Eine Stadtansicht© B. Wotha
Der umfassender Umbau des Wiener Sonnenwendviertels soll bis 2025 fertiggestellt werden und zuvor marginalisierten Gruppen mehr Teilhabe ermöglichen.

Nachhaltige Quartiere aus Gendersicht

von Joachim Kläschen

Gemeinsam mit Kolleginnen des Netzwerkes GenderArchland initiierte Prof. Dr. Brigitte Wotha vom Institut für Bauwesen der FH Kiel ein internationales Webinar zum Thema ‚Gender und Mobilität‘. Am 1. Dezember 2022 diskutieren 30 Expert*innen aus Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und allen Teilen Deutschlands.

Bauingenieurin und Verkehrsplanerin Gisela Stete eröffnete die Veranstaltung mit ihrem Vortrag über ‚Gender-Mobilität und nachhaltige Stadtentwicklung‘. Dafür wählte sie das Beispiel des in der Planung befindlichen Quartiers Freiburg-Dietenbach, in dem einmal 15.000 Menschen leben sollen. In der Planung werden innovative Ansätze zur nachhaltigen Stadtentwicklung mit nachhaltiger Mobilität kombiniert. „Dabei bedeutet die Gender-Sicht, dass jede Entscheidung daraufhin überprüft wird, ob sie der Chancengleichheit von Frauen und Männern hinderlich oder förderlich ist. Das gilt für Strukturen, die Gestaltung von öffentlichen Räumen, die Bemessung von Verkehrssystemen und -anlagen ebenso, wie für die Verkehrsinfrastruktur“, erklärte Gisela Stete.

Der zweite Vortrag von Professorin Lindsay Howe der Universität Liechtenstein stellte die Zusammenhänge zwischen dem Verdrängen ressourcenärmerer Bevölkerung in die Peripherie der Städte und ihrem Zugang zu Mobilität an Beispielen aus der Schweiz, Südafrika und Südamerika vor. Die anschließende engagierte Diskussion erörterte weitere Möglichkeiten der Verbesserung der Mobilitätskultur.

Die Chancengleichheit als Grundprinzip gilt für die (Neu-)Gestaltung von Verkehrsräumen und Verkehrsfunktionen ebenso, wie für Sozial- und Aufenthaltsfunktion und den Ausbau der Nahmobilität. Die Umsetzung kann durch eine nachhaltige Mobilitätskultur geschehen, die sich mit dem Fuß- und Radwegenetz an Zielen der Daseinsvorsorge und Bildung orientiert. Gerade der Ausbau der Nahmobilität und der wohnungsnahen Infrastruktur verkürzt die Wege für Menschen mit Betreuungsaufgaben sowie für Menschen mit geringerer finanziellen Ausstattung.

Eine an Genderbelangen orientierte Quartiers- und Mobilitätsentwicklung ist ein Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilitätskultur und sollte in einen gesellschaftlichen Diskurs über die positiven Wirkungen eines geänderten Verkehrsverhaltens münden. GenderArchland ist eine Vernetzungs- und Transferplattform für Forschende aus dem deutschsprachigen Raum, die sich Bau-Themen aus Gendersicht nähern. Auch für das kommende Jahr sind weitere Veranstaltungen zu Planungsthemen im Rahmen von GenderArchland angekündigt.

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