Eine Frau© A. Boye

Heute in der Reihe „Wie wird man ei­gent­lich Do­zent*in?“: Eli­sa­beth Schrei­e­der

von Aenne Boye

Dr. Eli­sa­beth Schrei­e­der ar­bei­tet seit dem Win­ter­se­mes­ter 2014/15 als Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben am Fach­be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit. Sie ist nicht nur FH-Ab­sol­ven­tin der So­zi­al­päd­ago­gik und Spiel- und Thea­ter­päd­ago­gik, son­dern hat auch noch einen Uni­ver­si­täts­ab­schluss in Päd­ago­gik. Ihre Schwer­punk­te lie­gen in der So­zi­al­psych­ia­trie, im Theo­rie-Pra­xis-Trans­fer und in der Spiel- und Thea­ter­päd­ago­gik.

Frau Schrei­e­der, wieso haben Sie nach zwei FH-Ab­schlüs­sen in So­zi­al­päd­ago­gik und Spiel- und Thea­ter­päd­ago­gik Päd­ago­gik an der Chris­ti­an-Al­brechts-Uni­ver­si­tät zu Kiel stu­diert?

Wäh­rend mei­nes Auf­bau­stu­di­ums der Spiel- und Thea­ter­päd­ago­gik an der FH Kiel habe ich par­al­lel als So­zi­al­päd­ago­gin ge­ar­bei­tet und war da­nach meh­re­re Jahre in der Pra­xis tätig. Nach einer ge­wis­sen Zeit woll­te ich noch mehr Theo­rie, um mich fach­lich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Und so kam es, dass ich neben einer 25- bis 30-Stun­den­wo­che an­ge­fan­gen habe, Päd­ago­gik auf Di­plom zu stu­die­ren. Die theo­re­ti­sche Re­fle­xi­on hat mir Spaß ge­macht. Ich habe quasi eine duale Aus­bil­dung durch­lau­fen. Da die Di­plom­struk­tu­ren da­mals noch nicht so durch­läs­sig wie heute im Ba­che­lor und Mas­ter waren, muss­te ich viel nach­ho­len. Das war lei­der noch nicht so ein­fach wie heut­zu­ta­ge. Wäh­rend des Stu­di­ums ist mir klar­ge­wor­den, dass ich pro­mo­vie­ren möch­te, was ich nach mei­nem Ab­schluss zur Päd­ago­gin dann auch getan habe.

Der Titel Ihrer Pro­mo­ti­on lau­tet „Päd­ago­gi­sche Pro­fes­sio­na­li­tät in so­zi­al­psy­cho­lo­gi­schen Ar­beits­fel­dern“. Was be­deu­tet das genau?

Wäh­rend ich in der So­zi­al­psych­ia­trie ge­ar­bei­tet habe, kam bei mir der Wunsch auf, das pro­fes­sio­nel­le Han­deln von päd­ago­gi­schen Fach­kräf­ten sys­te­ma­tisch zu er­fas­sen und zu re­flek­tie­ren. Für meine Dis­ser­ta­ti­on habe ich In­ter­views ge­führt und das me­tho­di­sche Han­deln im Be­reich des Be­treu­ten Woh­nens mit­hil­fe eines Hand­lungs­kom­pe­tenz­mo­dells ana­ly­siert und den Stand der Pro­fes­sio­na­li­sie­rung be­wer­tet. Al­ler­dings habe ich nicht un­mit­tel­bar an mei­ner Ar­beits­stel­le ge­forscht und meine ei­ge­nen Kol­leg*innen be­fragt, um die nö­ti­ge Di­stanz wah­ren zu kön­nen, die ich als Wis­sen­schaft­le­rin brau­che.

Was ge­fällt Ihnen be­son­ders gut an der FH Kiel?

Da ich an der Fach­hoch­schu­le und der Uni­ver­si­tät stu­diert und ge­lehrt habe, kann ich sagen, dass die Uni deut­lich theo­re­ti­scher und abs­trak­ter ori­en­tiert ist – was durch­aus auch ihren Reiz aus­macht. Die FH Kiel passt zu mir als Per­son gut, weil ich als Leh­ren­de eng mit der Pra­xis ver­netzt bin. Hier wird von der Pra­xis für die Pra­xis ge­forscht. Bei­spiels­wei­se leite ich ge­ra­de ein par­ti­zi­pa­ti­ves For­schungs­pro­jekt, in dem Men­schen mit Be­ein­träch­ti­gun­gen und Stu­die­ren­de ge­mein­sam einen Leit­fa­den für eine Zu­frie­den­heits­be­fra­gung ent­wi­ckeln.

Sie haben be­reits in vie­len Pra­xis­fel­dern ge­ar­bei­tet wie in dem Mäd­chen- und Frau­en­treff der AWO Kiel e.V., im Evan­ge­li­schen Ju­gend­pfarr­amt Kiel und in den Werk­stät­ten Ma­te­ri­al­hof in Rends­burg im so­zia­len Dienst. Was haben Sie aus die­sen be­ruf­li­chen Sta­tio­nen mit­ge­nom­men?

Bei jeder Tä­tig­keit ist mir be­wusst ge­wor­den, wie wich­tig es ist, sich auf die Le­bens­welt, Be­dürf­nis­se und Sinn­struk­tu­ren der Kli­ent*innen ein­zu­las­sen und ent­spre­chen­de Un­ter­stüt­zungs­mög­lich­kei­ten zu fin­den. Das geht jedes Mal auf eine an­de­re Art und Weise von­stat­ten. Im Ju­gend­treff hatte ich viel mit pu­ber­tie­ren­den Ju­gend­li­chen und den damit ver­bun­de­nen Her­aus­for­de­run­gen zu tun. Im Frau­en­treff mit tür­ki­schen Mäd­chen aus dem Kie­ler Stadt­teil Gaar­den ging es unter an­de­rem darum, den Frau­en einen Raum für einen in­ter­kul­tu­rel­len Aus­tausch un­ter­ein­an­der zu bie­ten. In den Werk­stät­ten des Ma­te­ri­al­hofs in Rends­burg habe ich bei­spiels­wei­se ge­lernt, Men­schen mit Be­hin­de­rung über die Ar­beit zu för­dern und sie dabei zu un­ter­stüt­zen, auf dem nor­ma­len Ar­beits­markt tätig zu wer­den, falls sie das woll­ten.

Zum Ab­schluss: Was raten sie Ihren Stu­die­ren­den für die Zu­kunft?

Mei­nen Stu­die­ren­den emp­feh­le ich, Bil­dung im ur­sprüng­li­chen Sinne zu be­grei­fen, Dinge kri­tisch zu be­trach­ten und die ei­ge­ne Mün­dig­keit zu leben. Na­tür­lich geht es ge­ne­rell darum, sich fach­lich zu qua­li­fi­zie­ren und durch das Stu­di­um zu kom­men, doch die Stu­die­ren­den sol­len sich nicht so sehr von den Struk­tu­ren drän­gen las­sen und sich gerne mehr Zeit neh­men. Häu­fig ver­glei­chen sie sich mit an­de­ren und set­zen sich unter Druck. Für mich ist Bil­dung gleich­zu­set­zen mit Iden­ti­täts­bil­dung. Das heißt, die Stu­die­ren­den sol­len sich für einen Mix aus theo­re­ti­scher und prak­ti­scher Bil­dung die Zeit neh­men und auch in der Frei­zeit In­ter­es­sen ver­fol­gen. Auch wenn es an­stren­gend ist, soll­ten sich die Stu­die­ren­den ihre Neu­gier­de und ihren An­trieb bei­be­hal­ten. Denn wenn man nur das macht, was man kann, bleibt man die Per­son, die man schon ist.   

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