Ein Mann vor einer Skulptur© E. Grun­wald

Künst­ler im Ge­spräch: Jo Kley über „PLA­NET BA­BY­LON“

von Jes­si­ca Sarah Schulz

Am 14. No­vem­ber er­öff­net der Bild­hau­er Jo Kley seine Aus­stel­lung „PLA­NET BA­BY­LON“ in der Ga­le­rie Bun­ker-D. Seine Skulp­tur „Lei­ter“ steht be­reits seit 2018 vor dem Prä­si­di­ums­ge­bäu­de und be­grü­ßt die Stu­die­ren­den täg­lich auf ihrem Weg zu den Vor­le­sun­gen. Sie sym­bo­li­siert auf der einen Seite einen fes­ten Halt, auf der an­de­ren Seite ver­sinn­bild­licht sie die dy­na­mi­sche Be­we­gung, den Auf­stieg. Hoch hin­aus geht es auch in der Aus­stel­lung „PLA­NET BA­BY­LON“. Jo Kley prä­sen­tiert eine Viel­zahl an turm­ar­ti­gen Skulp­tu­ren sowie viele wei­te­re For­men und lädt den Be­trach­ter damit zu ei­ge­nen As­so­zia­tio­nen ein.

Sie haben eine Aus­bil­dung als Stein­metz und Stein­bild­hau­er ge­macht, ein Stu­di­um der Bild­haue­rei ab­sol­viert und er­schaf­fen heute als frei­schaf­fen­der Bild­hau­er über­wie­gend Stein­skulp­tu­ren. Was fas­zi­niert Sie am Ma­te­ri­al Stein?

Als ich das Stu­di­um an der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le be­gann, hatte ich schon ein paar Jahre als Stein­metz und Stein­bild­hau­er ge­ar­bei­tet und woll­te zu­nächst die Stei­ne erst ein­mal ver­ges­sen – aber Pro­fes­sor Jan Ko­bla­sa ging mit sei­ner Bild­hau­er­klas­se jedes Jahr im Mai für einen Monat in einen Stein­bruch nach An­röch­te in NRW. Das war für mich ein fan­tas­ti­sches und prä­gen­des Er­leb­nis, trotz mei­ner Vor­kennt­nis­se. Mit­ten in einem Stein­bruch spürt und er­lebt man Erd­ge­schich­te haut­nah. Man fühlt sich zu­wei­len sehr klein und gleich­zei­tig war da auch immer so eine Eu­pho­rie. Die Er­kennt­nis, dass man mit dem Stein zu­sam­men­ar­bei­ten kann und dabei ein Puz­zle­teil der Erd­ge­schich­te ge­stal­tet, war für mich sehr be­deu­tend. Seit­dem be­trach­te ich die Stei­ne ganz an­ders. Bei der Ar­beit mit dem Stein ver­such­te ich von nun an auch das Wesen - das Ma­te­ri­al und seine Her­kunft - zu be­grei­fen. Form und Ma­te­ri­al müs­sen für mich zu­sam­men­pas­sen.

In­wie­fern hat das Ma­te­ri­al Ein­fluss auf Ihren Ar­beits­pro­zess? Ent­steht die Idee für eine Ar­beit vorab oder erst im di­rek­ten Dia­log mit dem Stein?

Die Idee und wo sie her­kommt, ist mir oft auch sehr rät­sel­haft, aber es ist eine sehr schö­ne Frage. Wird aus einer Idee Ma­te­rie oder ist es an­ders­her­um? Oft­mals ist es so, dass ich die Form im Stein sehe. Das hat dann wohl mit einer sehr gut ent­wi­ckel­ten bild­haf­ten Vor­stel­lungs­kraft zu tun. Wenn die Skulp­tur fer­tig ist, dann sehe ich, dass die Idee schon im Stein vor­han­den war. Die Kunst dabei ist wohl, die Idee aus dem Stein her­aus­zu­ar­bei­ten. Manch­mal ent­ste­hen Ideen aber auch un­ab­hän­gig vom Ma­te­ri­al zum Bei­spiel als Zeich­nung. Dann muss das ent­spre­chen­de Ma­te­ri­al ge­fun­den wer­den. Tat­säch­lich fin­det aber immer ein Dia­log mit dem Ma­te­ri­al statt.

Lei­tern, Türme, Kno­ten, Spi­ra­len und Kris­tal­le – Sie geben Ihren Wer­ken die un­ter­schied­lichs­ten For­men. Wel­che The­men be­han­deln Sie mit Ihren Ar­bei­ten?

Ich ar­bei­te tat­säch­lich mit recht ein­fa­chen For­men, die schein­bar immer schon da waren. Das ge­mein­sa­me Thema der ver­schie­de­nen For­men ist ihre große Sym­bol­kraft. Mit Lei­tern und Tür­men as­so­zi­iert man das Stre­ben nach oben, nach Fort­schritt, nach Macht oder nach spi­ri­tu­el­len Höhen. Kno­ten sind eben­falls nütz­lich im All­tag, haben aber auch gro­ßes Po­ten­zi­al bei ma­gi­schen Ri­tua­len. Spi­ra­len und Kris­tal­le sind Struk­tu­ren, die uns per­ma­nent um­ge­ben, ganz gleich ob man durchs Mi­kro­skop schaut oder ins Welt­all, und wir be­fin­den uns hier ir­gend­wo in der Mitte. Ich ver­su­che, diese schlich­ten For­men mit En­er­gie und Sym­bol­kraft auf­zu­la­den.

Ihr Werk „Die Lei­ter“ schmückt be­reits un­se­ren Cam­pus, nun folgt eine Aus­stel­lung im Bun­ker-D. Was reizt Sie daran, Ihre Werke an die­sem Ort in einer Ein­zel­aus­stel­lung zu prä­sen­tie­ren?

Die­ser Ort hat eine ganz be­son­de­re Aura. Die Um­wid­mung die­ses Re­likts aus fins­ters­ten Zei­ten zu einem Treff­punkt der Men­schen­freun­de ist ab­so­lut ge­lun­gen. Man kann den Bun­ker-D, glau­be ich, ruhig als Herz­stück der Kul­tur­in­sel Diet­richs­dorf be­zeich­nen. Hier läuft nach mei­nem Ge­fühl alles zu­sam­men und es ist ein spür­bar en­er­ge­ti­scher Raum ent­stan­den, dank dem gro­ß­ar­ti­gen kul­tu­rel­len En­ga­ge­ment aller Be­tei­lig­ten hier auf der Kul­tur­in­sel. Dazu ist es für einen Bild­hau­er immer der Reiz des Zu­sam­men­spiels von Raum und Skulp­tur. Die Skulp­tur lebt ja nun ein­mal auch von dem Raum, der sie um­gibt.

Ich freue mich sehr auf die Aus­stel­lung im Bun­ker-D.

Ihre Aus­stel­lung trägt den Titel „PLA­NET BA­BY­LON“. Ba­by­lon war vor über 4000 Jah­ren das Zen­trum des alt­ba­by­lo­ni­schen Reichs. Warum be­schäf­tigt sie die an­ti­ke Me­tro­po­le, die sich im heu­ti­gen Irak be­fin­det?

Ba­by­lon oder Troja und Je­ri­cho waren sehr be­deu­ten­de Städ­te des Al­ter­tums. Mäch­ti­ge un­be­sieg­ba­re Städ­te, die je­doch heute fast alle un­be­deu­tend klein sind. Ihr Name steht aber je­weils fel­sen­fest für einen My­thos. Und jeder My­thos birgt ein Quänt­chen Wahr­heit. Die Ba­by­lo­ni­er woll­ten hoch hin­aus, einen Turm bis zum Him­mel (zu Gott) bauen. Wir wis­sen, sie schei­ter­ten und seit­her spre­chen die Men­schen ver­schie­de­ne Spra­chen – sie ver­ste­hen sich nicht mehr.

Ich war in den letz­ten 20 Jah­ren zu über 60 in­ter­na­tio­na­len Bild­hau­er­sym­po­si­en in 25 Län­dern welt­weit ein­ge­la­den. Wenn ich zum ers­ten Mal in einem Land ar­bei­te, ent­steht dort immer eine turm­ar­ti­ge Skulp­tur, pas­send zum je­wei­li­gen Ort. Bei­spiels­wei­se be­grü­ßt mein Turm in Japan die Sonne, oder in Bra­si­li­en tanzt er Samba, .... Diese Idee ist zu mei­nem Pro­jekt mit dem Namen „KLEY­CI­TY“ ge­wor­den – viel­leicht eine wei­te­re my­tho­lo­gi­sche Stadt?

Wäh­rend die­ser Sym­po­si­en habe ich die Er­fah­rung ge­macht, dass die Kunst eine uni­ver­sel­le Spra­che sein kann. Sie kann ver­stan­den wer­den, egal, ob die Mut­ter­spra­che ara­bisch, ja­pa­nisch oder spa­nisch ist.

Nun baut ein un­ver­bes­ser­li­cher Op­ti­mist einen „PLA­NET BA­BY­LON“, einen Pla­ne­ten, des­sen ge­dreh­te Spi­ral­tür­me alles sind, was er hat. Das ist ein Ge­dan­ken­spiel, das min­des­tens ge­nau­so gro­ßen Raum für As­so­zia­tio­nen zu­lässt, wie die Win­dun­gen der Spi­ral­tür­me lang sind.

Was er­war­tet die Be­su­cher Ihrer Aus­stel­lung im Bun­ker-D?

Es er­war­ten sie zwei the­ma­tisch un­ter­schied­lich ge­stal­te­te Haupt-Aus­stel­lungs­räu­me. In einem Raum wird das Thema „KLEY­CI­TY“ mit sei­nen turm­ar­ti­gen Skulp­tu­ren prä­sen­tiert. Im an­de­ren gro­ßen Raum wer­den For­men ge­zeigt, die dem Be­su­cher sehr viel Frei­raum für ei­ge­ne, viel­leicht sogar durch­aus sinn­li­che As­so­zia­tio­nen las­sen, wobei man­che For­men durch­aus fi­gu­ra­ti­ve Ideen be­inhal­ten. Im klei­nen zen­tral ge­le­ge­nen Raum gibt es eine Licht­bil­der­show, eine Welt­rei­se durch 25 Län­der, mit dem Titel „Wel­co­me to KLEY­CI­TY“.

Die Aus­stel­lung „PLA­NET BA­BY­LON“ wird am 14. No­vem­ber um 18.00 Uhr mit einer Ver­nis­sa­ge im Bun­ker-D er­öff­net und kann bis zum 11. De­zem­ber 2019 wäh­rend der re­gu­lä­ren Öff­nungs­zei­ten des Bun­ker-D mitt­wochs von 10.00 bis 20.00 Uhr be­sich­tigt wer­den. Der Ein­tritt ist frei

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