Ein Mann in Hemd und Jackett posiert in einem hell weißen Raum. Durch das Fenster hinter ihm ist die Schwentine zu sehen.© FH Kiel

"Pro­gram­mie­ren ist ein biss­chen wie Lego"

von Frau­ke Schä­fer

„Ich denke und plane gerne lang­fris­tig und nach­hal­tig“, sagt Dr. Felix Woelk, der seit dem 1. Ja­nu­ar 2017 als Pro­fes­sor für „Agile Ent­wick­lungs­me­tho­den und Mensch-Ma­schi­ne-In­ter­ak­ti­on“ am Fach­be­reich In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik der FH Kiel lehrt. Was das für ihn genau be­deu­tet, ver­an­schau­licht der bis vor kur­zem in der Wirt­schaft tä­ti­ge be­geis­ter­te Wind­sur­fer und Wel­len­rei­ter mit einer Ana­lo­gie: „Planst du für ein Jahr, dann säe Reis. Planst du für ein Jahr­zehnt, dann pflan­ze Bäume. Planst du für ein Leben, dann un­ter­rich­te Men­schen“.

Tho­mas Rich­ter (TR): Herr Pro­fes­sor Woelk, warum haben Sie sich für Ihr Stu­di­um ent­schie­den?

 

Felix Woelk (FW): Schon in der Schu­le hatte ich ein aus­ge­präg­tes In­ter­es­se so­wohl an ma­the­ma­ti­schen als auch an na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Zu­sam­men­hän­gen. Und da ich mich un­be­dingt auch prak­tisch mit sol­chen The­men aus­ein­an­der­set­zen woll­te, er­schien mir die Phy­sik als lo­gi­sche Wahl. Spä­ter im Stu­di­um hat sich dann ge­zeigt, dass die In­for­ma­tik und ins­be­son­de­re das Pro­gram­mie­ren mit sei­nem krea­ti­ven An­teil mir sehr viel Spaß ma­chen. Für mich fühlt sich Pro­gram­mie­ren immer ein biss­chen an, wie mit Lego zu spie­len. Dazu kommt noch, dass aus mei­ner Sicht die In­for­ma­tik eines der gro­ßen Zu­kunfts­the­men ist.

TR: Wie wür­den Sie den For­schungs­be­reich  „Agile Ent­wick­lungs­me­tho­den und Mensch-Ma­schi­ne-In­ter­ak­ti­on“ in we­ni­gen Wor­ten er­klä­ren?

FW: Agile Ent­wick­lungs­me­tho­den sind eine Grup­pe recht neuer Vor­ge­hens­wei­sen für die Soft­ware­ent­wick­lung. Diese Me­tho­den un­ter­schei­den sich zwar im De­tail, haben aber den­noch ei­ni­ge Ge­mein­sam­kei­ten: So fo­kus­sie­ren sie sich auf Zu­sam­men­ar­beit im Team, mit dem Ziel in kur­zer Zeit funk­tio­nie­ren­de Soft­ware zu er­stel­len. Mensch-Ma­schi­ne-In­ter­ak­ti­on be­zeich­net die Art und Weise, wie wir im je­wei­li­gen Kon­text mit Ma­schi­nen in­ter­agie­ren. Dass sich die In­ter­ak­ti­ons­ge­wohn­hei­ten im Laufe der Zeit än­dern, ist sehr schön in dem Star-Treck-Film par­odiert, in dem Scot­ty auf die Erde 80er Jahre zu­rück­kehrt und - wie für ihn ge­wohnt - ver­sucht mit dem Com­pu­ter zu reden. Als die­ser nicht re­agiert nimmt er die Maus in die Hand und in­ter­pre­tiert diese zu­nächst als Mi­kro­fon und ver­sucht noch­mal mit dem Com­pu­ter zu reden. Die In­ter­ak­ti­on mit­tels Maus ist für Scot­ty so weit weg wie für uns heute die In­ter­ak­ti­on mit­tels Loch­kar­ten.

Die je­wei­li­ge Um­set­zung der In­ter­ak­ti­on kann ent­schei­dend für den Er­folg oder Miss­er­folg eines Sys­tems oder sogar gan­zer Märk­te sein. Dies zeigt zum Bei­spiel der Ver­gleich der Be­nut­zer­inter­faces für Smart­pho­nes von Nokia und Apple. Wäh­rend Nokia ver­sucht hat, die vom PC ge­wohn­te In­ter­ak­ti­on mit­tels Tas­ta­tur auf das Handy zu über­tra­gen, hat Apple den Be­nut­zungs­kon­text be­rück­sich­tigt und auf das da­mals noch in­no­va­ti­ve Touch Dis­play ge­setzt – und das Er­geb­nis ken­nen wir alle!

TR: Was waren die The­men­schwer­punk­te Ihrer bis­he­ri­gen Ar­beit?

FW: In den ver­gan­ge­nen sechs Jah­ren habe ich mich aus­schlie­ß­lich mit der Ein­füh­rung agi­ler Ent­wick­lungs­me­tho­den in einem Ma­schi­nen­bau­un­ter­neh­men im Nor­den von Ham­burg be­schäf­tigt. Davor habe ich ein ei­ge­nes klei­nes Aug­men­ted Rea­li­ty Sys­tem ent­wi­ckelt. Dabei muss­te ich al­ler­dings fest­stel­len, dass bei die­sen Sys­te­men der tech­ni­sche As­pekt kei­nes­wegs aus­rei­chend ist und der ge­stal­te­ri­sche eine min­des­tens eben­so große Be­deu­tung hat. Von daher freue ich mich auf die zu­künf­ti­ge Zu­sam­men­ar­beit mit dem Fach­be­reich Me­di­en. Ich denke, dass ge­ra­de in der Schnitt­men­ge zwi­schen der Ge­stal­tung und der Tech­nik noch ein enor­mes Po­ten­ti­al liegt.

TR: Was genau möch­ten Sie den Stu­die­ren­den hier ver­mit­teln?

FW: Über die fach­li­chen Dinge hin­aus möch­te ich den Stu­die­ren­den haupt­säch­lich zwei Dinge ver­mit­teln. Ers­tens: Be­geis­te­rung für in­for­ma­ti­ons­tech­ni­sche Sys­te­me und Lö­sun­gen und den Spaß, den ihre Ent­wick­lung ma­chen kann. Und zwei­tens eine ei­gen­stän­di­ge Lern- und Ar­beits­wei­se, die jede Ab­sol­ven­tin und jeder Ab­sol­vent in die­sem sich ra­pi­de ver­än­dern­den Um­feld un­be­dingt be­nö­tigt.  

TR: Wie sind Ihre ers­ten Er­fah­run­gen hier an der FH Kiel?

FW: Ich bin hier sehr offen und freund­lich auf­ge­nom­men wor­den und bin be­geis­tert von den en­ga­gier­te Stu­die­ren­den und sehr net­ten Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen. Ich freue mich auf die zu­künf­ti­ge Zu­sam­men­ar­beit.

TR: Haben oder hat­ten Sie per­sön­li­che An­knüp­fungs­punk­te an diese Stadt?

FW: Ich habe zum einen in Kiel stu­diert und auch ei­ni­ge Jahre hier ge­ar­bei­tet und zum an­de­ren bin ich ein be­geis­ter­ter Wind­sur­fer und Wel­len­rei­ter. Von daher freue ich mich auf den Früh­ling, wenn die Tem­pe­ra­tu­ren wie­der die eine oder an­de­re Stun­de auf dem Was­ser zu­las­sen.

Kurz­bio­gra­phie

Aus­bil­dung:

  • 2008 Dr.-Ing. in In­for­ma­tik: “Vi­su­al De­tec­tion of In­de­pen­dent­ly Mo­ving Ob­jects by a Mo­ving Mo­no­cu­lar Ob­ser­ver“, CAU Kiel & Daim­ler Chrys­ler AG
  • 2001 Di­plom in Phy­sik: “Si­gnal De­tec­tion in Noisy Mar­kov-Pro­ces­ses”, CAU-Kiel

Be­rufs­er­fah­rung:

  • Seit 2017 Pro­fes­sor an der FH Kiel
  • 2011 – 2016 Yxlon In­ter­na­tio­nal GmbH, Ab­tei­lungs­lei­ter SPS-Ent­wick­lung
  • 2016 Yxlon In­ter­na­tio­nal GmbH, In­te­rim Ab­tei­lungs­lei­tung Ent­wick­lung Mi­kro­fo­kus­rönt­gen­quel­len
  • 2010 – 2011: Yxlon In­ter­na­tio­nal GmbH, Pro­jekt­lei­tung
  • 2007 – 2010 Vi­si­on N GmbH, Ge­schäfts­füh­rer & Grün­dungs­mit­glied
  • 2005 – 2006 Sie­mens Cor­po­ra­te Re­se­arch, Prince­ton
  • 2001 Bal­tic On­line Com­pu­ter GmbH, Tech­ni­ker
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