Was muss ich bei einer Bewerbung bedenken? - Tipps vom Profi

Die Arbeitsmarktlage ist momentan für die Bewerber*innen günstig. In vielen Branchen ist das Arbeitsangebot niedrig,  gleichzeitig ist die Anzahl der leeren Stellen hoch. Dennoch lohnt es sich, beim Bewerben sorgfältig vorzugehen, wenn man eine begehrte Stelle haben möchte.

Ob nach dem Studienabschluss oder schon während des Studiums: um eine Bewerbung kommt kaum eine*r vorbei. Der Prozess kann aufwändig und zeitintensiv sein und beinhaltet ein hohes Fehlerpotenzial.

Dr. Matthias Dressler, Professor für allgemeine BWL und Marketing an der Fachhochschule Kiel, war früher Personaler bei der Bosch GmbH Zentrale und weiß, wie eine gute Bewerbung aussehen sollte. In einem Interview erzählt er, wie man die Fehler, die direkt zur negativen Auswahl führen, vermeiden kann.

Herr Dressler, welche absoluten No-Go's haben Sie beim Sichten von Bewerbungen am häufigsten erlebt?
Bei einer Bewerbung gibt es viel zu beachten. Ich breche es auf die sechs No-Go’s, aus Sicht eines Personalers oder einer Führungskraft herunter: 

1. Der Leser merkt, dass es sich um eine Massenbewerbung handelt.

Gerade jetzt, wo die Bewerbungen massenhaft digital eingereicht werden, fällt es sofort auf, ob die Bewerberin/der Bewerber fast die gleichen Bewerbungsunterlagen an verschiedene Unternehmen sendet. Besonders negativ wird ein Anschreiben angenommen, wenn die Ansprache mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ beginnt. So werden Bewerbungen direkt abgelehnt, ohne dass ein tiefgehender Blick auf den Lebenslauf fällt. Es muss unbedingt auf die richtige Ansprache geachtet werden. Der Leserin/Dem Leser wird sonst der Eindruck vermittelt, dass die Bewerberin/der Bewerber zu faul ist, den richtigen Namen abzuschreiben oder im Internet herauszusuchen. Hierbei ist besonders darauf zu achten, den Namen der Empfängerin/des Empfängers richtig zu schreiben! Ansonsten wird auch hier häufig direkt eine Absage versendet. Solche kleineren Hygienefaktoren fallen nicht direkt auf, wenn man sie richtig macht, aber es ist schlimm, wenn man einen dieser Fehler begeht.

2. Es wurde keine Recherche über das Unternehmen angestellt.

Heutzutage ist es vergleichsweise einfach, sich tiefgehend mit einer Firma zu befassen. Im besten Fall recherchiert man so gut, dass man die Ansprachpartnerin/den Ansprechpartner überrascht, so dass man mehr über die Firma weiß, als sie/er selbst. Das machen jedoch die Wenigsten.

3. Ich möchte...haben,...ich wünsche mir

Mir ist damals wie heute immer aufgefallen, dass insbesondere Absolvent*innen, die sich direkt nach dem Hochschulabschluss bewerben, ihr Anschreiben mit Wünschen und Ansprüchen befüllen. Fortbildung, Sabbatical, Auslandseinsatz in den USA, etc. Besser ist es jedoch, in die Bewerbung reinzuschreiben, was man mit in die Organisation einbringen könnte. Jede/Jeder hat ja etwas Besonderes, was sie/er in den Beruf mitbringt. Die eigenen besonderen Fähigkeiten, die das Unternehmen stärken, sind der Grund, warum das Unternehmen eine Bewerberin/einen Bewerber „einkauft“. Es sollte also immer darauf geachtet werden, diese zu betonen.

4. Fehlt fast immer: Was konkret bringe ich ein (mit Beweisen).

Es muss immer nachvollziehbar gemacht werden, was eine Bewerberin/ein Bewerber mitbringt. Es kommt sehr häufig vor, dass die Personalerin/der Personaler die Angaben überprüft. Steht in einer Bewerbung beispielsweise, dass die Bewerberin/der Bewerber Leistungssport betreibt oder eine Trainerlizenz besitzt, sollte immer ein Beweis dafür im Anhang vorhanden sein.

5. Es wird unterschätzt, dass die Bewerbung die Probearbeit ist.

Ausschlusskriterium: Rechtschreibfehler, Tippfehler, Satzzeichenfehler. Das Bewerbungsschreiben darf keine Rechtschreibfehler beinhalten. Eine Bewerbung ist so etwas wie ein Gesellenstück. Die erste Arbeit, die man vorweist. Nur anhand dieser wird eine Bewerberin/ein Bewerber bewertet. Rechtschreibfehler deuten auf Ungenauigkeit.

Eine Ausschreibung zieht in den meisten Fällen viele Bewerbungen nach sich. Deshalb sollte eine Bewerbung am Besten kurz und knackig sein. Sie sollte eine Seite Motivationsschreiben und maximal eineinhalb Seiten Lebenslauf beinhalten (plus die Zeugnisse und Referenzen).

6. Private Social Media Einträge

Ein Instagram-Post aus der letzten Party-Nacht kann der Bewerberin/dem Bewerber die Chance auf die Stelle nehmen. Für Personaler*innen gibt es nichts Einfacheres[2] , den Namen der Bewerberin/des Bewerbers zu googlen. Treten Peinlichkeiten auf, wird sich deshalb vermutlich gegen eine Bewerberin/einen Bewerber entschieden.

"Haben Sie noch Fragen?" - Welche Fragen hinterlassen hier einen guten Eindruck bei der/dem Personaler*in?

Die Bewerbungsgespräche laufen seit vielen Jahren ungefähr gleich ab. Deshalb ist es auch relativ einfach, sich auf diese vorzubereiten. Die Frage: "Haben Sie noch Fragen?", stellt fast jede Personalerin/jeder Personaler. Diese mit einem stumpfen „Nein“ zu beantworten vermittelt Desinteresse. Sinnvoll ist es, beispielsweise nach den mittelfristigen Entwicklungsmöglichkeiten, der strategischen Ausrichtung des Unternehmens oder den besonderen Erwartungen an die Mitarbeiter*innen allgemein oder an die Bewerberin/den Bewerber der Stelle nachzufragen. Auch nach einer Erläuterung der Mission oder Vision zu fragen, hinterlässt einen guten Eindruck.

Sollten die persönlichen Hobbies mit in den Lebenslauf?
Ja, aber nur, wenn es relevant für die Stelle ist oder es die Stärken hervorhebt.

Gehört ein Bewerbungsfoto noch mit in die Bewerbungsmappe?
Ein Bewerbungsfoto ist kein Muss mehr. Jedoch sollte sich informiert werden, wie die Firma aufgestellt ist und ob es zur Unternehmenskultur passt. Einige Unternehmen geben konkret an, ob sie ein Bewerbungsfoto haben möchten oder nicht. Wenn ein Foto mit eingereicht wird, dann sollte es unbedingt professionell sein. Ein nettes Bild aus dem letzten Urlaub darf es nicht sein.

Vielen Dank, Herr Dressler, für diese interessanten Einblicke.

Tipp:
Wenn Sie derzeit eine Bewerbung verfassen, können Sie Ihre Unterlagen bei Prof. Dr. Dressler per E-Mail zur Überprüfung einreichen unter matthias.dressler@fh-kiel.de.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihren Bewerbungsprozessen!

Text: Amely Hunklinger
(veröffentlicht: 02.08.2022-ra)