drei Personen an einem Stein© FH Kiel
Sind mit wertvollen Erkenntnissen von der Exkursion zurückgekehrt: (v.l.) Bennet Bosesky, Fabian Engbrecht und Fabian Hamann.

Exkursion: Fake News und der neue kalte Krieg

von Bennet Bosesky, Fabian Hamann, Fabian Engbrecht

Als das vorläufige IDW-Programm veröffentlicht wurde, waren Bennet Bosesky, Fabian Hamann und Fabian Engbrecht davon überzeugt, die Exkursion „Contemporary Information Warfare and the New Cold War“ nach Vilnius/ Litauen unbedingt mitmachen zu wollen. Über das Programm und die gewonnen Erkenntnisse, berichten sie im Blog.

Das Thema ist durch den aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine in aller Munde, und wir wollten die Gelegenheit nutzen, einen direkten Ländernachbarn Russlands zu besuchen und uns ein Bild vor Ort zu machen. Nach dem wir alle eine Zusage für die Exkursion erhalten hatten, kümmerten wir uns sofort um die Flüge und die Unterkunft. Nun begannen Wochen der Vorfreude und Planung für den Trip. Für uns alle war es die erste Exkursion im Rahmen der IDW sowie der erste Aufenthalt in Litauen.

Einen Tag vor Exkursionsstart ging es von Bremen mit dem Flugzeug nach Vilnius, andere Teilnehmer nahmen die Fähre oder den Zug. Kaum in Vilnius angekommen, überraschte uns der Taxifahrer mit einer rasanten Fahrt durch die Innenstadt - 60 Stundenkilometer schneller als erlaubt. Kurz nach Mitternacht erreichten wir dann endlich unsere Airbnb-Unterkunft, wo uns als erstes unser Vermieter darüber aufklärte, dass wir lieber die App „Bolt“ für die Mobilität in Vilnius benutzen sollten und nicht die klassischen Taxen, da es so wesentlich günstiger ist. Gut, aus Fehlern lernt man…

Nach einer kurzen Nacht begann unser erster Tag an der Opera Apotheke, an der wir mit einem Bus zu der so genannten „Green Border“ (Grenze zwischen Weißrussland und Litauen) gefahren sind. Dort angekommen besuchten wir zuerst das Trainingslager der Litauischen Spürhunde. Uns wurde in diesem Trainingslager gezeigt, wie die Trainer mit den Hunden zusammenleben und trainieren. Die Hunde werden ab dem zweiten Lebensmonat von einem zugewiesenen Trainer dahingehend ausgebildet, um illegale Grenzübertritte und Schmuggler aufzuhalten sowie deren Schmuggelware ausfindig zu machen. Sehr bemerkenswert fanden wir, dass 140 Trainer und ihre Hunde Tag und Nacht zusammen verbringen.

Gruppe von Menschen©FH Kiel
Die FH-Studierenden besuchten auch das Hauptquartier der litauischen Grenzpolizei.

Nach einer ausführlichen Tour durch das Trainingscamp der Hunde haben wir uns auf den Weg zum Hauptquartier der litauischen Grenzpolizei gemacht. Dies liegt an der Grenze zu Weißrussland. Schon weit vor der Grenze fiel auf, dass sich ein kilometerlanger Stau aus Lkw Richtung Weißrussland gebildet hatte. Wie man schon ahnen könnte, haben all diese Lkw auf die Kontrolle ihrer Pässe gewartet. Solch ein Stau sei normal, wurde uns gesagt, und die Lkw-Fahrer müssten eine Wartezeit von sechs Stunden einplanen. In Einzelfällen kommt es sogar zu Wartezeiten von drei bis vier Tagen. Bei der Besichtigung des Hauptquartiers der litauischen Grenzpolizei durften wir einen Blick auf alle Kameras der litauischen Grenze werfen, und es wurden uns außerdem Videos von illegalen Grenzübergängen gezeigt. Anschließend ging es zurück nach Vilnius, wo wir nach einem kleinen Mittagessen eine Führung durch das litauische Parlament bekamen. Außerdem hatten wir anschließend die Gelegenheit, mit den litauischen Spitzenpolitikern Laurynas Kasčiūnas und Matas Maldeikis zu sprechen. Dies rundete den Tag ab, da wir offene Fragen zur EU-Grenzsicherheit klären konnten. Nun hatten wir Zeit für unsere persönliche Tagesgestaltung. Diese bestand aus Einkaufen, Kochen und einer Stadterkundung.

Am zweiten Tag waren wir im Gebäude des Verteidigungsministeriums und haben uns einen interessanten Vortrag über die verschiedensten Arten von Fake News im Internet angehört und welche Präventionsmaßnahmen die Nato gegen Fake News trifft. Wirklich bemerkenswert, welche Ausmaße der Informationskrieg angenommen hat. Nach diesem Vortrag besichtigten wir die Vilnius Universität. Ein spannender Einblick in die Räumlichkeiten. In unserer anschließenden zweistündigen Pause, in der wir Vilnius auf eigene Faust näher erkundet haben, machten wir uns auf den Weg zum Ukrainian Center bei der Vytautas Magnum University. Dieses ist ein Eingliederungscenter für ukrainische Kriegsflüchtlinge, das eine Non-Profit Organisation ist und ausschließlich aus Spenden finanziert wird. In dieser Unterkunft befinden sich aktuell 2000 Flüchtlinge, überwiegend Frauen und Kinder. Der Gründer dieser Einrichtung ist der ehemalige Diplomat Algirdas Kumza, mit dem wir die einmalige Möglichkeit hatten, uns zu unterhalten und Fragen zu stellen. Nach einer beeindruckenden Schilderung von zwei Flüchtlingen, die uns ihre bewegende Geschichte erzählten, wurde uns ein Einblick in die einzelnen Aktivitäten gewährt, wie z.B Englischunterricht, Gesangsunterricht und Kinderbetreuung. Es war schön zu sehen, dass sie trotz des langen Leidensweges ein Lächeln im Gesicht hatten. Nach der Besichtigung hatten wir wieder die Möglichkeit, den Abend nach unseren Wünschen zu gestalten. Dieser begann mit einem Besuch eines traditionell litauischen Restaurants. Wir probierten Brotsticks mit kalter Rote-Bete-Suppe. Sehr lecker! Anschließend waren wir sehr erschöpft und legten uns etwas früher als in den vorigen Tagen schlafen.

Blick in einen Raum des Ukrainian Refugee-Centers©FH Kiel
Das Ukrainian Refugee-Center war ebenfalls eine Station auf dem Programm der Exkursion.

Am dritten Tag konnten wir zum ersten Mal auf diesem Trip gestärkt mit über sieben Stunden Schlaf in den letzten Tag starten. Treffpunkt war das Opernhaus, das wir nach einer zehn-minütigen Taxifahrt erreichten. Auf dem Plan stand ein Besuch des Grūtas Park, der eine zweistündige Autofahrt entfernt war. Aber was macht man während einer so langen Autofahrt, die größtenteils durch Waldgebiet führt? Prof. Gintaras Aleknonis, Gastdozent an der FH Kiel, hatte die Antwort. Er hielt uns mit einem kleinen Quiz und vielen Infos zur Litauisch-Sowjetischen Geschichte bei Laune. Und so lange sich die zwei Stunden Autofahrt vorher angehört hatten, so schnell waren sie wieder um. Nun sahen wir das Ortsschild von Grūtas. Grūtas ist ein sehr kleiner Ort an dem gleichnamigen See. Ein paar urige Häuser schmückten die enge Straße des Ortes. Am Ende dieser Straße blickten wir auf einen großen Zaun mit Stacheldraht, einem Hochsitz und einer Lenin-Statue. Fragend guckten wir uns an, da es aussah als würde ein Wachmann auf dem Hochsitz sitzen. Prof. Virgis Valentinavičius, ebenfalls Gastdozent an der FH Kiel, klärte uns aber auf, dass es sich hierbei nur um eine Attrappe handelte. Beruhigt betraten wir dann den Grūnas Park. Hier ist zu erwähnen, dass die FH-Kiel alle Eintrittskarten finanziert hat, wofür wir uns nochmal herzlich bedanken möchten.

Die Tour durch den Park haben Prof. Aleknonis und Prof. Valentinavičius geleitet. Also begutachteten wir eine Menge alter Monumente der kommunistischen Vergangenheit Litauens. Der Star dieser Ausstellung war definitiv Lenin, der als Statue dutzende Male vertreten war. Im Bus haben wir spaßeshalber geschätzt, wie oft er vorkam - von 30 mal bis 100 mal war alles dabei. Wobei man zu den Stars auch auf jeden Fall die Tiere zählen kann, die in ihren Gehegen zu beobachten waren - z.B. Braunbären, Alpakas und Ziegen.

eine Statue von Lenin©FH Kiel
Eine der Lenin Statuen im Grūtas-Park.

Aber schnell zurück zur kulturellen Weiterbildung. Es war beeindruckend zu sehen, wie die kommunistische Führung damals ihre Propaganda durchgesetzt hat. All diese Monumente dienten dazu, dass die Einwohner auch an jeder Ecke daran erinnert werden, in welchem System sie leben und welches sie glorifizieren sollen. Das wurde uns nochmal sehr gut vor Augen geführt. Nach dem Aufenthalt im Grūtas-Park haben wir das zehn Minuten entfernte Druskininkai besucht. Dieser Ort ist strategisch sehr wichtig, da er nah an der polnischen sowie an der weißrussischen Grenze liegt. Dort hatten wir dann die Möglichkeit, weiter traditionelle litauische Gerichte zu probieren. Diesmal hatten wir litauische Zeppeline. Nach der kulinarischen Stärkung haben wir uns auf den Rückweg gemacht, auf dem wir die Chance hatten, den gesamten Trip noch einmal gemeinsam Revue passieren zu lassen.

Die Exkursion hat uns sehr viel Spaß gemacht und unseren Horizont erweitert. Wir konnten uns vor Ort ein Bild darüber machen, das Litauen eine große Rolle im Konflikt zwischen Russland und der Nato spielt. Gerade die Grenze zu Weißrussland hat uns nochmal vor Augen geführt, wie wertvoll es ist, dass es die EU und damit zusammenhängende, freie Binnengrenzen gibt. Außerdem spielen Fake-News eine große Rolle im Informationskrieg zwischen Russland und der Nato. Die Litauischen Einwohner sorgen sich sehr um die ankommenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, und es besteht eine große freundschaftliche Verbundenheit zwischen den Ländern. Dies konnte man gerade an der Vielzahl an Ukraine-Flaggen sehen, die an vielen Häusern angebracht waren. Wir würden diese Exkursion jederzeit wiederholen und sind schon gespannt, welche spannende Exkursion in den folgenden IDW angeboten werden.

Zum Schluss möchten wir uns bei Prof. Dr. Valentinavičius und Prof. Dr. Aleknonis für die Organisation und die vielen spannenden Tage bedanken. Es war eine sehr tolle Erfahrung!

Greitai pasimatysime!

© Fachhochschule Kiel