Ein Mann in schwarzem Hemd sitzt in einem Schaltraum und steuert etwas.© J. Kohl­mor­gen

Dem Jahr­hun­dert­blitz auf der Spur

von viel.-Re­dak­ti­on

Blitz­la­bor­team der FH Kiel tes­tet mo­der­nes Blitz­mo­ni­to­ring­sys­tem

Gast­bei­trag von Prof. Dr.-Ing. Kay Reth­mei­er (La­bor­lei­ter Hoch­span­nungs­tech­nik und Di­rek­tor des In­sti­tu­tes für Elek­tri­sche En­er­gie­tech­nik an der FH Kiel)

Ef­fi­zi­enz ist ge­fragt! Wind­rä­der wer­den immer leis­tungs­stär­ker und grö­ßer, damit sie auch bei ge­rings­tem Platz­be­darf ein Ma­xi­mum der an­ge­bo­te­nen Wind­kraft ab­ern­ten kön­nen. Mit jedem Meter mehr an Höhe steigt aber auch die Wahr­schein­lich­keit, dass bei einem Un­wet­ter eines der Ro­tor­blät­ter vom Blitz ge­trof­fen wird. Klei­ne­re Blit­ze ste­hen quasi auf der Ta­ges­ord­nung und wer­den von mo­der­nen Wind­müh­len lo­cker weg­ge­steckt. Doch rich­tig star­ke at­mo­sphä­ri­sche Ent­la­dun­gen, wie zum Bei­spiel der von allen ge­fürch­te­te „Jahr­hun­dert­blitz“, kön­nen große Schä­den ver­ur­sa­chen. Die vom Blitz ge­trof­fe­ne Wind­kraft­an­la­ge ist dann zer­stört oder muss zu­min­dest auf­wän­dig re­pa­riert wer­den.

„Wann ist der Blitz­scha­den so groß, dass vor Ort auf hoher See re­pa­riert wer­den muss?“, frag­te sich auch ein gro­ßer deut­scher Her­stel­ler von Blitz­schutz­tech­nik und ent­wi­ckel­te ein Mo­ni­to­ring­sys­tem für Blitz­ein­schlä­ge, wel­ches eine zu­ver­läs­si­ge Aus­sa­ge über die Scha­dens­wir­kung am Ein­schlags­ort lie­fern kann. Denn wenn das Zer­stö­rungs­po­ten­zi­al eines Blit­zes be­kannt ist, kann der Wind­park­be­trei­ber be­quem aus der Ferne ent­schei­den, ob ein kost­spie­li­ger He­li­ko­pter­flug zur Be­gut­ach­tung des mög­li­chen Scha­dens not­wen­dig ist oder nicht. Viele die­ser In­spek­ti­ons­flü­ge sind näm­lich un­nö­tig, da es sich oft nur um Ein­schlä­ge klei­ne­rer Blit­ze han­delt, die nur einen „Lack­scha­den“ ver­ur­sa­chen, aber die An­la­ge an sich nicht ge­fähr­den. Hier liegt das Ein­spar­po­ten­zi­al eines sol­chen Mo­ni­to­ring­sys­tems für den Wind­mül­ler. Das in­no­va­ti­ve Mess­sys­tem wird in die Ro­tor­blät­ter ver­baut, misst in Echt­zeit den Blitz­strom und be­wer­tet die für Scha­dens­fäl­le re­le­van­ten Pa­ra­me­ter wie Strom­stär­ke, Blitz­la­dung und Zer­stö­rungs­en­er­gie. Doch auch ein solch hoch­mo­der­nes Mess­sys­tem muss zu­erst unter La­bor­be­din­gun­gen be­wei­sen, was in ihm steckt: Ist es auch für den Jahr­hun­dert­blitz ge­eig­net, oder ver­sagt es genau dann, wenn es am meis­ten ge­braucht wird?

Zu die­sem Zweck wur­den im Blitz­la­bor der Fach­hoch­schu­le Kiel Un­ter­su­chun­gen durch­ge­führt, mit denen ein be­reits auf dem Markt er­hält­li­ches Mo­ni­to­rings­sys­tem auf seine Taug­lich­keit bei Ex­trem­blit­zen über­prüf­ten wer­den soll­te. Deut­sche DIN-Nor­men für Blitz­schutz schrei­ben Tests mit ma­xi­mal 200.000 Am­pere Strom­stär­ke vor, doch erst wenn das Mess­sys­tem auch 300.000 Am­pere rich­tig er­fas­sen kann, ist man auf der si­che­ren Seite. Für der­ar­ti­ge Tests fah­ren die Kun­din­nen und Kun­den gerne ei­ni­ge hun­dert Ki­lo­me­ter, denn in Deutsch­land wird diese Strom­stär­ke nur von einer Hand voll Ein­rich­tun­gen be­herrscht. Die Fach­hoch­schu­le Kiel be­treibt eines die­ser leis­tungs­star­ken Blitz­la­bo­re, wel­ches die im­mensen Strom­kräf­te und die hohen Tem­pe­ra­tu­ren bei si­mu­lier­ten Ex­trem­blit­zen kon­trol­lie­ren kann. Und so konn­te er­folg­reich be­stä­tigt wer­den, dass der in­no­va­ti­ve Echt­zeit-Sen­sor auch den Jahr­hun­dert­blitz er­folg­reich er­fas­sen und au­to­ma­ti­siert ein Scha­dens­team auf den Weg brin­gen kann.

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