Vom 22. Mai bis 2. Juli 2025 ist Andreas Trabitzsch zu Gast im Bunker-D der Fachhochschule Kiel. In seiner Ausstellung „Fotografie Zeichnung“ widmet sich der Kieler Künstler den Themen Flucht und Migration sowie Naturerfahrungen. Die Ausstellung wird ergänzt durch Fotografien der ukrainischen Künstlerin Oleksandra Vazianova, die in ihrem „Calendar of Pain“ den russischen Angriffskrieg auf ihre Heimat dokumentiert.
Das zerstörte Dach des Mariupol Drama Theatre am Tag 22 des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Dieses Foto ist eines von vielen erschütternden Dokumenten aus dem Calendar of Pain, mit dem die junge ukrainische Künstlerin Oleksandra Vazianova den Krieg in ihrer Heimat seit Beginn der russischen Invasion dokumentiert. Der Kalender der Schmerzen zählt fortlaufend die Kriegstage, auch um das eingefrorene Zeitgefühl der Ukrainer*innen zu vermitteln: „Nach dem 24. Februar 2022 scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, diese drei Jahre sind wie ein langer schrecklicher Monat Februar“, schreibt Oleksandra Vazianova. „All meine Arbeiten handeln jetzt vom Krieg, weil Indifferenz schreckliche Konsequenzen hat und ich alles in meiner Macht Stehende tun möchte, um der Ukraine in diesem Krieg zu helfen“. Mittlerweile hat sie sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet.
Der Kieler Künstler Andreas Trabitzsch stellt den bedrückenden Fotos eigene Arbeiten gegenüber. 2023 hatte er Vazianova im Bunker-D im Rahmen einer Ausstellung von Werken geflüchteter Künstler*innen persönlich kennengelernt. Seitdem ist der Calendar of Pain als Papierarbeit im Café des Bunker-D öffentlich zugänglich. „Es wird aber erfahrungsgemäß von Besuchern nicht gewagt, ihn durchzublättern“, bedauert Trabitzsch. Und so entstand gemeinsam mit dem Team der Galerie die Idee, die Bilder und Texte des großflächigen Werks an die Wände zu projizieren, um eine intensivere Betrachtung zu ermöglichen.

In seiner Ausstellung „Fotografie Zeichnung“ widmet sich Andreas Trabitzsch zwei räumlich getrennten Schwerpunkten: Seinen Begegnungen mit Geflüchteten sowie Arbeiten, die die Schönheit und Verletzlichkeit der Natur zeigen. Die dokumentarisch wirkende Foto-Serie „Kleine Inseln“ entstand 2023 und 2024 bei Kunst-Workshops mit Kindern zwischen vier und 13 Jahren in der Flüchtlingsunterkunft Arkonastraße/Wik. In anonymen Andeutungen und Ausschnitten versucht Trabitzsch, die Situation und Atmosphäre der Wohn-Blocks mit 800 Menschen, ihre Spannungen und Konflikte, aber eben auch die Momente der Entspannung für die Kinder im Kontakt mit Kreativität zu zeigen.
Trabitzsch, auch bekannt für seine Kombination von Fotografie und Zeichnung, interessiert sich für den „Zwischenraum“, der durch die Verschränkung dieser beiden Medien entsteht. So bringt er beispielsweise das in der Biologie „Baumkronenschüchternheit“ genannte Phänomen sich nicht berührender Zweige benachbarter Bäume als Untersicht-Foto in einen abstrakten Zusammenhang zwischen den optischen Leerstellen am Himmel und den grafischen gelesenen Verzweigungen. Im Wechsel gehängt, ergeben sich zwischen Fotos und Zeichnungen/Collagen reizvolle ästhetisch-phänomenologische Korrespondenzen.
„Ich gehe oft rein intuitiv vor“ sagt er zu seinen teils aus dem Gedächtnis ausgeführten Zeichnungen und Tuschebahnen, zart, suchend oder stark gestisch. In Arbeiten wie „sweet home“ kommt Trabitzschs Faszination für Raumwahrnehmung und kontrastreiche Konfrontationen von Schwarz und Weiß, Linie und Fläche neben fotografischen Unschärfen zum Tragen. Die digitale Farbserie „Von B nach A“ zeigt die Sonntagsleere der Baustelle an der B 404 als beinahe bühnenartigen urbanen Unort, der „die Zerstörung der Natur beeindruckend und brutal“ zeigt. Bagger, Blinklichter und Markierungen könnten hier als Zeichen umgedeutet werden.

Die Ausstellung wird am 22. Mai um 18 Uhr eröffnet und ist bis zum 2. Juli 2025 im Bunker-D zu sehen sein. Führungen mit Künstlergespräch finden am 4. Juni 2025 und 2. Juli 2025, ab 15 Uhr statt.
Die Galerie ist montags bis freitags von 10.00 bis 14.00 Uhr und mittwochs von 10.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Weitere Termine unter: bunker-d@fh-kiel.de
Andreas Trabitzsch, geboren 1955 in Nortorf, absolvierte eine Ausbildung zum Krankenpfleger und arbeitete in diesem Beruf, bis er von 1989 bis 1995 mit den Studienschwerpunkten Malerei, Zeichnung und Fotografie an die Hochschule für Bildende Künste Hamburg ging. 1997-99 erhielt er ein Stipendium für Dokumentarfotografie der Patriotischen Gesellschaft in Hamburg. Seit 1993 kontinuierlich zahlreiche Einzel- und Gruppen-Ausstellungen u. a. 1995 zum Aenne-Biermann-Preis in Gera, Herten und Berlin; 2001 rechte Gewalt – Künstlerinnen und Künstler nehmen Stellung in Kiel, Elmshorn, Bad Oldesloe und Pinneberg.