Ein Mann in schwarzem Hemd, steht vor einer rostigen Metallplatte.© FH Kiel

„Ich möch­te, dass die Stu­die­ren­den ein Ge­spür für die Le­bens­wel­ten und Le­bens­la­gen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen be­kom­men“

von Jana Tresp

„Ich möch­te, dass die Stu­die­ren­den ein Ge­spür für die Le­bens­wel­ten und Le­bens­la­gen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen be­kom­men“, sagt Prof. Dr. Fa­bi­an Lamp. „Und das ohne dabei die ei­ge­ne Bio­gra­fie aus den Augen zu las­sen.“ Seit dem 1. Sep­tem­ber 2012 ist er Pro­fes­sor für „Er­zie­hung und Bil­dung im Über­gang von der Kind­heit zum Ju­gend­al­ter“ am Fach­be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit der Fach­hoch­schu­le (FH) Kiel. Davor war Prof. Lamp an der Fach­schu­le für So­zi­al­päd­ago­gik in Ham­burg-Al­to­na tätig.

Jana Tresp (JT): Was ver­bin­den Sie mit Kiel?

Fa­bi­an Lamp (FL): Ich bin hier ge­bo­ren und in Stein bei Laboe auf­ge­wach­sen. Mit Kiel ver­bin­de ich we­ni­ger die Stadt, son­dern eher das Um­land. Das finde ich hoch­at­trak­tiv – vor allem die Ost­see, die Strän­de und die Land­schaft ins­ge­samt.

JT: In einem klei­nen Ort wie Stein auf­ge­wach­sen zu sein, war doch si­cher be­son­ders in der Kind­heit schön, oder?

FL: Ja. Vor allem, weil in die­sem klei­nen Dorf ganz viele junge Fa­mi­li­en wohn­ten – von den 600 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­nern waren be­stimmt zehn Kin­der im glei­chen Alter. Das war na­tür­lich super.

JT: Was haben Sie stu­diert?

FL: Er­zie­hungs­wis­sen­schaf­ten mit dem Schwer­punkt So­zi­al­päd­ago­gik an der Chris­ti­an-Al­brechts-Uni­ver­si­tät (CAU) zu Kiel. Dort habe ich auch pro­mo­viert.

JT: Wie kam es zu Ihrer Stu­di­en­wahl?

FL: Ur­sprüng­lich woll­te ich tat­säch­lich Leh­rer wer­den, aber mir fehl­ten die Fä­cher, für die ich ge­brannt hätte. Wäh­rend des Zi­vil­diens­tes bei der Ar­bei­ter­wohl­fahrt habe ich fest­ge­stellt, dass die So­zia­le Ar­beit in­ter­es­sant ist. Da­nach stand für mich fest, dass ich in die­sen Be­reich gehen woll­te.

JT: Was haben Sie nach Ihrem Stu­di­um ge­macht?

FL: Ich habe gleich nach dem Stu­di­um meine Pro­mo­ti­on be­gon­nen. In mei­ner Dis­ser­ta­ti­on habe ich un­ter­sucht, wel­che Stra­te­gi­en die So­zia­le Ar­beit in ihrer Ge­schich­te im Um­gang mit Dif­fe­renz an­ge­wandt hat. Die Pro­mo­ti­on habe ich durch Do­zen­ten­tä­tig­kei­ten in der Er­wach­se­nen­bil­dung und durch ver­schie­de­ne Tä­tig­kei­ten in der Kin­der- und Ju­gend­hil­fe fi­nan­ziert.

Nach Ab­schluss der Pro­mo­ti­on war ich an der Uni Kiel als Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter tätig, zeit­gleich habe ich in Lü­ne­burg das erste Staats­ex­amen für die Fach­schu­le für So­zi­al­päd­ago­gik ab­sol­viert. Das zwei­te Staats­ex­amen habe ich dann in Ham­burg-Al­to­na an der Fach­schu­le für So­zi­al­päd­ago­gik ge­macht. So bin ich also doch noch Leh­rer, al­ler­dings an einer Be­rufs­schu­le, ge­wor­den. Par­al­lel hatte ich immer Lehr­auf­trä­ge an ver­schie­de­nen Hoch­schu­len und als sich die Mög­lich­keit ergab, an der Fach­hoch­schu­le in Kiel eine Ver­tre­tungs­pro­fes­sur zu über­neh­men, habe ich nicht lange ge­zö­gert. Nun freue ich mich, hier für wei­te­re sechs Jahre leh­ren zu kön­nen.

JT: Was möch­ten Sie Ihren Stu­die­ren­den ver­mit­teln?

FL: Meh­re­re Dinge: Zum einen ein Ge­spür für die Le­bens­wel­ten und Le­bens­la­gen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen. Zum an­de­ren sol­len sie eine Vor­stel­lung davon ent­wi­ckeln, wie sie Kin­der und Ju­gend­li­che päd­ago­gisch be­glei­ten kön­nen. Dazu ler­nen sie Be­rei­che wie Hand­lungs­wis­sen, das Funk­tio­nie­ren von In­sti­tu­tio­nen und die po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen ken­nen – und das alles vor dem Hin­ter­grund ihrer ei­ge­nen Bio­gra­fie. Alle Stu­die­ren­den haben eine be­stimm­te So­zia­li­sa­ti­on hin­ter sich. Vor die­sem Hin­ter­grund müs­sen sie den Blick auf an­de­re Le­bens­wel­ten qua­li­fi­zie­ren. Au­ßer­dem ver­su­che ich, mit ihnen an­hand klei­ner Pro­jek­te eine for­schen­de Hal­tung ein­zu­neh­men. Wir gehen in die Pra­xis und schau­en, was in den ein­zel­nen Be­rei­chen kon­kret ge­macht wird, warum es so ge­macht wird und wie es auch an­ders gehen könn­te.

Ein Se­mi­nar könn­te so auf­ge­baut sein, dass wir zu­nächst Grund­la­gen klä­ren, spä­ter in die Pra­xis gehen und dort eine kon­kre­te Auf­ga­be be­ar­bei­ten. Im fol­gen­den Win­ter­se­mes­ter ar­bei­te ich z.B. mit einer Ge­mein­schafts­schu­le zu­sam­men. Die Schul­so­zi­al­ar­bei­te­rin­nen und So­zi­al­ar­bei­ter dort möch­ten ein An­ge­bot für schul­ab­sen­te Kin­der der 5.-7. Klas­se ent­wi­ckeln. Für ein Se­mi­nar ist so etwas toll. Zu­erst er­ar­bei­te ich mit den Stu­die­ren­den, was Schul­so­zi­al­ar­beit ist, wel­che Auf­ga­ben So­zi­al­ar­bei­te­rin­nen und So­zi­al­ar­bei­ter und Kind­heits­päd­ago­gin­nen und Kind­heits­päd­ago­gen in der Schu­le haben usw. An­schlie­ßend kön­nen wir an einem kon­kre­ten Bei­spiel wie die­ser Schu­le schau­en, was für die Kin­der tat­säch­lich sinn­voll wäre. Dabei müs­sen die Stu­die­ren­den Ziele for­mu­lie­ren, die sie mit den Kin­dern ver­fol­gen, und die Rah­men­be­din­gun­gen klä­ren. Sie müs­sen her­aus­fin­den, was die Kin­der dazu be­wegt, von der Schu­le fern­zu­blei­ben und deren Le­bens­wel­ten ver­ste­hen ler­nen.

Als Fach­hoch­schu­le kön­nen wir so die Lehre kom­pe­tenz­ori­en­tiert ge­stal­ten und krie­gen sogar noch eine Theo­rie-Pra­xis-Ver­zah­nung hin. Und die Schu­le pro­fi­tiert von den An­re­gun­gen un­se­rer Stu­die­ren­den. Das ist für alle Sei­ten ein Ge­winn.

JT: Wie wür­den Sie Laien Ihr Ar­beits­ge­biet er­klä­ren?

FL: Alle Kin­der und Ju­gend­li­chen haben das Recht auf die freie Ent­fal­tung ihrer Per­sön­lich­keit. In der Päd­ago­gik geht es darum, sie dabei zu be­glei­ten. Ei­ni­ge brau­chen mehr, an­de­re we­ni­ger Un­ter­stüt­zung, weil sie ein­fach un­glei­che Start­be­din­gun­gen haben. Ich ver­su­che, die Stu­die­ren­den dafür zu sen­si­bi­li­sie­ren. Für die Er­zie­hung sind in ers­ter Linie die El­tern ver­ant­wort­lich, aber na­tür­lich tra­gen zum Bei­spiel Kin­der­ta­ges­stät­ten oder Schu­len auch eine Ver­ant­wor­tung bei der Be­glei­tung von Kin­dern und Ju­gend­li­chen.

JT: Was er­war­ten Sie vom kom­men­den Se­mes­ter?

FL: Für meine Se­mi­na­re er­war­te ich, was ich in den ver­gan­ge­nen an­dert­halb Jahre auch schon er­lebt habe: mo­ti­vier­te Stu­die­ren­de, die gerne in den Dis­kurs gehen und sich auf span­nen­des, for­schen­des Ler­nen freu­en.

Kurz­bio­gra­fie

seit Sep­tem­ber 2012 Pro­fes­sor für „Er­zie­hung und Bil­dung im Über­gang von der Kind­heit zum Ju­gend­al­ter“ am Fach­be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit der Fach­hoch­schu­le Kiel

2011-2012 Ver­tre­tung der Pro­fes­sur für Er­zie­hung und Bil­dung mit dem Schwer­punkt Ju­gend­ar­beit am Fach­be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit der Fach­hoch­schu­le Kiel

2011-2012 Re­fe­ren­da­ri­at an der Fach­schu­le für So­zi­al­päd­ago­gik in Ham­burg-Al­to­na

2009-2010 Staats­ex­amen für das Lehr­amt an Be­rufs­bil­den­den Schu­len, Fach­rich­tung So­zi­al­päd­ago­gik, an der Leu­pha­na Uni­ver­si­tät, Lü­ne­burg

2007-2010 Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am In­sti­tut für So­zi­al­päd­ago­gik der CAU Kiel

2002-2006 Pro­mo­ti­on an der CAU Kiel

2002-2006 ver­schie­de­ne Tä­tig­kei­ten als Do­zent in der Er­wach­se­nen­bil­dung und in ver­schie­de­nen Hand­lungs­fel­dern der Kin­der- und Ju­gend­hil­fe

© Fach­hoch­schu­le Kiel