Portraitaufnahme von Prof. Ute Vanini. © M. Pilch
Prof. Ute Va­ni­ni hat un­ter­sucht, wie gut Un­ter­neh­men auf Kli­ma­ri­si­ken vor­be­rei­tet sind.

HS Lu­zern und FH Kiel haben Ri­si­ko­be­wusst­sein von Un­ter­neh­men be­züg­lich der Kli­ma­kri­se un­ter­sucht

von Frau­ke Schä­fer

Wis­sen­schaft­ler*innen der Hoch­schu­le Lu­zern (HSLU) und der Fach­hoch­schu­le (FH) Kiel haben un­ter­sucht, wie gut sich Un­ter­neh­men auf die Ri­si­ken des Kli­ma­wan­dels vor­be­rei­ten. Dafür be­frag­ten sie im Rah­men des ERM-Re­ports 2022 be­reits zum drit­ten Mal ge­mein­sam rund 300 Un­ter­neh­men in Deutsch­land und der Schweiz.

Re­pu­ta­ti­ons­ver­lust durch um­welt­schäd­li­che Pro­duk­ti­ons­me­tho­den, stei­gen­de Roh­stoff­prei­se durch Miss­ern­ten oder stren­ge­re Um­welt­auf­la­gen durch die Po­li­tik – der Kli­ma­wan­del birgt zahl­rei­che Ri­si­ken für Un­ter­neh­men. Trotz­dem haben diese in Un­ter­neh­men nur einen ge­rin­gen Stel­len­wert. „Das hat uns in An­be­tracht der Ak­tua­li­tät des The­mas dann doch ver­wun­dert“, er­klärt Prof. Ute Va­ni­ni, Mit­au­to­rin der Stu­die und Lei­te­rin des In­sti­tuts für Con­trol­ling der Fach­hoch­schu­le Kiel. Die­ser ge­rin­ge Stel­len­wert ist auch der Kom­ple­xi­tät der Ri­si­ken ge­schul­det. Diese fal­len nicht nur in un­ter­schied­li­che Ri­si­ko­ka­te­go­ri­en, son­dern ste­hen dar­über hin­aus in wech­sel­sei­ti­ger Ab­hän­gig­keit zu an­de­ren un­ter­neh­me­ri­schen Ri­si­ken, er­läu­tert Prof. Va­ni­ni: „Auf­grund der Viel­falt der zu be­trach­ten­den Di­men­sio­nen ist es wich­tig, dass Un­ter­neh­men ihre Kli­ma­ri­si­ken in­ter­dis­zi­pli­när be­wer­ten. Zudem be­trach­ten viele Un­ter­neh­men Kli­ma­ri­si­ken bis­lang pri­mär als Kos­ten­fak­tor, z. B. auf­grund hö­he­rer Ver­si­che­rungs­prä­mi­en, not­wen­di­ger bau­li­cher Maß­nah­men oder Be­schaf­fungs­kos­ten. Dabei ver­nach­läs­si­gen sie viel­fach die mit­tel- und lang­fris­ti­gen Ri­si­ken, aber auch Chan­cen für ihr ei­ge­nes Ge­schäfts­mo­dell.“ 

Va­ni­ni und ihre Lu­zer­ner Kol­leg*innen er­forsch­ten in ihrer ERM Stu­die 2022 aber nicht nur das Ri­si­ko­ma­nage­ment von rund 300 deut­schen und schwei­ze­ri­schen Un­ter­neh­men. Sie un­ter­such­ten auch, wie hoch deren Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl in Bezug auf ihren ei­ge­nen Bei­trag zum Kli­ma­schutz ist.

Die Ge­schäfts­tä­tig­keit von Un­ter­neh­men wirkt sich über un­ter­schied­li­che Wege auf die Um­welt aus, sei es in Form von Treib­haus­gas­emis­sio­nen, En­er­gie­ver­brauch, Ab­fall­ma­nage­ment und Was­ser­ver­brauch oder in Form von Um­welt­as­pek­ten im Pro­dukt- und Dienst­leis­tungs­an­ge­bot. Es gibt also eine ganze Reihe von Stell­schrau­ben, um ne­ga­ti­ve Fol­gen des wirt­schaft­li­chen Han­delns für die Um­welt zu ver­rin­gern. „Die­ser Ver­ant­wor­tung kom­men in der Schweiz und in Deutsch­land nicht alle gleich gut nach“, kon­sta­tiert Ste­fan Hun­zi­ker, Mit­au­tor des ERM Re­ports 2022 und Lei­ter des Kom­pe­tenz­zen­trums Risk & Com­pli­an­ce an der Hoch­schu­le Lu­zern. Die grö­ß­te Hürde für eine stär­ke­re Um­welt­ver­ant­wor­tung seien die durch sie ent­ste­hen­den Kos­ten. Diese emp­fän­den rund zwei Drit­tel der Be­frag­ten als große Hürde. Au­ßer­dem schätz­ten ins­be­son­de­re die KMUs ihren Ein­fluss auf die Um­welt als eher ge­ring ein und ver­spür­ten dem­entspre­chend eine ge­rin­ge­re Um­welt­ver­ant­wor­tung.

Einen Ein­fluss auf die­ses Emp­fin­den hat der Druck, den Un­ter­neh­men von in­ter­nen und ex­ter­nen An­spruchs­grup­pen emp­fin­den: Je stär­ker die Wahr­neh­mung des Drucks auf ein Un­ter­neh­men ist, desto aus­ge­präg­ter ist auch des­sen Um­welt­ver­ant­wor­tung. Ins­be­son­de­re Gro­ß­un­ter­neh­men neh­men die­sen stär­ker wahr, als KMUs. Des­we­gen sind diese den KMUs etwas vor­aus und las­sen ihre Um­welt­ver­ant­wor­tung auch schon ex­pli­zit von ex­ter­nen Stel­len au­di­tie­ren und be­wer­ten. Die damit ver­bun­de­ne Image­ver­bes­se­rung wird als grö­ß­ter Vor­teil wahr­ge­nom­men.

Un­ter­neh­men, so die Emp­feh­lung der Fach­leu­te, soll­ten sich einen Über­blick über ihre di­rek­te und in­di­rek­te Be­trof­fen­heit von Kli­ma­ri­si­ken ver­schaf­fen, z. B. auf­grund geo­gra­fi­scher oder re­gu­la­to­ri­scher An­for­de­run­gen oder An­sprü­che ihrer Kund*innen. Nötig sei die Be­wer­tung des In­te­gra­ti­ons­stands von Kli­ma­ri­si­ken in die Un­ter­neh­mens­steue­rung. Hier gibt es durch­aus Nach­hol­be­darf, so die Autor*innen. Akute mit­tel­ba­re Ri­si­ken wie z.B. die Be­trof­fen­heit von Ex­trem­wet­ter­er­eig­nis­sen sind häu­fig be­reits er­fasst. Chro­ni­sche oder Trans­for­ma­ti­ons­ri­si­ken wer­den hin­ge­gen bis­lang eher wenig be­rück­sich­tigt.

Hin­ter­grund

Un­ter­neh­men sind einer Viel­zahl von Re­gu­la­ri­en, in­ter­nen Selbst­ver­pflich­tun­gen und Er­war­tun­gen der ver­schie­de­nen Sta­ke­hol­der*innen aus­ge­setzt. Der Fokus des ERM Re­ports 2022 liegt des­we­gen auf der Frage, wie weit fort­ge­schrit­ten die In­te­gra­ti­on die­ser Kli­ma­ri­si­ken in das Ri­si­ko­ma­nage­ment der Un­ter­neh­men in der Schweiz und in Deutsch­land be­reits er­folgt ist. Die Stu­die wurde vom In­sti­tut für Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen IFZ der Hoch­schu­le Lu­zern zu­sam­men mit dem In­sti­tut für Con­trol­ling der Fach­hoch­schu­le Kiel ver­fasst.

Der ERM-Re­port 2022 ist ver­füg­bar unter https://​hub.​hslu.​ch/​fin​anci​alma​nage​ment/​2022/​11/​09/​erm-​report-​2022/.

 

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