Ein blonder Mann in schwarzer Jacke, steht auf einem Dach.© Privat

Film von FH-Student knackt bald die 100.000ender Marke

von Jana Tresp

Als René Raab seinen Film ‚Smalltown Kiel‘ im Januar 2012 in einige soziale Netzwerke stellte, verbreitete sich dieser wie ein Lauffeuer. Am ersten Tag sahen bereits 7.000 Menschen den Film, am zweiten weitere 20.000, am ersten Wochenende 30.000. „Das war schon eine Überraschung“, sagt Raab. Der Student hatte den Film im Rahmen seines Multimedia Production-Studiums an der Fachhochschule (FH) Kiel mit der ‚Tilt-Shift‘-Methode gedreht. Durch diese Technik wirken die dargestellten Motive, Menschen und Landschaften im Film sehr klein – wie in einer Modelllandschaft. Aber mit so einer positiven Resonanz hatte Raab nicht gerechnet. Mittlerweile sind es über 90.000 Views und die 100.000ener Marke ist nicht mehr weit.

‚Tilt-Shift‘ trickst unser Auge aus

Raab sagt von sich selbst, er rede gerne und viel. So wird aus der Erklärung, was denn die ‚Tilt-Shift‘-Technik überhaupt ist, schnell ein kleiner Vortrag. Um es kurz zu machen: Der Name leitet sich von den ‚Tilt-Shift‘-Objektiven ab. Diese können das Linsensystem gegenüber der Filmebene verschieben (engl. Shift) und verschwenken (engl. Tilt). Die Technik wird unter anderem in der Architektur-Fotografie eingesetzt. Dieser Effekt ist auch mit gewöhnlichen Objektiven erzielbar – genau richtig zum Beispiel für Studierende mit schmalem Budget. Diese können, wie René Raab, die 'Tilt Shift'-Methode auch nutzen, um kleine Kunstfilme zu machen. Dabei werden zum einen die Filmsequenzen beschleunigt und verändert. Zum anderen werden die Bildränder unscharf gestellt und nur ein waagerechter Streifen in der Mitte bleibt scharf. Durch dieses Spiel mit Unschärfe und Schärfe wirkt das Abgebildete sehr klein. „Unsere Sehgewohnheiten veranlassen uns dann dazu, zu denken, dass wir keine echte, große Landschaft, sondern eine Modellbaulandschaft sehen“, erklärt Raab. So zeigt der Film Szenen aus einem miniaturisierten Kiel – mit kleinen Schiffen, kleinen Gebäuden und kleinen Menschen. Daher auch der Name ‚Smalltown Kiel‘.

Eine Hommage an Kiel

Die Idee zum Film kam Raab, als er mit zwei Kommilitonen einen ‚Tilt-Shift‘-Film über die Kieler Woche drehte. „Den fanden alle ganz toll. Da dachte ich mir: Das könnte ich ja mal auf ganz Kiel ausweiten“, erzählt der 29-jährige. So ist eine kleine Hommage an die Stadt entstanden, die nicht nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigt, sondern von allem ein bisschen –ein bisschen Rathaus, ein bisschen Holstenstraße, ein bisschen Strand, ein bisschen Förde, um nur einige Motive des Films zu nennen. „Den Kielerinnen und Kielern wollte ich Orte zeigen, die sie vielleicht noch nicht kennen oder bisher übersehen haben. Ortsfremden wollte ich zeigen, dass Kiel auch schöne Ecken hat“, erklärt der Student. Viele fänden Kiel nicht so hübsch und verglichen die Stadt unfairerweise mit Lübeck. Raab ist kein gebürtiger Kieler, sondern kommt aus dem Plöner Raum. Seit 2004 lebt er in Kiel und fühlt sich sehr wohl. Für ihn ist Kiel „die perfekte Kombination aus Groß- und Kleinstadt.“

Die Arbeit am Film war zeitaufwendig. Insgesamt sind 14 Stunden Filmmaterial zusammengekommen. Der Film hat jedoch ‚nur‘ eine Länge von fünf Minuten vierzig. „Es geht viel Zeit drauf fürs Stehen, Warten und Gucken“, sagt Raab. An jedem Drehort hat er mindestens zwei, drei Stunden gestanden. In geraffter Zeit wäre der Student zwei Wochen am Stück von Drehort zu Drehort gelaufen, hätte sich dort positioniert und den richtigen Moment abgepasst. In Echtzeit hat sich das Projekt von Oktober bis Dezember 2011 hingezogen. Schließlich wollte Raab einen ganzen Tag in Kiel zeigen, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, inklusive aller Jahreszeiten. Vom Kieler Woche-Film hatte Raab noch ein paar Sommerbilder übrig, die Herbst- und Winterbilder kamen von Oktober bis Dezember dazu. „Ich habe zwar noch den Weihnachtsmarkt gefilmt, aber der Schnee kam erst, als ich mit den Dreharbeiten fertig war“, erklärt Raab. Um Frühlingsbilder zu bekommen, hat der Student ein wenig getrickst und Bäume und Sträucher in frisches Grün getaucht. Und es hat funktioniert: Im Film sind die Jahreszeiten gut zu erkennen, und dass der Schnee fehlt, fällt gar nicht auf.

Er könnte jetzt einen ‚Tilt-Shift‘-Film nach dem anderen drehen, aber Raab will nicht der ‚Tilt-Shift‘-Mann sein. „Natürlich sprechen mich erst einmal alle auf ‚Smalltown Kiel‘ an, viele fragen, ob ich so etwas noch einmal mache“, sagt Raab. „Aber in nächster Zeit möchte ich einfach viel Film machen, viel Fernsehen, viel Bild, viel alles – und ab und zu auch gerne wieder ‚Tilt-Shift‘.“

Dass er mehr kann, hat René Raab gerade wieder einmal bewiesen. Ende Mai 2012 hat er seine Bachelor-Arbeit abgegeben. Darin vergleicht er die Fernsehserien CSI Las Vegas, CSI Miami und CSI New York. Es muss also nicht immer ‚Tilt Shift‘ sein.

 

Text: Jana Tresp

© Fachhochschule Kiel