Cora Korte

"Kunst hin­ge­gen er­in­nert ans Sein"

CORA KORTE im Ge­spräch mit Lyssa Plo­the

Un­mit­tel­bar ist so ein Wort, das zu ihr passt. Ohne, dass sich etwas zwi­schen sie und ihr Ge­gen­über schiebt, teilt sie sich mit, in Wor­ten, Ges­ten, Me­ta­phern. „Ich bin jedes Bild“, sagt Cora Korte, blickt einen offen an. Und war­tet.

Korte, ge­bo­ren 1961 als eine von drei Schwes­tern in Flens­burg, will schon seit frü­hes­ter Kind­heit Ma­le­rin wer­den. „Aus Grün­den der Ver­nunft“ be­ginnt die junge Frau nach der Schu­le trotz­dem zu­nächst ein Ger­ma­nis­tik- und Kunst­stu­di­um auf Lehr­amt. Im zehn­ten Se­mes­ter bricht sie ab. „Ich habe nur ein Leben, das ist mir da­mals sehr klar ge­wor­den“, er­in­nert sich Cora Korte. So wid­met sich Korte ab 1986 dem Stu­di­um der Frei­en Kunst an der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le Kiel. Was ihr dabei hilft, ist die Ver­zah­nung der bei­den Stu­di­en­gän­ge schon vor­her: So ging Cora Korte be­reits als Lehr­amts­an­wär­te­rin in der Kunst­hoch­schu­le ein und aus und stell­te schon 1983 das erste Mal aus. „Cora, das gibst du jetzt ab zur Lan­des­schau“, dräng­te ihr Freund Au­gus­tin Noff­ke da­mals, wie sie sich heute schmun­zelnd er­in­nert.

1990 wird ihr Sohn ge­bo­ren, 1991 be­ginnt sie ihre frei­schaf­fen­de Tä­tig­keit, in einer klei­nen Alt­bau­woh­nung mit Flü­gel­tü­ren. „Das eine war mein Ate­lier, der üb­ri­ge Raum das Kin­der­zim­mer“, er­zählt Korte. Ein Sti­pen­di­um nach Den Haag schlägt die junge Mut­ter aus. Auch nach dem Stu­di­um ist sie trotz na­tio­na­len Re­nom­mees und in­ter­na­tio­na­ler Aus­stel­lun­gen in Kiel ver­wur­zelt/zu­hau­se. Seit nun­mehr 25 Jah­ren nutzt sie das Ate­lier am Alten Markt, rund zehn Jahre ein zwei­tes in Ber­lin. Ihre Mo­ti­vik, ge­gen­ständ­lich und abs­trakt, ist immer Re­sul­tat eines Pro­zes­ses mit dem Leben – und mit dem Werk an sich. „Das ist wie ein Ge­spräch“, ver­rät Korte, „die Wir­kung der Farbe, der ge­naue Ver­lauf eines Pin­sel­strichs: Das Bild sagt etwas, ich ant­wor­te dar­auf.“ Auf­fäl­lig in Kor­tes Wir­ken ist das Auf­schei­nen hells­ter Ne­on­far­ben. „Das hat für mich etwas Le­ben­di­ges, Le­bens­be­ja­hen­des“, er­klärt die Künst­le­rin. Die Schwe­re im Leben, oft ist sie An­lass für Zwei­fel und Er­schöp­fung: „Aber immer scheint doch nach sol­chen Pha­sen eine Er­kennt­nis, ein Wach­sen auf“, sagt die Künst­le­rin. Ohne die dunk­len Fa­cet­ten des Da­seins könne man „das an­de­re, das Ge­schenk der vie­len stim­mi­gen Mo­men­te“ nicht in gan­zer Größe wahr­neh­men, ist Korte über­zeugt. „Ich glau­be, Glück ist eine Ent­schei­dung, die von innen kom­men muss: Es ist die geis­ti­ge Ent­schei­dung jedes Ein­zel­nen.“

Den ers­ten Licht­kas­ten ent­wirft Cora Korte 1996. Ei­gent­lich ent­sprang die Idee einer Er­kennt­nis der Kind­heit. „Bei den täg­li­chen Au­to­fahr­ten fiel mir immer wie­der auf, wie sehr sich die Ge­dan­ken­welt än­der­te, je nach­dem ob es Tag war oder Nacht“, er­zählt sie. „Der Tag war eine An­ein­an­der­rei­hung von Er­le­di­gun­gen. Nachts, bei Dun­kel­heit, saß ich auf dem Rück­sitz, schau­te her­aus, sah auf von innen her­aus leuch­ten­de Fens­ter, und exis­ten­zi­el­le Fra­gen rück­ten in mein Be­wusst­sein. Sind die Leute hin­ter die­sen Fens­tern glück­lich? Wo er­fah­ren Sie Freu­de, Schmerz, Un­si­cher­heit? Was treibt sie?“

Mitte der Neun­zi­ger be­gnnt Korte, auf trans­pa­ren­ten Trä­gern zu ar­bei­ten. Zwei grund­ver­schie­de­ne Zu­stän­de auf einen Trä­ger zu brin­gen und je nach Be­leuch­tung von außen oder innen an­de­re Wahr­neh­mun­gen zu schaf­fen, ist ihr ein An­lie­gen. „Hin­ter dem manch­mal leicht Da­her­kom­men­den ist nich tal­les ein­fach; Kunst darf Fa­cet­ten des gan­zen Le­bens auf­grei­fen“, ist sich Korte si­cher. Das ganze Spek­trum des Da­seins und in­di­vi­du­el­len Er­le­bens möch­te sie in ihre Werke ein­brin­gen.

Der Farb­auf­trag auf nicht­trans­pa­ren­ten Trä­gern, Lein­wän­den etwa, ist be­son­ders: Cora Korte ar­bei­tet hier mit einer Schleif­ma­schi­ne und nimmt immer wie­der Schich­ten von Öl­far­be ab, um dann mit klein- wie groß­for­ma­ti­ger Teil­dar­stel­lung zu ar­bei­ten. Die Mo­ti­ve sind dabei bis­wei­len ge­gen­ständ­lich, manch­mal schwin­gen sie sich auf ins Sym­bo­li­sche. Ihre Ar­bei­ten wir­ken ge­le­gent­lich wie eine Col­la­ge, sind je­doch „immer ge­malt“.

Bald möch­te sie noch mehr bild­haue­risch ar­bei­ten, ver­rät die Künst­le­rin. Aber die Kunst und das Leben gehen ihren ei­ge­nen Weg: Das ist das, was mit­schwingt. Jeder Au­gen­blick ist ein­zig­ar­tig und nicht wie­der­hol­bar – das weiß Cora Korte fest­zu­hal­ten in ihren de­tail­lier­ten, ver­spiel­ten, nie­mals aber leicht­fer­ti­gen An­sicht­nah­men der Welt.

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Alle ver­öf­fent­lich­ten Ate­lier­ge­sprä­che und viele wei­te­re Ar­ti­kel über die Kunst auf dem Cam­pus der Fach­hoch­schu­le Kiel, gibt es in der Son­der­aus­ga­be des Cam­pus­ma­ga­zins "viel.​KUNST" nach­zu­le­sen. 

Wenn Sie ein per­sön­li­ches Ex­em­plar des Ma­ga­zins er­hal­ten möch­ten, sen­den Sie uns bitte eine E-Mail an bun­ker-d@​fh-​kiel.​de