eine Frau lächelt vor schwedischer Kulisse in die Kamera© M. Schwa­ge­rick

10 Grün­de, warum die Schwe­den so glück­lich sind

von Maike Schwa­ge­rick

Bei sämt­li­chen Glücks­ran­kings liegt Schwe­den ganz weit vorne. Die Stu­den­tin Maike Schwa­ge­rick war davon in­spi­riert. Sie hat ein Aus­lands­se­mes­ter in Jön­köping am Vät­tern­see ge­macht und woll­te es ge­nau­er wis­sen. In die­sem Ar­ti­kel be­schreibt sie zehn Grün­de, warum die Schwe­den so glück­lich sind.

Fika

ein Brotkorb gefüllt mit schwedischen Zimtschnecken©M. Schwa­ge­rick

„Fika“ ist das erste Wort, was ich nach mei­ner An­kunft in Schwe­den ge­lernt habe. Und nein, es hat tat­säch­lich rein gar nichts mit Ge­schlechts­ver­kehr zu tun. Viel mehr be­schreibt Fika die ur­alte schwe­di­sche Tra­di­ti­on, die Ar­beit am Nach­mit­tag kurz zu un­ter­bre­chen, um mit Freun­den und Kol­le­gen eine Kaf­fee­pau­se ein­zu­le­gen. Dazu gibt es schwe­di­sches Ge­bäck, wie zum Bei­spiel Zimt­schne­cken (Ka­nel­bull­ar), Scho­ko­la­den­ku­chen (Kladd­ka­ka) oder Scho­ko­bäll­chen (Cho­klad­bol­lar). Alle drei sind un­glaub­lich le­cker und haben einen fes­ten Platz in mei­nem Ku­chen-Herz ge­won­nen. Doch neben der klei­nen Stär­kung am Nach­mit­tag geht es bei der Fika vor allen Din­gen darum, mit­ein­an­der ins Ge­spräch zu kom­men und ein biss­chen aus dem Leben zu er­zäh­len. Eine zu­cker­sü­ße Tra­di­ti­on, die ga­ran­tiert für gute Laune sorgt.

Mein Tipp für dich: Zu­sam­men mit einer/einem Freund*in eine Fika-Pause im Ame­ri­can Diner (im gro­ßen Hör­saal­ge­bäu­de) ein­le­gen und ein Stück­chen Ku­chen gön­nen.

Natur

Blick auf eine Seenlandschaft in Schweden©M. Schwa­ge­rick

Egal, wo du in Schwe­den bist: Das nächs­te Na­tur­schutz­ge­biet ist nicht weit ent­fernt. Mehr als die Hälf­te des Lan­des ist be­deckt mit Wäl­dern. Dazu kom­men zahl­rei­che Seen, In­seln und Na­tio­nal­parks, in denen man sich wun­der­bar er­ho­len kann. Oder aber man ver­ab­re­det sich mit Freund*inn­nen zum Wan­dern, Schwim­men, Rad­fah­ren, Zel­ten und einem ge­müt­li­chen Abend am La­ger­feu­er. Von Bar­be­cue bis Fern­wan­der­we­ge habe ich alles ein­mal aus­pro­biert und es sehr ge­nos­sen. Die schwe­di­sche Natur ist so wun­der­schön und weit­läu­fig, dass man sich bei einem Spa­zier­gang am Don­ners­tag­nach­mit­tag wie im Ur­laub füh­len kann. Und das meist nur we­ni­ge Bus­hal­te­stel­len vom Zen­trum ent­fernt.

Mein Tipp für Kiel: In der Nähe vom Cam­pus der FH Kiel eine klei­ne Wan­de­rung durch das Na­tur­schutz­ge­biet „Mön­ke­ber­ger See“ ma­chen.

Sauna

Blick in eine menschenleere Sauna©Adobe Stock/ T. Wich­mann

Wann warst du das letz­te Mal in der Sauna? Genau, diese Frage konn­te ich mei­nen scho­ckier­ten Freund*in­ne­nen in Schwe­den zu Be­ginn auch nicht be­ant­wor­ten. Doch das soll­te nicht lange so blei­ben. Die Sauna, auf Schwe­disch „Bastu“, ist der Ort, wo sich die Men­schen tref­fen, mit­ein­an­der quat­schen und eine Tasse Tee trin­ken. Erst habe ich mich gar nicht rein ge­traut – und dann war ich ir­gend­wann jeden zwei­ten Abend dort, auch gerne ganz al­lein. Die Wärme und die Ruhe haben es jedes Mal ge­schafft, mein Ge­dan­ken­cha­os wie­der in Ba­lan­ce zu brin­gen. Bei der Hitze hat man schlicht weg ein­fach keine Kraft sich noch über Dinge auf­zu­re­gen oder nach­zu­grü­beln. Dank der Wärme und Stil­le wird die Welt wie­der viel leich­ter.

Mein Tipp: Die Sauna in dei­nem Fit­ness­stu­dio nächs­tes Mal nach dem Sport aus­pro­bie­ren. Auf der un­ters­ten Stufe ist es am we­nigs­ten heiß. Üb­ri­gens be­hal­ten viele Leute in der Sauna auch ein­fach ihre Ba­de­sa­chen an, das ist kein Pro­blem.

For free

vier im Wald gesammelte Pilze©M. Schwa­ge­rick

Mal ganz ab­ge­se­hen davon, dass in Schwe­den alles sehr teuer ist, gibt es aber auch viele Dinge um­sonst. Das Geld wird ein­fach an­ders ver­teilt, könn­te man sagen. Und so er­lebt man immer wie­der klei­ne Glücks­mo­men­te, wenn man eine Zimt­schne­cke ge­schenkt be­kommt oder sich kom­plett kos­ten­frei Schlitt­schu­he aus­lei­hen darf. Einer mei­ner Do­zen­ten hat uns von sei­nem klei­nen Sohn er­zählt, der ihn ein­mal ge­fragt hat, wieso sie ge­brauch­te Sa­chen an Be­dürf­ti­ge spen­den. Seine Ant­wort lau­te­te: „Be­cau­se we can.“ In Schwe­den hal­ten die Men­schen zu­sam­men, hel­fen sich ge­gen­sei­tig und tei­len Dinge, die sie nicht mehr brau­chen. Ge­ra­de als Aus­tausch­stu­den­tin habe ich das sehr zu schät­zen ge­lernt.

Mein Tipp: Einer Per­son, die du gerne hast, ein­fach mal ohne An­lass eine Freu­de ma­chen und eine Klei­nig­keit ver­schen­ken.

Po­lar­lich­ter

Polarlichter in Schweden©C. Dous­seaux

Si­cher­lich kennst du diese Fotos mit dem grü­nen Ster­nen­him­mel, der aus­sieht, wie in Pho­to­shop be­ar­bei­tet. Als Me­di­en­stu­den­tin kann ich dir sagen, dass das tat­säch­lich auch oft­mals zu­trifft. Doch nach mei­nem Aus­lands­se­mes­ter weiß ich nun, dass es sie wirk­lich gibt: Mit guten Wet­ter­be­din­gun­gen, einer Mit­tei­lungs-App und etwas Glück kann man in Schwe­den sein ei­ge­nes Foto von den Po­lar­lich­tern ma­chen. Im Süden kommt das Him­mel­leuch­ten nicht allzu häu­fig vor. Doch wenn man zur rich­ti­gen Zeit am rich­ti­gen Ort steht, dann ist es ein­fach nur ma­gisch, und man wird zum glück­lis­ten Men­schen der Welt – egal, ob Schwe­de oder Tou­rist.

Mein Tipp: Eine Show im Me­di­en­dom be­su­chen und unter der Kup­pel sie Ster­ne be­ob­ach­ten.

Die rich­ti­ge Mi­schung ...

zwei Hände halten zwei Papierherzen gegen das Licht©Adobe Stock
Hand hol­ding heart on sky sun­set , Love in Va­len­ti­ne's day, Happy Va­len­ti­ne, World heart day

…hat in Schwe­den einen ei­ge­nen Namen. Wenn etwas nicht zu viel und nicht zu wenig ist, dann ist es „lagom“. Es be­schreibt den aus­ge­gli­che­nen und zu­frie­de­nen Le­bens­stil der Schwe­den und be­geg­net einem in sämt­li­chen All­tags­si­tua­tio­nen wie­der. Das Essen, das Wet­ter, die Klei­dung und selbst die Men­ta­li­tät der Men­schen ist meis­tens auf einem ge­sun­den Mit­tel­maß. Selbst die Bi­blio­thek auf dem Cam­pus hat am Wo­chen­en­de ge­schlos­sen, weil die Stu­die­ren­den sich er­ho­len sol­len. Und schon die Kin­der wach­sen mit dem Lagom-Prin­zip auf und dür­fen zum Bei­spiel nur am Sams­tag Sü­ßig­kei­ten na­schen. Für uns klingt es un­vor­stell­bar, doch die Kin­der sind daran ge­wöhnt und jeden Sams­tag über­glück­lich.

Mein Tipp: Ein biss­chen „lagom“ in dein Leben brin­gen und den We­cker für mor­gen stel­len. Und zwar nicht zu früh und nicht zu spät. So kannst du den Tag viel ent­spann­ter be­gin­nen.

Sport

eine Frau auf einer Ski-Piste©M. Schwa­ge­rick

Ja, es stimmt: Die Schwe­den fah­ren selbst im Win­ter bei Schnee, Eis und Minus-Gra­den mit dem Fahr­rad zur Ar­beit. Na­tür­lich ist nicht jeder Schwe­de oder jede Schwe­din ein Pro­fi­sport­ler, aber den­noch sind sie bei sämt­li­chen in­ter­na­tio­na­len Sport­wett­kämp­fen nicht sel­ten unter den Top drei. Da mehr als die Hälf­te des Lan­des aus wun­der­schö­ner Natur be­steht, gibt es auch zahl­rei­che Mög­lich­kei­ten für Out­door-Ak­ti­vi­tä­ten. Ich selbst habe mich in einem Ski-Kurs ver­sucht und war sehr über­rascht, wie toll das war. Sport mit Freun­den macht ein­fach glück­lich – das wis­sen die Schwe­den und geben es Ge­ne­ra­ti­on für Ge­ne­ra­ti­on wei­ter.

Mein Tipp: Einen Sport­kurs von der Uni oder der Fach­schu­le raus­su­chen und den Spaß dei­nes Le­bens haben.

Schwe­disch

eine gelbe Sprechblase mit dem Wort Hej darin, drumherum Sterne©Adobe Stock
Yel­low sti­cker with shape of speech bubble, clip­ping path in­clu­ded

Wenn ich die schwe­di­sche Spra­che mit einem Wort be­schrei­ben müss­te, dann wäre es „fluf­fig“. Wenn man im Bus sitzt und den Schwe­den beim Reden zu­hört, klingt es fast so, als wür­den sie sin­gen. Die Spra­che ist sehr me­lo­disch und ent­hält viele wei­che Laute. Die Buch­sta­ben­sup­pe be­steht zum gro­ßen Teil aus j, ver­fei­nert mit ö, ü und sch und leicht ge­würzt mit einem ge­roll­ten r. Dazu kommt noch, dass die Sil­ben sehr deut­lich be­tont wer­den, wes­halb die Sätze lang­sam und ver­ständ­lich klin­gen. Vor allen Din­gen wir aus dem ech­ten Nor­den kön­nen uns viele schwe­di­sche Wör­ter über­set­zen, da sie dem platt­deut­schen Dia­lekt nicht sel­ten sehr ähn­lich sind. Alles in allem bin ich der fes­ten Über­zeu­gung, dass die Zu­frie­den­heit der Schwe­den auch daher kommt, dass die Spra­che zu freund­lich ist, um sich rich­tig strei­ten zu kön­nen.

Mein Tipp: Den Song „Ett full­kom­ligt kaos“ von Bo Kas­pers Or­kes­ter an­hö­ren

Ta­co­frei­tag

eine Studentin und ein Student sitzen an einem mit Zutaten für Tacos gedeckten Tisch©M. Schwa­ge­rick

Die Schwe­den lie­ben Tacos. Sie lie­ben Tacos so sehr, dass sogar ein ei­ge­ner Wo­chen­tag für das me­xi­ka­ni­sche Ge­richt fest­ge­legt wurde. Und auch beim Ein­kau­fen im Su­per­markt kommt man nicht am Taco-Regal vor­bei. Der „Ta­co­f­re­d­ag“ ist in Schwe­den schon lange Tra­di­ti­on und bringt jeden Frei­tag die Men­schen am Ess­tisch zu­sam­men. Aus Hack­fleisch, Ge­mü­se, Salat, Käse und me­xi­ka­ni­scher Soße kann sich dann jeder sei­nen ei­ge­nen Taco ganz in­di­vi­du­ell zu­sam­men­bas­teln. Am Abend des schwe­di­schen ESC-Vor­ent­scheids habe ich bei einer Freun­din das erste Mal Tacos pro­biert und mich so­fort ver­liebt. Ähn­lich wie ein Wrap sind Tacos sehr leicht zu ma­chen und schme­cken ein­fach wahn­sin­nig le­cker! Wieso die Skan­di­na­vi­er so ver­rückt nach me­xi­ka­ni­schem Essen sind, weiß nie­mand so genau. Fakt ist aber: Wir brau­chen das in Deutsch­land auch!

Mein Tipp: Tacos oder Wraps ein­kau­fen und deine Freun­de zum „Ta­co­f­re­d­ag“ ein­la­den.

Sehr viel Platz

ein verschneiter Weg durch schwedische Weiten©M. Schwa­ge­rick

In Deutsch­land leben durch­schnitt­lich rund 230 Ein­woh­ner pro Qua­drat­ki­lo­me­ter. In Schwe­den sind es hin­ge­gen nur 26. Und die­sen ge­wal­ti­gen Un­ter­schied spürt man auch. Ob für Men­schen, Tiere, Häu­ser oder Autos, es ist ein­fach mehr Platz als bei uns. Es gibt we­ni­ger Ge­drän­ge und we­ni­ger Hek­tik. Die Au­to­fah­rer sind viel ent­spann­ter und hal­ten fast immer an, wenn man über die Stra­ße gehen möch­te. Es müs­sen keine Not­lö­sun­gen für Rad­we­ge und Park­plät­ze ge­fun­den wer­den. Und das sind meine per­sön­li­chen Er­fah­run­gen aus Süd­schwe­den. Fährt man wei­ter hoch in den Nor­den, kann man tat­säch­li­che völ­li­ge Stil­le und Ein­sam­keit in der Natur ge­nie­ßen. Erst im Aus­lands­se­mes­ter ist mir be­wusst ge­wor­den, wie schön es ist, wenn man sich im All­tag nicht mehr drän­geln muss.

Mein Tipp: Mit dem Se­mes­ter­ti­cket an die Nord­see fah­ren und bei Ebbe bis zum Ho­ri­zont schau­en.

Fika, Natur, Sauna, Sharing, Po­lar­lich­ter, lagom, Sport, Schwe­disch, Tacos und Platz - si­cher­lich sind das noch längst nicht alle Grün­de, warum die Schwe­den so glück­lich sind. Doch aus ei­ge­ner Er­fah­rung kann ich sagen, dass al­lein diese zehn Dinge un­glaub­lich viel Freu­de ma­chen. Pro­bie­re es sel­ber aus und lass dich in­spi­rie­ren. Viel Glück!

 

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