengung des Sehens und Nachdenkens zu widmen.

Was reizt Sie daran im Bunker auszustellen und was macht für Sie das Besondere an diesem außergewöhnlichen Ort aus?
Wie Sie richtig feststellen, handelt es sich in der Tat um einen außergewöhnlichen Ausstellungsort. Ein Luftschutzbunker des Zweiten Weltkrieges als Ausstellungsort, das ist und sollte eine Herausforderung sein. Nach meiner Ansicht dürfte sich immer die Frage stellen, was ist an einem solchen Ort möglich. Ich habe gerade die beindruckende Dokumentation des Vietnam-Krieges im Fernsehen gesehen und war erschüttert über Grausamkeit, Leid, Indoktrination und Verbohrtheit, aber auch über die Zwänge der Politik und ihre tragischen Folgen. Nach dem Krieg blieb ein gespaltenes Vietnam zurück, in dem sich die Erkenntnis Bahn brach, dass die Erinnerung überwunden werden musste, um Gegenwart und Zukunft gestalten zu können. Im Bunker ist die Erinnerung allgegenwärtig, doch der Ort als solches darf dabei nicht stehen bleiben und insofern ist es etwas über die Geschichte Hinausgreifendes, wenn an diesem Ort die Kunst ihre Fragen stellt.

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